Montag, Dezember 26, 2005

Rätsel gelöst


In diesem Jahr gab es eine ganze Reihe englischsprachiger Weblogs aus Estland. Alle hatten Schwerpunktthemen und alle traten sehr selbstbewusst auf. Zuerst sah es so aus, als sei das eine selbstverständliche Entwicklung. Die Anzahl der Blogger nimmt zu , warum also nicht auch bei den Studenten. Aber ebenso plötzlich wie sie aufgetaucht sind, stellen sie jetzt alle Bloggeraktivitäten wieder ein. Die Ursache hat jemand von ihnen genannt: Es war eine Anforderung des Medienstudiums an dieser Akademie in Tallinn. Schade, denn ein alltägliches Bild vom Baltikum können die Massenmedien bei uns nicht leisten. Dazu berichten sie viel zu sporadisch und häufig mit dem Blick von aussen. Das hier war eine hervorragende Alternative.
Wer eine Diskussion um die Entstehung eines Bloggerseminars an der Uni im deutschsprachigen Raum mitverfolgen will: Hier bei media-ocean.

Mittwoch, Dezember 14, 2005

Eine neue Entwicklung

Die New York Times berichtet über die jungen High Tech-Unternehmen in Estland. Das Besondere dabei: Es ist etwas eingetreten, was es so noch nie in Estland gegeben hat. Die Zuwanderung junger hochausgebildeter Arbeitskräfte aus allen möglichen Ländern weltweit, und wieder dient Skype als Beispiel:

While entrepreneurs complain about the shortage of skilled workers, more and more young foreigners are ready to trek to this northernmost Baltic nation for a job. Skype employs people from 30 countries; in the halls, one hears plenty of English, and even some Spanish.

Mittwoch, Dezember 07, 2005

Eine andere Sicht auf Estland


Seit jüngster Zeit gibt es einige neue englischsprachige Weblogs aus Estland. Einer davon stammt von "Elli", ihr erster Post beschreibt ihre Motivation zu schreiben und zu fotografieren:

Well..here I am. 22-year-old audiovisual media student from Estonia - trying to figure out what am I doing here.
I´ve tried several times to leave this country and somehow it just doesn`t work that way. Once I made it to england, but returned after half a year. Estonia is beautiful, it`s my home, it`s my family... and yet, in my eyes, the country is still so miserable. I`m going to try to go away again next year. Maybe I can keep myself away from here at least a year, and then, when I come back, perhaps everything here in Estonia will look better and more developed. This is how I see it from here...


Wer ihre Perspektive kennenlernen möchte, hier der Link zu ihrer Seite: SadEst

Freitag, Dezember 02, 2005

Paet: Es gibt keine alten oder neuen europäischen Staaten - nur ein neues Europa

"Erledige die Arbeit, dann kommt die Liebe von selbst", diesen Satz des Schriftstellers A.H. Tammsaare schrieb der jetzige Aussenminister Estlands, Urmas Paet, einmal anläßlich der Konferenz "Europa eine Seele geben" - als er noch Kulturminister war - den Europäern ins Stammbuch. Es soll wohl heißen: Erledige sachlich deine Arbeit, dann wirst du sie auch lieben lernen.
Ob Paet, der studierte Politologe und ehemaliger Radio- und Zeitungsjournalist, mit dieser Devise auch sein Amt aus Aussenminister ausfüllt, wird wohl sein Geheimnis bleiben.
Paet erzeugte erst kürzlich, im November 2005, wegen seines unkonventionellen Vorgehen gegenüber Russland Presseschlagzeilen. Paet hatte persönlich die Teilnahme an einem Runden Tisch zur Grenzkooperation an den neuen EU-Aussengrenzen in St.Petersburg zugesagt, der Kreml sagte aber "njet", verweigerte kathegorisch ein Einreisevisum, und wies dem Esten die kalte Schulter. Begründung: nur "gleichrangige Diplomaten" könnten einen Minister nach Russland einladen. Das wäre der russische Aussenminister Lawrov gewesen. Dieser rief Paet an und bedauerte den Vorfall - als es längst zu spät war; so jedenfalls wurde das Gespräch in verschiedenen Berichten wiedergegeben. Nun, vielleicht erinnerte sich Lawrov auch noch an die feierliche Unterzeichnung des estnisch-russischen Grenzvertrags am 18.Mai 2005 (dieselben beiden Beteiligten). Ein Vertrag, den Russland später als ungültig betrachtete, da Estland ihn bei Ratifizierung im Parlament mit einer auf die sowjetische Okkupation eingehenden einleitenden Präambel versah.

Vielleicht wächst ja langsam die Liebe Paet's zu seinem Amt, obwohl ihm also offensichtlich manchmal auch bei der Erledigung seiner Arbeit Steine in den Weg gelegt werden, und Erfolge nicht immer in der Anzahl ordnungsgemäß unterschriebener Dokumente zu messen sind. "Europäisch Beseelte" findet er offensichtlich auf Seiten des östlichen Nachbars kaum.

In Berlin war Paet dagegen am 24.November der Erste. Des neuen deutschen Aussenministers Steinmeier erster ausländischer Gast in Berlin. Das Gespräch war nur kurz, und weil ein Aussenminister ja nicht grundlos in der Welt umherjetten sollte, hielt Paet am Tag zuvor noch einen Vortrag an der Universität Jena zum Thema "
Wie hält man das neue Europa in Bewegung?" (womit nicht direkt die Reisediplomatie gemeint war).
"Es gibt keine neuen oder alten europäischen Staaten", war einer von Paet's Leitsätzen dort (und spielte damit auf den flapsigen Rumsfeld an, dem nicht jeder in hochmütig geführte Kriege folgen wollte), "sondern nur ein neues Europa".
"Wir Politiker sind doch nur Akteure im politischen Theater, und die Wähler, also die Zuschauer, haben die Möglichkeit uns auch von der Bühne zu vertreiben", sagte Paet im Laufe seiner Jenaer Rede. Auch das scheint wieder auf Tammsaare anzuspielen, wenn erst nach erledigter Arbeit ein wenig Liebe erwartet werden kann. Esten wirken eben fast nie so, als ob sie sich auf errungenen Lorbeeren ausruhen könnten. "Wir müssen aber mehr tun, um gegenüber der ganzen Welt unsere gemeinsamen Ideen und Werte zu verteidigen" - das könne auch der rote Faden im Umgang mit den an die erweiterete EU nun angrenzenden Staaten Osteuropas sein, so Paet.

Aussenminister Steinmeier gegenüber versicherte Paet am Tag darauf in Berlin, Estland werde den Prozess der Ratifizierung der Europäischen Verfassung trotz des Neins der Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden weiter betreiben.
Paet traf sich in Berlin ausserdem mit FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt, dessen Partei Paet's estnischer "Reformpartei" wohl politisch am nächsten steht.

Weit weniger Sympathie schlug wohl am 2.12. in Tallinn dem britischen Premierminister Tony Blair entgegen, der im Zusammenhang mit der gegenwärtigen britischen EU-Präsidentschaft offen für eine radikale Kürzung aller EU-Strukturhilfen eintrat. Das würde, Presseberichten zufolge, Estland 320 Millionen Euro an Einnahmen kosten (Litauen sogar 600 Mill.!). "Estonians were not amused", wird Blair vielleicht zu Hause berichtet haben. Aber einer der aktivsten Mitgestalter der europäischen Poltik sind die Esten nun inzwischen allemal.

Montag, November 28, 2005

E-government und Transparenz


Nebel, das ist der Begriff, den Siim Kallas,ein Este in der Eu-Kommission zum Verhältnis Bürger und Regierungsentscheidungen verwendet hat. Bisher werden Informationen zu wichtigen Vorgängen nur bei Nachfrage stückweise herausgegeben. Stattdessen sollten alle relevanten politischen Informationen jederzeit abrufbar sein. Natürlich über das Internet.

Auszug aus seiner Rede während der Konferenz "Transforming Public Services":

Indeed, to reach its political objectives, the Commission relies both on the strength of its proposals and on the authority of its reputation.

The Commission has made significant efforts on transparency, already during its previous mandate. In a continuous spirit of improvement, more can and will be done, as was decided by the College on the 9th of November.

One of the aims of transparency is better communication to the public of relevant information. And mass communication is changing. Citizens have increased expectations. Receiving information “on offer” on TV will not be sufficient in the long term. Citizens have been given unprecedented access to information in most corporate and private spheres of life. They quite naturally also have increasing expectations for greater transparency in public institutions. To ........

.......... give one example, the Commission will try to put information on all end recipients of EU grants on the web. We should facilitate scrutiny at our own initiative, rather than waiting to “release” information drop by drop in response to requests received.

Indeed, the public will expect to be able to access desired information “on demand” in a user-friendly form.


Die Hauptstichworte sind die hohen Erwartungen der Öffentlichkeit an Informationen. Nicht mehr das "on offer", also was einem angeboten wird, sei es von offizieller oder journalistischer Seite, ist relevant, sondern die Information "on demand", also bei Nachfrage. Und darüber hinaus: die Wege des Informationsaustausches müssen direkter werden. Davon sind wir noch weit entfernt. Und nochmal: E-government ist nicht nur der moderne elektronische Ausdruck der Bürokratie, sondern ein Möglichkeit die Demokratisierung voranzutreiben.
Das ist der offizielle Titel von Siim Kallas:
Vice-President of the European Commission responsible for Administrative Affairs, Audit and Fraud.

Donnerstag, November 24, 2005

Erinnerungsbilder eines Baltendeutschen


Tallinn St. Olai Estonia
Originally uploaded by Jens-Olaf.
Das sind die Photoerinnerungen eines Baltendeutschen. Sie zeigen eine vergangene Idylle. Die Bilder wurden in Gotenhafen in der Adolf-Hitlerstrasse entwickelt. Das ist fast der Beleg , dass die Photos 1939 oder 1940 ins Album kamen. Und zwar dort, wo die Baltendeutschen im besetzten Polen, dem "Warthegau" angesiedelt wurden. Gerade hatten sie die alte Heimat verloren, manche hatten sie bewusst aufgegeben, und dann waren sie in der neuen gar nicht richtig angekommen. Es sei denn, man war überzeugt, dass das richtig war, was mit Polen gerade geschehen war.
Wie brutal der Übergang von den Umsiedlerschiffen aus Estland in den Alltag des 3.Reiches war, zeigt das Faltblatt.

In dem bekannten verdrehten Deutsch der damaligen Zeit steht am Ende des Blattes:
Deutsche Volksgenossen! Der Opfergang deutscher Menschen ist Erfüllung geworden! Großdeutschland ist erstanden! Die Feierstunde am 9. November soll die geschlossene Gemeinschaft aller Deutschen bekunden. Darum, deutsche Volksgenossen, ist es eure Pflicht, an dieser ersten Veranstaltung nach unserer Heimkehr ins Reich teilzunehmen.

Randbemerkung: 1944 fanden sich viele Baltendeutsche in den Flüchtlingstrecks vor der Roten Armee wieder. Das Ende der 700jährigen Geschichte der Deutschen im Baltikum zog sich in die Länge. Die letzte Etappe ging dann endgültig nach Westen.

Samstag, November 19, 2005

Buntes Estland

Einen bunten Strauß estnischer Kultur hatten die Organisatorinnen der ESTLAND-Tage vom 17.-19.November 2005 in Hamburg gebunden. Kunsthandwerker/innen, Tänzer und Musiker/innen, Reiseangebote und eine tägliche Verlosung überraschten die Wochenendeinkäufer mit exzellent dargebotenen Einblicken zu Land und Leuten.
(Foto links: "alles aus Filz" - vom Hut bis zum Schuh - bot Hilda Rüttel aus Tallinn an)








Einer der Höhepunkte waren die Momente, wenn Eneli Rüütli, Anastassia Sois, Ivar Lett und Endro Roosimäe eine ihrer schwungvollen Tanzvorführungen auf's Parkett legten.












Die Sängerin Marvi Vallaste hat sich, zusammen mit den Gitarristen Jaak Sooäär und Raul Vaigla, mehr dem Jazz verschrieben. Beim Sommerfestival "Saaremaa valss" war Vallaste 2004 beste Sängerin, und beim Jazz-Wettbewerb "Rainbow Jazz" siegte sie mit ihrer Band.

Künstler der Selbstdarstellung

Estland hat sich in den 15 Jahren seit der erneuten Erklärung der Unabhängigkeit rasant entwickelt. Fast scheint es so, dass man dem "eigentlichen estnischen Wesen" vorbeugen möchte: wortkarg, zurückhaltend, eher schüchtern.
Während eines Vortrags oder einer Präsentation estnischer Geschäftsleute erinnert in der Regel fast nichts mehr an mögliche Kommunikationsschwierigkeiten im Lande: sprachgewandt (oft Deutsch UND Englisch), gutaussehend, auftrittssicher, technisch gut gerüstet - so arbeitet jeder Einzelne am Image der jung-dynamisch Erfolgreichen. Die Veranstaltungen der "Estnischen Tage" in Hamburg wurden von professionellen Eventmanagern wie "RESTLING EVENT" aus Tallinn vorbereitet und begleitet. Auch die "dunkle" Phase der sowjetischen Zeit wird gelegentlich geschickt übersprungen: So präsentiert ENTERPRISE ESTONIA etwas augenzwinkernd ein altes estnisches Holzfahrrad unter dem Stichwort "wie alles begann".

Die Veränderungen in den 15 Jahren seit der Unabhängigkeit Estlands sind teilweise rasant - zumindest was die Entwicklung der Städte und der Geschäftswelt angeht. Dennoch hinken Investitionen und Gästezahlen aus Deutschland weit hinterher. Die kürzlichen Entwicklungen in der internationalen Bankenszene zeigen, dass Deutschland wirtschaftlich höchstens noch mit ein paar superreichen Firmen vertreten ist, die nach Abschluß einer Entwicklung sich an gut situierten Firmen beteiligen, oder diese gleich ganz aufkaufen.
Was die touristische Entwicklung angeht, so war 2004 mit dem Beitritt zur EU und der entsprechenden Medienaufmerksamkeit zwar ein Boom festzustellen, aber deutsche Touristen sind nun mal in Estland erst weit hinter den Finnen und den übrigen direkten Nachbarländern wirklich ein Kalkulationsfaktor. Allzu viel Aufmerksamkeit scheinen auch die eher von kurzfristigen Preisgestaltungen abhängigen Billigflieger abzubekommen: wie wichtig auch gute Fährverbindungen wie die Finnjet zwischen Rostock und Tallinn war, wird offensichtlich von estnischer Seite unterschätzt - das zeigten mir Gespräche mit den in Hamburg anwesenden Firmenvertreter/innen. Das zeigt andererseits auch, dass eine nachhaltig positive Entwicklung der Region eben doch nur in enger Zusammenarbeit mit anderen Ostseeanrainern zu erreichen ist - und manche leicht überheblichen Spitzen estnischer Repräsentanten ("wir sind die Besten der Welt") dann bei gemeinsamen Projekten etwas anders ausfallen.

Ministerpräsident Ansip wurde übrigens von deutschen Geschäftsleuten danach gefragt, was er empfehlen würde, wenn er die Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und SPD in Deutschland mit schreiben könnte. Angesichts dessen, dass Estland immer gern als "Paradies der Neoliberalen" bezeichnet wird, war seine Antwort überraschend: er stellte die Einführung eines "Elterngeldes" positiv heraus, da dies die Absicherung der Familien darstelle.
Foto rechts: Ministerpräsident Andrus Ansip mit Anda Silde, Leiterin des Baltikum Tourismusbüros in Berlin

Estland, ein virtuelles Wunderland?

Estland bemüht sich nach Kräften: wer den Vorträgen der estnischen Gäste beim Business-Seminar der Handelskammer Hamburg am 17.11. zuhörte, der konnte schon fast ein wenig ein eingeschüchtert sind vom jung-dynamischen Erfolgschwung, der da durch die Reihen wehte. Den Milliarden-Verkaufspreis, den kürzlich die estnische Software-Coproduktion SKYPE auf dem internationalen Markt erzielte, dazu die virtuelle estnische Warenwelt, die per elektronischem Ausweis zumindest in Tallinn immer mehr erschlossen wird, und dann noch die Aussicht, deutschen Firmen in Estland werden mittelfristig die gut ausgebildeten Fachkräfte in Estland fehlen - man konnte ein wenig den Eindruck bekommen: wer zu spät kommt, den bestraft eben die Konkurrenz.
Längst herrscht kein Zweifel mehr: die wirklichen Neuentwicklungen machen die Esten selbst. Rain Rannu (Foto links) von "Mobi Solutions" stellte mit kleinen, witzig gemachten Werbeclips neue Ideen vor, wie die estnische virtuelle Wunderwelt bald vielleicht aussehen könnte. Beispiel 1: ein junges Pärchen verabredet sich zum Rendevous an einer Kirche, und "er" will nun "sie" mit Kenntnissen zu dieser Sehenswürdigkeit beeindrucken: heraus mit dem mobilen Steuerungsgerät aus der Hosentasche, ein Druck auf den Knopf, und ....... es läuten die Glocken! Eine neue touristische Serviceleistung? Beispiel 2. Ein kleines Kind läuft eine einsame Straße entlang. Zu Hause warten die Eltern vergeblich. Doch dann: ein Auftrag an ein Taxi, dieses ortet den Aufenthaltsort des Kindes per Handy, und bringt es sicher nach Hause. Ortung der Aufenthaltsorte von Personen per Handy? In diesem Fall werden vielleicht nicht nur deutsche Datenschützer das Gruseln bekommen.
(Foto unten: die estnische "Erika Mustermann" heisst Mari-Liis Männik)

Aber Esten sind - wenn sie erst mal ins Reden kommen, wohl alles andere als zurückhaltend. Seit Beginn der Arbeit von "Enterprise Estonia" (Veranstalter der estnischen Tage in Hamburg), so sagte Chef-Wirtschaftsförderer Alar Kolk, habe man bereits etwa eine Milliarde Menschen informiert. Und mit Januar 2006 werde man die Arbeit noch ausweiten. Ob denn bei soviel Aktivität demnächst auch für andere Städte in Deutschland mal eine Veranstaltungsunterstützung abfallen würde? Nein, die "Ausweitung" stelle nur eine Erweiterung der Mitarbeiterinnen in Hamburg dar, wurde ich aufgeklärt: es wird nicht mehr nur eine, sondern dann zwei sein. (!)

Freitag, November 18, 2005

Estnische Überraschungen in Hamburg

Für eine Weltstadt wie Hamburg ist die Informationspolitik kümmerlich, aber das Programm sehenswert. Nur auf wenigen Webseiten findet sich - ganz kurz - eine Zusammenfassung des genauen Ablaufs der ESTNISCHEN TAGE in Hamburg.
ENTERPRISE ESTONIA heisst nun der Zusammenschluß aus estnischer Exportagentur, Aussenwirtschaftsförderung und Investitionsagentur. Auf Hamburgs Edelmeile, der Mönckebergstraße, arbeitet ENTERPRISE ESTONIA jetzt mit eigenem Büro und tritt auch als Veranstalter der ESTNISCHEN TAGE auf.
(Foto oben: Die Gruppe "Wort und Tanz" aus Tallinn bei ihrem Auftritt in der HSH Nordbank Shopping Passage)
Überraschungen erlebten arglose Wochenend- oder Weihnachtseinkäufer, wenn sie in der Nordbank-Shopping-Passage eine Rolltreppe hochfuhren. Im ersten Stock war dort eine metergroße Landkarte auf den Boden geklebt, und unversehens stand man mitten in Estland.
Tanz- und Gesangsgruppen nutzen dies drei Tage lang als Bühne - als Höhepunkt sicher HEUTE um 19 uhr die VANILLA NINJAS (wie auch ihr Fanklub richtig bemerkt hat und ankündigt)

Estlands Ministerpräsident Ansip war am 17.11. Gast sowohl beim Businessseminar der Handelskammer Hamburg, wie auch im Gespräch mit den anderen Beteiligten aus Estland. Mein Eindruck: Ansip "verzaubert" kaum, wirkt eher typisch estnisch kühl, vielleicht wie der "oberste Businessman des Landes".

Für Überraschungen sorgen andere: Zum Beispiel Rain Rannu als erfolgreicher estnischer IT-Unternehmer (so jung können Unternehmer sein - und dann noch von jahrelangen Erfahrungen berichten!). Von ihm konnten die versammelten Geschäftsleute lernen, dass die estnischen innovativen Entwickler bereits "e-government" schon wieder als "von gestern" einstufen. Was kommt, ist das "m-government" - die mobile Aktivität, mit Handy oder anderen mobilen Geräten. E-Business sei eben zu sehr an das Vorhandensein stationärer Geräte gebunden, so Rannu, aber mobil ließen sich ja nicht nur beim Parken, am Getränkeautomat oder beim Banking, sondern auch mit der in Estland bereits eingeführten elektronischen Identitätskarte eine Menge neuer Ideen denken.

Fortsetzung der Eindrücke von den estnischen Tagen folgt ....

Tallinn gestern und heute

Der Livejournal-Blogger Dany Dorfmann hat eine Fotoserie mit alten Ansichten Tallinns seinen neuesten Aufnahmen aus jüngster Zeit gegenübergestellt. Die älteren stammen vornehmlich aus den 60ern Jahren. Die Dokumenation ist hier. Die alten Fotos wurden von zombakhan ins Web gestellt. Via delfi.ee.

Mittwoch, November 16, 2005

Die europäische Blog-Rangliste

Basic Thinking hat die vielleicht genaueste Rangliste über die Verbreitung des Bloggens in Europa kommentiert. Einige Österreicher haben sich gemeldet, die sich vor allem vor den Deutschen positionieren wollen. Aber beide Länder und auch das Baltikum haben noch keine starke Durchdringung mit dem Blog-Veröffentlichen. Auch Finnland nicht. Dagegen beteiligen sich bereits 10 % in Island daran, in Korea schon 25 % und wir liegen unter einem Prozent pro Tausend Einwohner. Die USA sind auch schon weiter.

Montag, November 14, 2005

Zeitungs- Rückblick Revaler Bote

Das Weltkriegs-Bildarchiv ist jetzt fast vollständig. Fotos aus dem 1. Weltkrieg und vor allem von der unbekannten Ostfront. Siehe Blogroll-Liste. Sie stammen von einem Soldaten, und dabei muss hinzugefügt werden,einem Soldat des Deutschen Reiches. Auf der anderen Seite der Front kämpften auch Deutsche, vor allem in der Russischen Armee. Viele sind Balten(deutsche) gewesen, also Nachkommen der vor Jahrhunderten ausgewanderten Westfalen usw..
Nach dem 1. Weltkrieg gab es in Deutschland eine Revolution und die Weimarer Republik wurde gegründet, Estland wurde auch Republik, die mit einem zweijährigen Unabhängigkeitskrieg begann. Die Baltendeutschen fanden sich also in einem neuen Staat wieder. Das Erstaunliche ist, wie die deutschsprachige Zeitung dort Berliner Politik 5 Jahre nach Kriegsende fast eins zu eins überträgt. Sehr gut zu sehen am Ende des Leitartikels, wo die angespannte Aufregung über die geforderte Auslieferung des Kronprinzen kommentarlos zitiert wird:

Für die Rückkehr des Kronprinzen, meinte der Kanzler[Stresemann], möchte er lieber neuen französischen Brutalitäten ausgesetzt sein, als den Vorwurf tragen, daß der letzte Deutsche aus dem Weltkrieg noch im Auslande fern von seiner Familie weilen müsse. Die Forderung der Auslieferung werde selbstverständlich abgelehnt.
Mit solchen Leitartikeln war die Verbindung zu Estland fast vollständig aufgehoben. (Der Artikel läßt sich herausvergrößern)

Freitag, November 11, 2005

Korea-Estland




Originally uploaded by margus_malva.
Erstaunlich, margus hat eine Fotoserie, aus dem Naturpark Luhasoo zusammengestellt. Dort stehen mehrere Holztotems. Rechtes Bild
Die Bedeutung ist mir nicht ganz klar, aber die Ähnlichkeit zu koreanischen (links) samt Proportionen ist auffällig.

Wer weiter durch die Fotosammlung vom Margus wandert
kommt auch zu alten Mittelalter-Ruinen, einem Höhlenkomplex und einem Gefängnismuseum in Tallinn. Leider, leider noch spärlich betextet.

Donnerstag, November 10, 2005

Skype 200 Millionen mal heruntergeladen !

Warum ist das eine Meldung in Estland aber nicht hier? Das sagt eine Menge über den Zustand unserer Internet-Kommunikation in Deutschland aus. Mit dem Programm Skype wird das Telefonieren über Internet ermöglicht.

Drei Thesen:

1. Wir sind technisch zurückgefallen, der schnelle Internetanschluss ist Voraussetzung. In Deutschland steht dieser noch nicht überall zu Verfügung und ist noch relativ teuer. Und es ist ein ziemlich neuer Rechner mit neueren Betriebssystemen notwendig.

2. Wir wollen vielleicht gar nicht über das Internet kommunizieren. Viele lehnen den Computer auch gleich GRUNDSÄTZLICH ab. Es gibt hier den Mythos vom echten, realen Leben, das aber nicht über eine Datenleitung existieren kann. Konsequenz. Am besten gar nicht erst anwenden.

3. Das vernetzte Internet mit offenen Webseiten entspricht nicht unserer Mentalität. Wir bevorzugen eher die abgeschlossenen Bereiche mit reglementiertem Zutritt. Am besten in einer strengen formellen Form.
Extremausdruck dieser Haltung sind die sogenannten Serviceseiten der Behörden, die ihren bürokratischen Apparat oft einfach 1 zu 1 auf das Internet übetragen, mit der Vorstellung, dass das zeitgemäß sei. Trotzdem muss jeder bei wichtigen Fragen doch zur Behörde, weil die wichtigen Vorgänge weiterhin im Hintergrund laufen. Siehe eine einfache Anfrage an die Baubehörde, der Klassiker bleibt weiterhin bei wichtigen Anliegen: "Keine Ahnung der zuständige Mitarbeiter ist im Urlaub." Wie weit der Bauantrag schon durch ist, wird nicht verzeichnet und schon gar als Information zugänglich gemacht. Harmloses Beispiel.

Montag, November 07, 2005

Skype certification engineer


Skype certification engineer
Originally uploaded by parasiil.
Das ist ein kleiner Test. Viele Beiträge im Estlandblog drehten sich in letzter Zeit um Computerunternehmen oder Internetwahlen . Dies ist ein Foto aus dem Unternehmen Skype. Von parasiil bei flickr veröffentlicht. Moderne Arbeitswelten in Estland.
Skype ermöglicht das Telefonieren über Internet. Die Softwareentwicklung findet vor allem in Estland statt.
Und Flickr, ein Fotoweblog, ermöglicht das Übertragen von Bildern auf den Estlandblog. Auf das Bild geklickt, und es erscheint die flickr-Seite von parasiil.

Mittwoch, November 02, 2005

Estnisches Soldatenleben - digital

So hatte ich mir doch eigentlich das Soldatenleben in Estland schon immer vorgestellt: Während der Kampfgenosse links noch ein wenig so schaut, als ob er gerade entdeckt, dass er sein abendliches Süppchen leider schon mittags aufgegessen hatte, hat der estnische Soldat auch beim Blick über Kimme und Korn schon die digitale Kamera im Anschlag.
Was dieser estnische Blogging-Fan hier so treibt, befördert die Fantasie: ob wohl demnächst die zu Hause wartende Freundin mit elektronisch gespeicherten Tagebüchern aus dem Einsatzgebiet versorgt wird? Ob dieser "Geheimnisverrat" überhaupt von der Armeeführung toleriert wird?
Nach "E-Voting" nun "E-Fighting"?

Rekrutenleben in Estland gebloggt

Vor kurzem ist ein estnischer Blogger zum Wehrdienst eingezogen worden, und hat das Versprechen hinterlassen, seine ersten Eindrücke festzuhalten. Der erste Beitrag in "TEH VOODOO LOUNGE"ist gerade eingetroffen. Die dritte Woche des Grundwehrdienstes ist abgeleistet, vieles erinnert an das Soldatenleben weltweit, das Essen, der Umgang der Rekruten untereinander. Die Erfahrung, dass einige Kameraden nur Probleme verursachen, während andere versuchen zu helfen wo es nur geht.
Alltagsszenen:

Then lunch, then more classes, supper, evening lineup and count and then the crowning event of every day – the cleaning. Oy vey, the horrible, lemon-fresh, sparkling cleaning. I’ve never mopped so many floors in my life. If you want a manly career mopping floors and making beds, join the army!
Ausserdem wird er an dem erst zweiten Militärbegräbnis in der estnischen Geschichte teilnehmen. Das erste soll in den 30ern stattgefunden haben.

Und nicht vergessen, er sitzt natürlich nicht in der Kaserne am PC, sondern überreicht die Texte handgeschrieben seinem Bruder, genannt Sam.

Freitag, Oktober 28, 2005

From boingboing to flickr to WWI Eastern Front

Now here are more readers from the English blogoshpere than from the German one.

Since boingboing.net published the url link to a set of more than 130 photos of a German soldier on the EASTERN FRONT during WWI I will try to give some further information. Though millions of soldiers experienced the other huge front in WWI there is a big gap of images compared to the Western Front. WWI seems to be a war almoust exclusivly devasting areas in Belgium and France.

In recent years more studies were done, about the way the Germans established a strange military state, called Ober Ost. This occupation and its result was one of the reason for the decision making 20 years later during WWII conquering Eastern Europe and the way they did it. Here are some results:

one of the major studies from US Historian, Vejas Gabriel Liulevicius
his book: War Land on the Eastern Front

Or this one from Erin Gettmann
The Baltic region during WWI

Ältere Posts zum Thema Ostfront im 1. Weltkrieg im Estland Blog:

1. Weltkriegserie - Die Archive
1. Weltkriegs- Fotoserie Zwischenbilanz

Donnerstag, Oktober 27, 2005

boingboing

Monatelang haben wir ein kleines Fotoarchiv mit über 100 unveröffentlichten Eindrücken von der Ostfront im 1. Weltkrieg zusammen gestellt, geordnet in einem Set des Foto-Weblogprogramms flickr.com. Die Fotos stammen aus dem Nachlass eines deutschen Militärs, Jahrzehnte in Privatbesitz. Nun: bis gestern haben sich das Set etwa 50 Viewer angesehen, einige Museen im Baltikum haben die Fotos direkt per E-mail bekommen. Sie helfen dort eine historische Bilderlücke zu schließen. Heute werden es auf dem Set im Fotoblog wohl 20 000 Viewer sein. Die Ursache konnte ich erst nach 10 Stunden erfahren. Zeitweise war der Zugang zur Webseite nicht mehr möglich. Die Ursache liegt hier.
boingboing sammelt interessante Themen aus dem Internet und zwar extrem weit gestreut vom Inhalt.

Samstag, Oktober 22, 2005

E-Voting in Estland - Normalisierung des Ungewöhnlichen



E-Statistik liegt nun vor
Die estnische Wahlkommission hat inzwischen auch eine detallierte Analyse der aus dem E-Voting erzielten Wahlergebnisse vom 16.Oktober 2005 vorgelegt. Danach wurden lediglich 9317 elektronisch abgegebene Stimmen als gültig gezählt. Positiv: alles lief ohne Störungen ab, Unregelmäßigkeiten gab es keine.

Zunächst waren die Evoting-Stimmen nur zusammen mit allen vorab abgegebenen Stimmen in den ersten Statistiken ausgewisen worden. Nun erweist sich, dass es doch gravierende Unterschiede im Wahlverhalten gab. Allein 3833 der elektronischen Stimmen (41,1% der E-Votes) wurden in der Hauptstadt Tallinn abgegeben - ganz im Gegensatz zu dem sonstigen Wählerverhalten, wo nur 9,2% der Wähler in Tallinn vorab ihre Stimmen abgaben. Andere Landesteile, wie die eher ländlichen Bezirke Jôgeva (der Spitzenwert von 20% gingen hier bereits vorab zur Wahl) oder Pôlva (15,4% Vorab-Beteiligung) tauchen in der E-Voting-Statistik fast gar nicht mehr auf. Das legt den Schluß nahe, dass wirklich eher die "Internet-Freaks" dieses Wahlverfahren ausprobierten, als dass es eine Erleichterung zum Beispiel für die ländliche Bevölkerung dargestellt hätte.

E-Freaks wählen nicht zu Hause
Die estnische Wahlkommission gibt weiterhin an, dass "beliebteste Orte" für das E-Voting die Büros von Banken, kommunalen Einrichtungen und Firmen für Telekommunikation gewesen seien. Leider weist der Bericht nicht aus, ob diese Aussage durch Ermittlung der Computerstandorte beim E-Voting zustande kam, oder eher eine Vermutung darstellt. Sollte dies aber zutreffen, dann läßt sich weiterhin ja auch sagen, dass sich die E-Voter also eben nicht bereits zu Hause an den Rechner setzten und sich damit den Weg zu einer Abstimmungsstelle ersparten. War zu schönes Wetter am Wahltag? Bequemer als ein Gang zu einem Wahllokal machten es sich die E-Freaks also keinesfalls.

Von Früh-Entscheidern und Last-Minute Entschlüssen ...
Eigentlich sind also alle E-Voting-Ergebnisse, die ausserhalb der Städte Tallinn, Tartu, und Pärnu fielen, beinahe ohne Belang, denn anderswo gab es weniger als 200 Beteiligte per Internet.
Da fällt es auch nicht mehr viel ins Gewicht, dass in Kuressare auf Saaremaa noch 135 Stimmen abgegeben wurden (Platz 5 der E-Voter), in Viljandi im mittleren Süden Estlands noch 129 Stimmen (Platz 6), und in Narva im Nordosten noch 103 Stimmen (Platz 9).
Registriert hat das estnische Wahlamt auch die Zeiten, zu denen die Internet-Wähler aktiv waren: Spitzenwerte wurden erzielt morgens um 9 Uhr und wieder abends gegen 19 Uhr. An den drei Vorwahltagen war das Evoting von 00.00 - 24.00 Uhr möglich.
364 der Internet-Wähler nutzten übrigens die Möglichkeit, innerhalb des erlaubten Zeitraums von 3 Abstimmugnstagen mehrfach abzustimmen.

Ergebnisübersicht
Hier zum Schluß noch das landesweite Wahlergebnis, sortiert nach Parteien:
Zentrumspartei (Eesti Keskerakond) = 126.449 Stimmen = 25,48% (2002=25,86%)
Reformpartei (Eesti Reformierakond) = 83.953 Stimmen = 16,91% (2002=12,19%)
Volksunion (Eestimaa Rahvaliit) = 61.871 Stimmen = 12,47% (2002=11,21%)

Vaterlandspartei (Erakond Isamaaliit) = 42.566 Stimmen = 8,58% (2002=6,59%)
Res Publika (Erakond Res Publica) = 42.004 Stimmen = 8,46% (2002=15,42%)
Sozialdemokraten (Sotsiaaldemokraatlik Erakond) = 31.921 Stimmen = 6,43% (2002=4,39%)

Vereinigte Russische Volkspartei (Eestimaa Ühendatud Rahvapartei) = 3.407 Stimmen = 0,69% (2002=4,31%)
Christliche Volkspartei (Eesti Kristlik Rahvapartei) = 1799 Stimmen = 0,36% (2002=0,12%)
Unabhängigkeitspartei (Eesti Iseseisvuspartei) = 687 Stimmen = 0,14%
Russische Partei Estlands (Vene Erakond Eestis) = 406 Stimmen = 0,08%
Linke Partei Estlands (Eesti Vasakpartei) = 317 Stimmen = 0,06% (2002=0,07%)

Alltagsnachrichten aus E-stonia

Siim Teller, einer der meistgelesenen Blogger in Estland hat eine nette Alltagsgeschichte auf seiner englischsprachigen Seite gepostet, Thema: "Schöne neue Welt".

October 11, 2005

Do you want your house to be alive?

Does your home send you emails? With pictures in them? Apparently my coworkers' home does. He's set up a wireless webcam as a security measure which sends him pictures via email if it detects any motion in the viewable area. Today he received a picture of a tree that had fallen on his balcony.

...

Montag, Oktober 17, 2005

Estnische Chöre und große Worte

Seit Monaten posten wir über Estland und kaum ein Wort über die Bedeutung der Chormusik ist gefallen. Das ist wie Großbritannien ohne Brit-Pop. Also, bald finden die Estlandtage in Schottland statt, aus dem Scotsman via andante:

"Choirs like this came about because Estonia didn't have an army," the leading folk musician Jaak Johannsen told me. Estonian men, it seems, promote their nationalist machismo through their vocal cords. A gigantic painting on the wall of the choir's practice room depicts its original director, Gustav Ernesaks. He, like so many Estonian men during the Second World War, was sent to Russia for enforced labour, where he gathered together his compatriots to form what is now the Estonian National Male Choir.

Next month, the choir visits Scotland as part of Estonian Days in Scotland, when it will perform some of Tormis's vast choral repertoire in the new Scottish Parliament, followed by a public concert at Edinburgh's Greyfriars Kirk. Folk musicians, including Johannson, will also be in various venues in Glasgow, Edinburgh and Inverness and heading up to Shetland to perform with Aly Bain and Phil Cunningham.


Der im Scotsman erwähnte Veljo Tormis hat auch im deutschsprachigen Raum 1992 eine CD veröffentlicht: Forgotten Peoples bei ECM Reords, Lieder der kleinen finnougrischen Völker der Liven, Voten, Izhoren, Ingrier, Wepsen und Karelier.

Wie bedeutend Chormusik für Estland ist, zeigt das Foto vom großen Festival 1965- Die Bunte Farbbildbericht,das Stadion ist nur zum Singen gebaut worden.

Donnerstag, Oktober 13, 2005

Estnische Regionalwahl bereits entschieden!

Ginge es danach, was die internationalen Medien an der Regionalwahl in Estland am meisten interessiert - dann wäre die Entscheidung schon jetzt gefallen.
Der spannenste Teil der estnischen Regionalwahlen ist - drei Tage vor der Wahl - vielleicht bereits entschieden.
Das E-Voting ist bereits beendet.

Bei aller internationalen Aufmerksamkeit für die Tatsache, dass Estland als erstes Land ein E-Voting bei den Regionalwahlen vom 16.Oktober 2005 durchführt, war den meisten Berichterstattern entgangen, dass dieses elektronische Wahlverfahren lediglich zwischen dem sechsten und vierten Tag vor dem eigentlichen Wahltag möglich ist. Somit liegt am 13.Oktober zumindest die elektronische Wahlbeteiligung bereits vor. Hier ist das Ergebnis:
An der Spitze liegt der Kreis JÕGEVA mit 20% Internet-Wahlbeteiligung, gefolgt von den Kreisen SAARE (15,7%), PÕLVA (15,4%), HIIU (14,8%), VALGA (14,6%), JÄRVA (13,2%), LÄÄNE (13,1%), VÕRU (13,0%) und VILJANDI (12,9%). Damit haben tatsächlich die eher ländliche Bereiche únd die Inselbevölkerung besonders intensiv von der Möglichkeit der elektronischen Abstimmung Gebrauch gemacht.
Diejenigen, die es wohl nicht weit zum Wahllokal haben, nutzen das E-Voting am wenigsten - obwohl wahrscheinlich doch auch ein Internet-Cafe oder ein Büro in der Nähe gewesen sein wird. In Tallinn waren es mit nur 9,2% die wenigsten E-Wähler, danach folgen Tartu mit 10,1% und Pärnu mit 10,3%.
Ebenfalls "elektronisch inaktiv" zeigten sich die Wahlberechtigten im Nordosten Estlands: In Ida-Virumaa waren es nur 10,5%.

Eine endgültige E-Wahlbeteiligung stellt dies allerdings noch nicht dar. "Das traditionelle Wahlverfahren mit dem Stimmzettel hat Vorrang", gibt das estnische Wahlamt bekannt. Wer also am 16.Oktober sich anders entscheidet, in sein zuständiges Wahllokal geht und die Wahl per Stimmzettel vollzíeht, dessen elektronische Stimme wird wieder gelöscht.

Nachtrag (20.10.2005)
Leider waren die vom estnischen Wahlamt zugänglichen Informationen in sofern ungenau, dass immer nur die Zahlen für diejenigen Wähler angegeben wurden, die vorab ihre Stimme abgegeben haben. Die meisten der Medien , die nach Bekanntgabe der estnischen Wahlergebnisse "geringe Beteiligung" beim E-Voting konstatierten, gaben ebenfalls keine Quelle an. Ich habe nun einige Tage recherchiert, und fand erst in englischsprachigen Medien genauere Angabe. Danach waren es zwar 129.000 Menschen, die ihre Stimme vorab abgaben (siehe obige Zahlenangaben), das wären etwa 12% der abgegebenen Stimmen. Davon waren aber nur etwa 9300 Stimmen per Internet abgegeben worden. Alles andere muss der traditionellen Briefwahl zugeschlagen werden. Auf eine genauere Analyse der E-Voting-Ergebnisse muss wohl noch eine Zeitlang gewartet werden.

Mittwoch, Oktober 12, 2005

Warten auf den Translator für Estnisch

Eine Sache hat mich fast überwältigt: Der Translator. Ich erinnere mich, dass vor Jahren mit der automatischen Übersetzung von Sprachen fast nur Müll produziert wurde. Jetzt habe ich das Internet-Tool wieder angewendet. Das Ergebnis unglaublich. Nicht, dass alles verstanden werden könnte bei der Übersetzung. Aber eins habe ich festgestellt:Ich bin auf chinesische Seiten gestoßen,wo ich bisher nur den Wust der Bildzeichen sah. Jetzt habe ich herausgefunden, dass Chinesen unglaublich persönliche Dinge in ihren Blogs und Kommentaren öffentlich beschreiben. Kurz und gut, ein harmloses Beispiel jetzt, auf Japanisch ein Post über Estland.



エストニアは1991年にソビエトから独立しましたが、我々日本人には馴染みのない国です。一見、暗そうなイメージを持ちますが、治安は安定し、現在は大変平和です。フィンランドの文化の影響を受けて、IT産業も発達しています。

話がそれました。

散歩しているだけでも、多くのことに気づきます。日本で過ごすよりも、時間がゆっくりの経過しているように感じます。

いい国ですよ、『ESTONIA』


Der Translator macht daraus:

Estonia became independent from the Soviet Union in 1991, but it is the country which does not have familiarity in our Japanese. At first glance, the darkness so it has image, but public order stabilizes, presently very much it is peace. Receiving the influence of the Finnish culture, also IT industry has advanced. It could curve story. It just walks, you become aware in many things. Rather than passing in Japan, in order for time slowly to have elapsed, you are moved It could curve story. It is good country, ' ESTONIA '


Zumindest läßt sich das Thema abstecken. Er ist also das erste Mal in Estland und schildert seine Eindrücke, ein paar Grundinformationen,wie die Unabhängigkeit 91, die Nähe zu Finnland und seine Einschätzung, dass sich das Land positiv weiterentwickle. Ein wenig Vergleich mit Japan kommt dazu. Diese Übersetzungs-Tools noch weiter verbessert, und dann in der Blogosphäre eingesetzt, das ist doch die Vernetzung, die immer herbeigeredet wird. Traurige Wirklichkeit dagegen ist, dass der englischsprachige Raum über Estland und ehemalige SU in einer eigenen Welt kommuniziert, die deutschsprachige Blogosphäre dagegen in Bezug auf Osteuropa unterentwickelt bleibt. Das war schon der erste Eindruck beim Einstieg ins Bloggen bei der Begleitung der Orangenen Revolution in der Ukraine im letzten Jahr. Wer dabei sein wollte, musste Englisch lesen. Es hat sich kaum etwas geändert.

Wie groß der Abstand zu den englischsprachigen Blogseiten ist, zeigt Siberianlight, ein Blick auf die Linkliste genügt.

Von dort kommt auch der Tipp für andere osteuropäische Sprachen im Translator: Hier das Programm für Tschechisch, Ungarisch und andere.

Sonntag, Oktober 09, 2005

Estland wählt und Deutschland wundert sich

Am 16.Oktober 2005 findet in Estland, einem der sicherlich immer noch unbekanntesten Mitgliedsländer der Europäischen Union, eine Kommunalwahl statt. Aber nicht auf den Politik-Seiten erzeugt diese Wahl schon jetzt Aufsehen: es sind die Internet-Freaks und E-Government-Fans, die gespannt nach Estland blicken. In Estland können Wählerinnen und Wähler erstmals per Mausklick im Internet ihre Wahlentscheidung treffen.

Die Chat-Gemeinde im Internet ist sich unsicher: die einen sehen "Betrugsmöglichkeiten" durch die neue Technik, die keine Wahlkontrollkommission mehr verhindern könne, andere meinen - ganz deutsche Erfahrungsmuster mit neuer Technologie - eher eine technologische Panne a la Mauteinführung in Deutschland voraussehen zu müssen. Natürlich gibt es auch diejenigen "faulen" Mitmenschen, welche sich "herrliche Zeiten" erträumen und in Zukunft am Wahltag das Haus nicht mehr verlassen zu müssen glauben.

In Estland selbst scheint sich die Regierung und auch die meisten Parteien völlig sicher. Sogar den eigenen Präsidenten hat man überstimmt, der zunächst unter das entsprechende Gesetz seine Unterschrift verweigerte. Auf der Homepage des estnischen Aussenministeriums findet sich denn auch ein Foto, das die Sitzungen des Regierungskabinetts Ansip symbolisieren soll: Minister vor Laptops, die sich Gesetzentwürfe und Beschlussvorlagen per Datei zugänglich machen und mit elektronischer Signatur "unterschreiben". Nahezu 200.000 Euro an Papier- und Kopiekosten habe man dadurch gespart, wird eifrig vorgerechnet.

Was die deutschsprachige Presse angeht, so hat diese Wahl nicht durch die Demoskopen, auch nicht durch die Wahlergebnisse, sondern durch die Art ihrer Durchführung bereits im voraus genügend Schlagzeilen gemacht. Die Aufmerksamkeit kommt vorwiegend aus der Computerbranche. "Weltpremiere!" jubeln die RESELLER-NEWS (schreiben ihren Text allerdings weitgehend von den estnischen Regierungsseiten im Internet ab). Der Autor Martin Fryba hebt vor allem den Altersunterschied deutscher und estnischer Parlamentsabgeordneter (35 Jahre in Estland, 55 im deutschen Bundestag) hervor als Grund hervor, warum Fans der elektronischen Technik neidvoll nach Estland blicken müssen.
Die estnische Regierung selbst nennt noch andere Gründe für den wahltechnischen Vorstoß: 54% der Esten zwischen 6-74 Jahren, und sogar 90% der Menschen zwischen 6-24 nutzen in Estland das Internet. Allerdings haben diesen Angaben zufolge nur 34% einen Computer mit Internet-Anschluß zu Hause stehen, viele nutzen einen der kostenlosen öffentlichen Internet-Zugänge in Bibliotheken, Hotels oder sogar Kneipen. Über 500 dieser Zugänge sind in Estland inzwischen in Betrieb - auch Touristen bekannt geworden durch die streng nach EU-Norm entworfenen eigenen Verkehrszeichen, die darauf hinweisen. Alva Gehrmann weist in einem Beitrag für die Zeitung DAS PARLAMENT darauf hin, dass es umfangreiche Trainingskurse gibt, damit auch wirklich mehr und mehr Esten den Umgang mit Computer und Internet lernen. So sind seit 2000 alle Schulen des Landes vernetzt, am Fortbildungsprogramm "Look @ the World" haben bisher 100.000 Esten teilgenommen - von insgesamt 1,4 Millionen Einwohnern. Gehrmann weist auch darauf hin, dass 2004 bereits 76 Prozent der Esten ihre Steuererklärung online abgegeben haben.

Ein weiterer Grund für die Einführung des E-Voting ist die landesweite Einführung von IC-Cards (elektronische Identitätsnachweise), die bis Ende 2006 in Estland abgeschlossen sein soll. Erläuterungen von DPA-Korrespondent Jacob Lemke dazu zitieren ZDF HEUTE, ZD-NET, aber auch Fach-Foren wie X-DIAL: ID-Ausweis am PC durch ein Lesegerät ziehen, eine spezielle Internet-Wahlseite aufrufen, noch eine PIN-Nummer eingeben, und schon ist der Wahlvorgang passiert.

Kompliziert klingen die Varianten, die bei diesem System ebenfalls möglich sind: Der wichtigste Unterschied zu den herkömmlichen Verfahren ist, dass der Wähler seine Entscheidung überdenken und bis Wahlschluss beliebig oft ändern kann. Oder er kann auch in ein herkömmliches Wahllokal gehen und dort sein Kreuz machen - dann wird die "e-Stimme" annulliert.
Um die Sicherheit zu verbessern, hatte man in Tallinn während der Probeläufe Computer-Hacker eingestellt. Nun sind wichtige Teile des Systems nicht mehr miteinander vernetzt, die Server stehen unter Polizeischutz und der Computer, an dem schließlich die "e-Stimmen" gezählt werden, ist nicht ans Internet angeschlossen - so berichtet es DER KURIER in Österreich. Gleichzeitig werden Aussagen des estnischen Wahlleiters Mikhel Pilving zitiert, nach denen 30 Länder die estnischen Wahlen beobachten wollen. Noch wenige Jahre zuvor hatten internationale Beobachter bei solchen Gelegenheiten zunächst mal prüfen wollen, ob in Estland denn alles demokratisch zugehe. Heute gelten Wahlen im nördlichen der drei baltischen Staaten als technologische Bildungsreise.
Auch Beobachter aus Österreich und der Schweiz haben sich in Estland angesagt, so ist zu vernehmen. Bisher aber niemand aus Deutschland. Aber liebe deutschen Politikerinnen und Politiker: bitte dann nachher aber nicht etwas als "Weltneuheit" in Erfurt, Düsseldorf oder Kiel einführen, was in Estland seit 2005 funktioniert!

Freitag, Oktober 07, 2005

Der Durchbruch: E-voting in Estland

Am 16. Oktober ist Wahltag im baltischen Estland. Und zum ersten Mal in der Weltgeschichte dürfen dessen Bürger sich für die Wahl ihrer neuen Regierung vor den PC setzen, was rund 21 Prozent auch tun wollen.

Wir werden noch Reaktionen auf diese Entscheidung sammeln, Update folgt heute noch, Verweise auf ältere Posts ebenfalls.

Blogger haben Vortritt, studentisch.de:

Estland wählt übers Netz

Das nenne ich Zukunft. Man stelle sich folgende Szenerie vor: Statt Sonntags mühselig nach dem Frühstück und der Zeitung zum nahegelegenen Wahllokal zu dackeln und sich die Füße platt zu laufen, mach ich einfach nur meinen Laptop an und hock mich vor die Glotze und gebe ganz mühelos, mit hochgelegten Beinen und einem frisch gepressten Orangensaft in der Hand, meine Stimme im Internet ab. Ist doch wirklich nichts wildes dran. Ich geb als Sicherheit meine Perso-Ausweisnummer an, mit der verifiziert wird, ob ich wahlberechtigt bin und jeder Wahlberechtigte hat ja eh nur eine Stimme. Aber neeeeeeeiiin: Grooooße Angst vor den grooooßen Hackern, die alles kaputt machen und die Wahlergebnisse fälschen usw.

Warum die Panik? In den USA ist Wahlfälschung doch Gang und Gebe und es stört totzdem niemanden. Gut, das Resultat ist Krieg, aber wen juckt’s, wenn ich dafür Weg spare. Nicht wahr?
...über den Link oben weiterlesen.

Ein Überblick zu Technik und Größenordnung bei Computerwelt.

Bereits zwölf deutschsprachige Artikel bei paperball. Am besten die Seite aufrufen und Stichwort Estland eingeben. Das wird rekordverdächtig.

Das war der Stand im Frühjahr.

Donnerstag, Oktober 06, 2005

Mit Esten Einkaufen gehen



Und zwar in Osnabrück, 160 000 Einwohner und Universitätsstadt. Zwei Studenten aus Tallinn besuchen seit Wochen den Sprachkurs der Fachhochschule. Irgendwann fiel das Stichwort: Supermarkt der Russlanddeutschen - nachdem sie sich in den gewöhnlichen Geschäften mit Lebensmitteln versorgt hatten. Das Stichwort genügte, um nach der Adresse gefragt zu werden. Leider war die Ortsbeschreibung ungenau gewesen. So mussten also weitere Wochen vergehen, bis der Markt endlich gemeinsam direkt angesteuert werden konnte. Freudige Überraschung: Es gibt Lohesupp, Lachssuppe aus Estland. Suppen sind dort traditionell in Gläsern abgefüllt.
Ausserdem Buchweizen, den sie vermissen, russische Gurken, eine Rote Beete Suppe und noch einiges anderes. Ach ja, die Sprotte und diverse Fischkonserven. So ist das in der Praxis. Das läßt Rückschlüsse auf das estnisch-russische Kaufverhalten in Tallinn zu, oder nicht?

Mittwoch, Oktober 05, 2005

Rückblende1992: Mart Laar PM mit 32



Der Artikel besagt, dass die Wirtschaft am Boden liegt, die Vorgängerregierung die Mindestlöhne gegen den Rat des IMF erhöht hat, ein harter Winter vor der Tür steht.

Statt die Leute weiterhin mit Almosen zufrieden zu stellen, wird die neue Regierung anders entscheiden.
Das wird der Beginn einer der radikalsten Wirtschaftsreformen Europas, die in den letzten Jahrzehnten stattgefunden hat. Den Seitenhieb auf Deutschland-heute verkneife ich mir jetzt. Denn die parlamentarischen Mehrheiten waren auch in Estland schwer zu bekommen.

Tartu, Universitätsstadt Estlands im Spätwinter 1992:

Ende 91, drei Monate ist Estland nun unabhängig. Einige Einrichtungen aus der sowjetischen Zeit funktionieren noch. Das Verkehrssytem: Bus und Bahn fahren regulär, aber PKWs sind für eine Großstadt eher wenig zu sehen.
Die Geschäfte leeren sich, es kommen keine neuen Waren nach, es beginnt das Ablaufen, Abklappern von unzähligen Verkaufsstellen, Supermärkten; denn anständig Essen will man troztdem. In Tartu als Gast der Universität wird mir das dunkle oder helle Brot und eine Art Frischkäse zum Hauptnahrungsmittel. Ja, ich habe Devisen mehr als reichlich, aber was kann und soll ich damit, mich von Parfums aus den Valutashops ernähren. Wenigstens gibt es dort trinkbaren finnischen Kaffee. Soll ich dort horrende Summen für exotisches Obst ausgeben?
Ein Freund, bei dem ich im Apartment in der Küche auf der Isomatte übernachte, weil nebenan, das einzige kleine Zimmer zum Schlafen und Wohnen dient: Für ein Ehepaar über 30. Tarmo, so heisst der Este, hat herausgefunden, wo die Produkte eines Finnisch-Estnischen joint ventures erworben werden können. Also gibt es eine Woche lang Fischstäbchen mit Kartoffeln - der Qualität wegen, versteht sich.
Ein anderes düsteres Kapitel im Winter 91/92: Am Wochenende fahre ich regelmäßig nach Tallinn, dort kenne ich mehr Leute, die einsamen Samstage im Gästehaus - Plattenbau- in Tartu, die Sonntage natürlich auch, vermeide ich dadurch. Das Wasser wird dort tagelang nicht erwärmt, auch im März nicht bei Schnee. Bin damals sehr norddeutsch geprägt, so wie die Esten nordeuropäisch, da entwickelt sich alles langsamer.(Internet Vorzeiten sind auch zu bedenken. In einer einzigen Postzentrale in der Großstadt Tartu kann man mit der Aussenwelt, sprich Deutschland, telefonieren. Schreiend in einer Kabine einmal die Woche, zu mehr habe ich keine Lust,weil nebenan die lauten Anrufe in den Kaukasus und was weiss ich wohin gehen. Gut, dass ich kein Russisch verstehe ;-).)
Zurück zur unglücklichsten Situation bei einer Familie in Tallinn. Habe mich vorher angekündigt. Als ich ankomme steht die junge Mutter in der Tür, verliert die Stimme und möchte erklären ,sie habe nichts zum Kochen im Haus. Einer der beschämensten Momente, den ich nicht lange ertragen kann. Sofort werfe ich ein - "Kein Problem!": "Ich gehe gleich los und besorge was!" Es endet wie es enden muss, ein Laden hat Gurkentöpfe, der andere auch, einer suspekte Eintopfsuppen in Gläsern. Wo sind Nudeln, wo sind Kartoffeln? Daraus könnte man was machen. Die ganze Tour durch die Stadt bringt nichts. Ich erinnere nicht mehr, wie ich zurückgekommen bin und was ich gesagt habe. So depremierend. Es gab ja auch den kleinen Jungen im Haus.
Diese Art von "Shopping" hatte eine Begleitmusik. Das Öffnen einer Tür, und deren folgten ja viele, endete mit einem lauten Knall. Weil eine stramme Feder die Tür wieder schloss. Dieser rüde Vorgang veranlasste mich einmal zu einer Prognose. Wenn dieses Zuknallen der Tür (Ständig wollen Leute einkaufen, gerade, wenn es nichts zu kaufen gibt)endlich aufhöre, dann hat es Estland geschafft.

Montag, Oktober 03, 2005

Mart Laar the "Pioneer of the flat tax"



Festvortrag zum Tag der deutschen Einheit 3. Oktober 2005




Osnabrücker Friedensgespräche - Fotos: Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Osnabrück und der Organisator Prof Dr. Reinhold Mokrosch im historischen Friedenssaal. Weitere Fotos hier.

Not the first VIP Estonian in Osnabrück:
President of Estonia 1998

Today Mart Laar was in Osnabrück (Germany), some call him the "Pioneer of flat tax" or the "Jeff Bezos of Taxation". These issues are heavely discussed in the Anglo-American blogosphere but not in the German one. But Mart Laar tried to introduce his specific Eastern European view to the German regional audience. We are in Osnabrück. The city of the Westfalia Peace Treaty of 1648. This treaty ended one of the most devastating wars of Europe in history before the two World Wars.

Der Osnabrücker Oberbürgermeister Fip erinnerte an seine letzte Begegnung mit Estland in Tartu. Osnabrück übernahm dort die Hansefahne. Im nächsten Jahr treffen sich die organisierten Hansestädte unserer Zeit im westlichen Niedersachsen in Osnabrück.

Ein Ex-Premier aus Estland hält einen Vortrag in einer mittleren deutschen Universitätsstadt. "Europa sieht Deutschland. Die baltische Perspektive" lautet das übergeordnete Thema. Es gilt die estnische Sichtweise auf Europa, vor allem auf Deutschland. Spürbar sind die unterschiedlichen Erfahrungen im Westen, wie im Osten Europas, die eine große Kluft offenbaren. Mart Laar redet über Freiheit "and the rule of law". Viele Zuhörer bei diesem Festvortrag denken lieber an Abrüstungsverträge und den wohlgelittenen Gorbatschow der 80er. Mart Laar berichtet, wie sie zu dieser Zeit beim Militär übten, Atombomben auf Westeuropa zu werfen, ohne wenn und aber.
Die "Europäer" haben sich noch viel zu erzählen, ansonsten sind Missverständnisse vorprogrammiert.

Es fehlt zum Beispiel im Westen das unmittelbare Erleben des Zusammenbruchs der sowjetischen Wirtschaft im Verlauf der 80er. Mart Laar bezieht sich hier auf die Niederrüstung der Sowjetunion durch den Nato-Doppelbeschluss, was sicherlich noch der genaueren Untersuchung bedarf. Aber die Wirtschaft war tatsächlich am Ende, wie die Fotos von 1992 zeigen.


Das war das Einkommensniveau im September 1992 im Baltikum

Eindringlich versucht Laar zu erklären, wie die Chance der letzten Möglichkeit zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit ergriffen wurde. Zum Beispiel die Registrierungen zum Eesti Kongress, der zur einer der verfassungsbildenden Institutionen wurde. Das Risiko zur Minderheit im eigenen Land zu werden war schon beträchtlich groß. Jede Registrierungskarte wurde noch als "Ticket nach Sibirien" bezeichnet. Aber die Angst war nach 1988/89 verflogen. Die Angst: eines der Bänder, die die Sowjetunion zusammenhielten.

Die deutsche Unterstützung für die Balten war eher zurückhaltend, die Sowjetunion wurde während des Vereinigungsprozesses als Partner benötigt, so meine Einschätzung.
Mart Laar hebt im Gegenteil dazu die Rolle Helmut Kohls hervor. Immer hätten die Osteuropäer direkt erfahren, was zwischen Deutschland und der SU oder Russland lief. Sie konnten sich zurücklehnen, der deutsche Wiedervereinigungprozess hatte auch die europäische Vereinigung in Gang gesetzt. Der junge Rechtsstaat wurde nach seiner Meinung effizient von deutscher Seite aus gefördert und gezielt unterstützt. Ohne diesen Rahmen wäre eine florierende Marktwirtschaft nicht möglich gewesen. Aber die letzte Regierung in Berlin beunruhigt ihn. Das Energieprojekt zwischen Deutschland und Russland quer durch die ökologisch anfällige Ostsee wurde ohne Rücksprache mit den Mittel-Osteuropäern beschlossen. Das ist neu. Zusätzlich verliere Deutschland seine Antreiberrolle in Europa, was für die neuen EU-Staaten eine große Verunsicherung bringe: Was soll aus Europa werden, wenn die Ideen und die Wirtschaftskraft Deutschlands nachlassen. Ein kleiner Wink zu Wirtschaftsreformen, radikalerer Art, folgt an die Adresse der Osnabrücker und darüber hinaus. Nur mal über "Flat Tax" nachdenken, wie es fast alle erfolgreichen Neueuropäer vormachen.

Spätestens hier müsste deutlich werden, dass die Alteuropäer doch etwas mehr nach Osten schauen sollten, als stattdessen in Angst vor vermeintlich armen Abeitssuchenden aus dem "ehemaligen Ostblock" zu verharren.

Lesetipp: Mart Laar, Das estnische Wirtschaftswunder, hier eine Rezension

Hier die Presseberichte aus Osnabrück über den Vortrag.

Samstag, Oktober 01, 2005

Fähre auf Grund - Passagiere bekommen Freibier

28.September. Wieder geistert das Stichwort "Estonia", verbunden mit einem Fährunglück in der Ostsee, durch die Schlagzeilen: Auf den Tag genau 11 Jahre nach dem Untergang der ESTONIA, der im Jahre 1994 852 Opfer kostete und viele Rätsel hinterließ, passierte wieder ein Fährunglück in der Ostsee. Es war ausgerechnet das Nachfolgeschiff Kristina Baltica, das in dieser Nacht zum 28.September 2005 in den engen Schären vor Stockholm auf Grund lief. Es war gerade zur Überfahrt nach Tallinn gestartet.
Glücklicherweise kamen die 373 Passagiere und 169 Besatzungsmitglieder mit dem Schrecken davon - doch Kritik gab es trotzdem. Nachdem das Unglück passiert war, sei den Passagieren in der Bordbar gratis Alkohol ausgeschenkt worden - in einem Ausmaß, dass viele viele der betrunkenen LKW-Fahrer Probleme beim Ausschiffen gehabt haben sollen.

Die Informationen der Betreibergesellschaft TALLINK hatten harmlos geklungen: Keine Verletzten, nach ein paar Stunden habe sich das Schiff selbst befreien können und sei in den schwedischen Hafen Kapellskär eingelaufen. Von dort aus habe man denjenigen Passagieren, die ihre Reise nach Estland fortsetzen wollten, die Überfahrt auf der Fähre VANA TALLINN nach Palsdiski angeboten.

Auch in den deutschen Medien erschienen bisher nur knappe Kurzmeldungen. Interessant wird es erst, wenn man im Netz die vielen Interviews mit Passagieren liest, die in den vergangenen Tagen in estnischen, lettischen, schwedischen und norwegischen Zeitungen erschienen sind. So fand die NEATKARIGA RITA AVIZE (Ausgabe 1.10.05) in Lettland einen prominenten "Kronzeugen": Ex-Weltmeister im Motokross Artis Rasmanis befand sich mit mehreren Kollegen auf der Unglücksfähre. "Es gab zwar keine bedeutenden Schäden, aber drei Stunden lang wurden wir vollkommen im Unklaren gelassen, was passiert ist", erzählte Rasmanis der lettischen Tageszeitung.

"Ich habe mit dem Handy meine Mamma angerufen, und die wusste mehr als wir, aus dem schwedischen Fernsehen," so erzählte es die 18-jährige Clara Fondberg dem SVENSK DAGBLADET. Den schnellsten und ausführlichsten Bericht über die plötzlich angebotenen Alkoholgelage brachte die norwegische Boulevardzeitung VG (Verdens Gang). "Man konnte nicht alle harten Sachen bekommen, aber Bier, Wein und Gin Tonic schon," zitiert VG den Passagier Jarle Berg. "Ich habe Leute gesehen, die gleich vier, füng Gläser weggetragen haben!"

Auch beim Auschiffen in Kapellskär soll es zu Problemen gekommen sein. Zwei Stunden lang hätten die Passagiere unter Deck warten müssen, wo durch Dieselabgase erheblich schlechte Luft vorgeherrscht habe, so berichtet Rasmanis. Als Rennfahrer Rasmanis mit seinem Materialbus endlich vom Schiff gekommen sei und zur versprochenen Überfahrt mit der VANA TALLINN gelangt sei, da sei das Schiff schon weg gewesen. Mehr freie Plätze habe man nicht gehabt, so die simple Auskunft am Hafen. Etwa 30 Passagiere seien mit ihrem Gepäck an der Hand zu einem 20km entfernten Hotel geschickt worden, wo sie die Nacht verbringen mussten. Man habe versprochen, am nächsten Tag Fährtickets von Stockholm nach Tallinn zu besorgen. Tatsächlich aber habe diese Lösuing am folgenden Morgen aber große Überraschung bei der Fährgesellschaft TALLINK ausgelöst: dort dachte man wohl, alle Passagiere seinen mit der VANA TALLINN am Abend vorher bereits abgereist. Nur nach langen Verhandlungen habe man neue Tickets herausgerückt, so Rasmanis. Er berichtet auch von einigen Vertretern einer Firma aus dem lettischen Valmiera, denen das ganze Theater zu viel geworden sei, und die demzufolge sich neue Fährtickets für die Fähre Stockholm-Riga gekauft hätten.

DAGENS NYHETER in Schweden titelte am 28.September: "Nur schönes Wetter verhinderte eine größere Katastrophe," und zitiert dabei Göran Rosvall von der schwedischen Behörde für Schiffssicherheit. Das Unglück soll nach Angaben der schwedischen Seefahrtsinspektion zwischen zwei kleinen Inseln passiert sein, die nur etwa 300m voneinander entfernt seien. Offensichtlich habe es einen Schaden der Elektronik gegeben, und das Schiff habe kurzfristig einen Ausfall in der Navigation gehabt. Laut Angaben der BALTIC TIMES sei der estnische Kapitän Aivo Palm das Unglücksschiff gesteuert.
"Wir werden den Unfall in einer gemeinsamen schwedisch-estnischen Kommission untersuchen", zitiert die schwedische DAGENS NYHETER Sten Anderson von der schwedischen Seefahrtsbehörde.

Der Zeitung SVENSKA DAGBLADET gegenüber bestätigt auch TALLINNK-Marketingchef Tapani Kauhanen die Ausgabe des kostenlosen Alkohols an Bord. "Offensichtlich ist die Besatzung davon ausgegangen, dass es keine Gefahr für die Passagiere gäbe," erklärt er. "Wir werden die Sache intern klären."
Mehrere Experten für Schiffssicherheit, die von der schwedischen Presse dazu befragt wurden, erklärten inzwischen ihre Besorgnis über ein solches Vorgehen. DAGENS NYHETER zitiert Göran Rosvall: "Wenn es dann doch plötzlich ernster würde, und die Fähre evakuiert werden müsste, dann weiß man ja nicht, was man mit all den besoffenen Leuten machen soll", so die Stellungnahme von Rosvall.

Donnerstag, September 29, 2005

Wiederkehr

Die Auswanderungs- und Flüchtlingswellen der 30er und 40er Jahre enden häufig in einer Rückkehrer- Geschichte wie die von Quarter Life Crisis?. Zu schade, wenn Schilderungen der ersten Eindrücke dieser Art von Wiederkehr im Netz verloren gingen.

Mittwoch, September 28, 2005

Estnisches Kino in Asien


Und hat schon Tradition beim International Film Festival in Pusan. Diesmal läuft "Shop of dreams"
2003 saß ich selbst unter den Zuschauern bei der Premiere von Nimed marmortahvlil in Korea. Hier die Beschreibung (Kommentar aus dem Estonian Film blog):
In 2003 I was at the International Busan Film Festival, South Korea, PIFF. Estonia was represented with Nimed Marmortahvlil. Since the South Koreans are crazy about film and movies the cinema was packed with 300-400 people. At the end left with big question marks in their eyes, most heard about Estonia the first time. And then this story about the Reds, the Latvians, the Germans, the Russians etc.
One student told me he had to write a home work about a film of this festival. Somewhere he had red the note that this was the most successful film in Estonia so far, so he bought tickets for it.
The Baltics have a place in the festival since years. Pusan is among the 10 biggest festivals world wide, I`d guess.

Dienstag, September 27, 2005

Die Russlandversteher

Foto: Badegäste 1965 im Sommerschauer
Obwohl Estland seit 25 Jahren sowjetisch ist, haben die Esten in mancherlei Hinsicht eine bemerkenswerte Selbständigkeit bewahrt. Ein Beispiel: Von Reval aus wollten Fotoreporter Albert Houpertz, unser russischer Kollege Fedor Redlich und ich ins Land ausschwärmen, um Estland näher kennenzulernen. Visa hatte man uns in Moskau für Reval, Pernau (heute Pärnu) am Rigaer Meerbusen und Dorpat (Tartu) nahe dem Peipussee erteilt. Aber in diese Universitätsstadt Dorpat durften wir nicht: "Für alle Ausländer gesperrt!" lautete die stereotype Antwort des estnischen Regierungsbeamten auf dem Domberg.
"Aber wir haben doch in Moskau ein Visum bekommen", beharrten wir, und auch Fedor aus Moskau schüttelte unwillig den Kopf.
"Jaaa", sprach der Este breit und gewichtig, "was in Moskau gilt, gilt noch lange nicht in Reval."

aus - In Reval rollt der rote Rubel- Bunte Farbbericht 1965

Was sagt uns diese Szene 40 Jahre später? Es ist Tradition, die Sowjetunion zu verstehen (ebenso Russland). Diese Episode bedeutet: Alles halb so schlimm, auch wenn die Universitätsstadt keine ausländischen Gäste empfangen darf. Eigentlich gibt es sowas nur in Diktaturen, oder? Aber Deutsche haben Verständnis.

Heute im Jahr 2005 setzt sich das fort, die FAZ bringt eine Rezension über das Estlandbuch des deutschen Botschafters in Tallinn in den 90ern:
Und nun gibt es die opulenten Erinnerungen Henning von Wistinghausens, des ersten deutschen Botschafters in Estland, dessen Residenz auf dem Domberg in Tallinn (Reval) nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit des Landes zum Symbol der kulturellen und politischen Verbindungen zwischen Deutschland und Estland wurde. Wistinghausen steigt tief hinab in den Alltag dieser Verbindungen und der estnischen Politik - nicht nur in den diplomatischen Alltag, sondern durchaus dorthin, wo die Dinge beim Namen genannt werden. Er verteidigt die deutsche Baltikumpolitik, die nicht erst mit Gerhard Schröder große Vorsicht gegenüber Rußland walten ließ.


Warum stelle ich das gegenüber? Weil diese Haltung Konsequenzen hat und zwar eindeutig negative. Schlaff war die deutsche Unterstützung für die ukrainische Orangene Revolution. Wegen Putin, wegen Rücksichtnahme auf Russland. So haben wir keine Vorstellung über die Erleichterung in der Ukraine, wenn sie dort an die Tatsache denken, nicht mehr zu Russland zu gehören. Veronica in ihrem Weblog dazu:
Sunday, September 25, 2005

I can't write or think too clearly because of the cold, so I read a lot.

The book I'm reading now is about the wars of the early 1990s: Nagorny Karabakh, Chechnya; testimonies of soldiers who had to fight there, testimonies of civilians stuck there. These stories are interesting for the little details you rarely see in newspapers.

Stuff like this: a small group of Russian infantry men is retreating somewhere in Grozny, in 1995, and they stumble over the bodies of two Russian soldiers; they find and take the dead guys' documents and tear off the strings with their personal ID numbers: "The boys have no use for that anymore, but their families have to be notified. Otherwise, the government smartasses aren't going to pay pensions to them, explaining that the soldiers were missing in action or have even deserted." (From Vyacheslav Mironov's I've Been to This War.)

It hurts a lot to read it all, but it also reminds me of how to be very positive about Ukraine's post-1991 history: no matter what, we've been so very lucky.

Der russische Rekrut hat mehr verdient als eine laue Männerfreundschaft zwischen zwei Staatslenkern.

Freitag, September 23, 2005

Schröders Vorbild: Andrus Ansip?

Die Tageszeitung DIE WELT stellt in ihrer Ausgabe vom 22. September 2005 eine interessante These auf (unterstützt von Informationen der Nachrichtenagentur AFP): in allen drei baltischen Staaten wird das praktiziert, was Kanzler Schröder sich in seinem allgemein als "anmaßend" empfundenen Fernsehauftritt nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses in Deutschland gewünscht hatte. Auch der Este Andrus Ansip ist Regierungschef, obwohl seine Partei nicht die stärkste Partei oder Fraktion im Parlament ist.

Zitat DIE WELT: "In Estland wurde der Liberale Andrus Ansip im April 2005 Ministerpräsident einer Mitte-Rechts-Koalition. Zuvor waren diverse andere Versuche zu einer Regierungsbildung gescheitert. Ansips rechtsliberale Reformpartei verfügt nur über 19 Sitze. Der Koalitionspartner, die linkspopulistische Zentrumspartei, stellt dagegen 28 Abgeordnete. Dennoch galt Ansip als derjenige, dem am ehesten zugetraut wurde, eine breite Koalition zusammenzuhalten. Dem Dreierbündnis gehört außerdem die agrarisch-konservative Volksunion (13 Sitze) an."

Sollte sich also Schröder ein Vorbild in Estland nehmen? Das wäre fast paradox, da gerade Estland mit seinen Niedrigsteuern (Flattax) und Investitionsanreizen als Musterländle der Neoliberalen gilt. Allerdings ist auch in Estland ein Trend zu beobachten, nach dem die Sozialdemokraten wieder stärker werden, und eine breite Schicht befürwortet, dass nun nach radikalen Wirtschaftsreformen und hohen Gewinnen für Unternehmer eine Politik von mehr sozialer Verantwortung und Berücksichtigung des Umweltschutzes treten muss. Ein spannender Vergleich also!





im Bild:
Regierungschef Ansip hat Erfahrung im Umgang mit exzentrischen Politikern. Hier spricht er gerade ein "terviseks" (einen "Toast") auf den skandalumwitterten Edgar Savisaar aus.

Donnerstag, September 22, 2005

Glückliche Cineasten- Berliner - Focus Estland

Manchmal wäre es besser in der Hauptstadt zu wohnen. Das Kino Arsenal setzt einen Estland Schwerpunkt. "The revolution of pigs" habe ich selber noch nicht gesehen. Empfehlung: Anschauen.

Operation Enduring Freedom

Die Zahlen haben mich eben überrascht, bei den Esten wusste ich es:

Updated August 15, 2005
Germany

Germany
The following German service members have died in support of Operation Enduring Freedom:

* Joerg Baasch
* Andreas Beljo
* Friedrich Deininger
* Frank Ehrlich
* Heinz-Ullrich Hewußt
* Helmi Jimenez-Paradis
* Bernhard Kaiser
* Stephen Kamins
* Thomas Kochert
* Carsten Kuehlmorgen
* Mike Rubel
* Thomas Schiebel
* Enrico Schmidt
* Uwe Vierling
* 2 service members as yet unidentified

Updated October 26, 2004
Estonia

Estonia
The following Estonian service member has died in support of Operation Iraqi Freedom:

* Arre Illenzeer
* Andres Nuiamäe

Interessant, Deutschland wird in dem Weblog, von der die Auflistung stammt, zur Koalition gezählt:

Welcome

Thank you for visiting the Operation Enduring Freedom and Operation Iraqi Freedom Coalition Heroes' Memorial, a place of remembrance and respect. The following coalition nations have lost service members.


Die Sache ist klar: Wir sind dabei, die Esten sind dabei. Die Deutschen in Afghanistan, die Esten im Irak. In einigen Blogs wurden die Esten kritisiert, dass sie sich angeblich dem US Präsident Bush an die Seite geworfen hätten. Hier werden Gegensätze aufgebauscht, die so nicht existieren. Auch gibt es Illusionen, die deutsche Aussenpolitik könnte sich grundlegend ändern, egal in welche Richtung. Viele verheddern sich da in einem Schwarz-Weiss-Bild. Anti Bush - Pro Frieden. Litauen war jüngstens der Parade-Fall. Ein sowjetisches Kampfflugzeug dringt in die Natosphäre ein, wahrscheinlich nicht das erste Mal. Deutsche Abfangjäger steigen auf, der Kampfflieger stürzt ab. Und wen kümmert das? Überraschend wenige. Der diplomatische Schlagabtausch zwischen Litauen und Russland, also einem EU und Nato-Mitglied wird kaum wahrgenommen.Siehe auch den BBC-Bericht dazu.

Update: Hier ein Foto von druojajay bei Flickr.com, das die Situation nach dem Kampffliegerabsturz in Estland zeigt.

Mittwoch, September 21, 2005

Rückschlag für den Fährtourismus

Einen schweren Rückschlag für den Fährtourismus zwischen Deutschland und Estland stellt wohl der überraschend bekannt gegebene Verkauf eines der dienstältesten und besten Ostseefähren dar: Die SILJA-LINE gab in dieser Woche das Ende der FINNJET bekannt. Das Schiff, dass vor Saisonanfang im Mai 2005 mit der Indienststellung im Rahmen des Besuchs von US-Präsident Bush in Riga schon einmal US-amerikanische Kontakte geknüpft hatte, legte am 20.September zum letzten Mal von Rostock ab.

Zunächst nimmt die Finnjet, die jahrelang die Linie Travemünde-Helsinki-Tallinn und später Rostock-Tallinn bedient hatte, Kurs auf New Orleans. Dort wurde das Schiff für die Louisiana State University in Shreveport angemietet und soll über den Winter als Quartier für die medizinische Fakultät dienen, die wegen des Hurrikans "Katrina" umquartiert werden muss. Binnen zweier Wochen wird es in New Orleans erwartet, wie ein Reedereisprecher sagte. Die Fähre wird in Baton Rouge im Mississippi vor Anker gehen.

Die "Finnjet" bietet in ihren 565 Kabinen rund 1700 Menschen Platz und verkehrte bisher meist zwischen Rostock und Tallinn. Die 215 Meter lange Gasturbinenfähre ist 28 Jahre alt, wurde aber erst im vergangenen Jahr für zehn Millionen Euro komplett überholt.

In den letzten Wochen waren Gerüchte aufgekommen, die Finnjet stehe vor allem wegen der stark gestiegenen Spritpreise vor dem Aus. Nun wurde bestätigt, dass die "Finnjet" nach Abschluß des Sondereinsatzes in New Orleans ihren Dienst nicht wieder aufnimmt und verkauft wird. Ein Sprecher der SILJA-LINE bestätigte aber gegenüber der Presse, die Sommersaison 2005 sei eigentlich mit 80.000 Passagieren wesentlich erfolgreicher als die Vorjahre gelaufen. Über die entscheidenden Gründe des Verkaufs kann da nur spekuliert werden: Vielleicht hat auch die neue Konkurrenz der Billigflieger dazu beigetragen, die viele neue Kunden kurzfristig abgeworben hat?

Sprecher des Rostocker Hafens bezeichnen den Abzug der "Finnjet" als "schweren Verlust". Erst 1999 hatte die Reederei Silja Line als Konsequenz aus dem Ausfall des Duty-Free-Verkaufs den Abfahrtshafen von Travemünde nach Rostock verlegt. Das 212 Meter lange und über 30 Knoten schnelle Schiff wird von zwei Gasturbinen mit 55200 PS angetrieben. Für die Marschfahrt besitzt die 1977 gebaute Fähre zusätzlich zwei Dieselmotoren.

Für den Estland-Tourismus aus Deutschland hat diese Angebotslücke jetzt die Konsequenz, dass eine sehr bequeme und auch schnelle Verbindung nach Estland wegfällt. Die Fähre war sowohl bei Reisegruppen, Individual- und auch Fahrradtouristen beliebt, denn mit ihrer Fahrzeit von nur 25 Stunden stellte sie einen zeitsparenden Zugang zu den baltischen Staaten dar.

Dienstag, September 20, 2005

Neckermann: Versand jetzt ab Tallinn

Harald Gutschi, Geschäftsführer bei Neckermann Deutschland, verkündete per Pressemeldung den Start des Neckermann-Versands in Estland und Lettland ab Herbst 2005. Jeweils rund 100.000 Kataloge seien bereits an estnische und lettische Haushalte verschickt worden, so Gutschi. Zitat: "Neckermann erschließt mit den neuen Versandaktivitäten Zugang zu zwei aufstrebenden Volkswirtschaften am östlichen Flügel der erweiterten Europäischen Union und gleichzeitig zwei stark zukunftsorientierte Länder."

Gewinner dieses Deals ist wohl in erster Linie Estland: Zwar werden Bestellungen aus Lettland auch mit einer lettischen Telefonnummer in einem lettischen Call-Center entgegengenommen, und zwar sowohl in Lettisch wie auch in Russisch. Bei Standortentscheidung hat laut der bereits zitierten Pressemeldung eine Rolle gespielt, dass die estnische Bevölkerung sich besonders "versandhandelsaffin" zeige, so die Neckermann-Zentrale. Die besten Voraussetzungen würden durch die große Akzeptanz moderner Kommunikationsmittel in der Bevölkerung geschaffen: 2004 nutzen bereits 52% der Bevölkerung das Internet, Tendenz steigend.

Neckermann erwartet allein in Estland einen Online-Anteil von 25 Prozent am Bestellvolumen. Das Unternehmen rechnet in der laufenden Saison mit dem Versand von jeweils gut 45.000 Paketen in den beiden Ländern und je einem Umsatz im hohen einstelligen Million-Euro-Bereich.
Bestellt werden kann übrigens per Post, Telefon und Fax sowie auch über die Internet-Shops, per SMS und E-Mail. Das Design der beiden neuen Internet-Bestellseiten (Lettland und Estland) präsentiert sich völlig identisch: das mag daran liegen, dass Neckermann-Marketing für Mittel- und Osteuropa bisher immer noch im österreichischen Graz gemacht wird.

Der Markteinstieg von Neckermann in Litauen ist für Ende 2006 geplant. Eine Frage bleibt wohl: Werden auch deutsche Kunden demnächst versandmäßig aus Tallinn bedient, wenn es dort doch alles so gut läuft?