Sonntag, Mai 17, 2020

Neuer Zustand

Nein, ein "Ausnahmezustand" bestehe in Estland nicht mehr - jedenfalls nicht mehr nach dem 18.Mai, so kündigte es Regierungschef Ratas an (err). Unsere Maßnahmen erlauben es uns jetzt, zu einem normaleren Leben zurückzukehren," meinte Ratas. Man müsse jedoch wachsam bleiben.

Die Nachbarn aus Litauen und Lettland dürfen jetzt einreisen, ohne erst mal 14 Tage in Quarantäne geschickt zu werden. Für Einreisende aus Finnland sind genaue Bedingungen genannt: wenn keine Krankheitssymptome vorliegen, dürfen Finninnen und Finnen die in Estland arbeiten oder studieren einreisen, ebenso alle die aus familiären Gründen, also wegen einer anstehende Hochzeit oder Beerdigung, einreisen wollen.

Am meisten Aufsehen erregten in der vergangenen Woche jedoch die Bären, die freilaufend auf den Straßen der estnischen Hauptstadt gesichtet wurden. "Wenn drei, vier, fünf Wochen lang niemand auf den Straßen herumläuft und sie stört, werden sie eben mutiger," meinte der estnische Zoologe Aleksei Turovski (err). Eine andere Bemerkung wird Einwohner*innen Tallinns wohl kaum beruhigt haben: "Wenn sie aus dem Winterschlaf kommen, sind die Bären eben auch am hungrigsten." - Turovski gibt auch Tipps für Begegnungen mit Bären: "Flüstern sie nicht, sprechen Sie in normaler Lautstärke." Aber ob Hauptstädter*innen dieselbe Wortwohl wie ihre Zoologen wählen werden, muss offen bleiben. Turowski empfiehlt Sätze wie diesen: "Hallo Teddy, schön dich zu sehen!"

Die estnische Polizei hatte die Suche nach den nahe des Freilichtmuseums (Vabaõhumuuseum) gesichteten Bären, bei der auch fliegende Drohnen und Suchhunde im Einsatz waren, ohne Ergebnis wieder abgebrochen. Insgesamt wird geschätzt, dass mehrere hundert Braunbären in Estland leben.

Samstag, Mai 02, 2020

Estnische Opernlegende

"In diesen Zeiten", wie man im Moment so gerne sagt, also "in diesen Zeiten" müssen leider auch runde Geburtstage anders gefeiert werden als geplant. In Estland ist das zum Beispiel Georg Ots - den manche vielleicht auch als Name eines Schiffes kennen mit dem sie schon gefahren sind, oder sie haben im gleichnamigen Hotel übernachtet. Georg Ots (1920-1975) hätte in diesem Jahr 100. Geburtstag feiern können - und da das nur wenige erreichen, wird dieses runde Datum ja meist von den Verehrern und Verehrerinnen begangen.

Ganz abgesehen davon, dass das erwähnte Schiff illegal verschrottet worden sein soll, sind für Anfang September 2020 zwei Gala-Jubiläumskonzerte zu Ehren der estnischen Opernlegende Georg Ots geplant - ob sie auch stattfinden können, die Opernfreund*innen hoffen noch. Ots spielte auch in vielen Filmen mit - und unter der Regie von Peeter Simm wurde seine Lebensgeschichte 2007 auch verfilmt (Titel "Georg", imdb / efis/ Filmkritik). Ots, der auch italienisch, russisch, deutsch und finnisch sang, war der Star estnischer Opernaufführungen schon in den 1950iger Jahren gewesen, seien es in Gershwin's "Porgy & Bess", Mozarts "Don Giovanni", Bizet's "Carmen", Verdi's "Maskenball" oder "Eugen Onegin" von Tschaikowsky. Und "G.Otsa" - so heißt auch eine der Straßen, die zur Nationaloper hinführt.

In Umkehrung eines oft genutzten Spruches: doch, nahezu
alle Besucherinnen und Besucher der estnischen
Nationaloper werden in Zukunft "an Georg Ots vorbeikommen" ...
Nun werden in Zukunft die Besucher*innen noch mehr an Estlands bekanntesten Opernsänger erinnert: direkt am Eingang der Estnischen Nationaloper wird eine Skulptur des Künstlers aufgestellt werden. Die Gestaltung übernimmt gleich ein ganzes Team, bestehend aus dem Bildhauerpaar Ilme und Riho Kuld, dem Landschaftsarchitekt Kristofer Soop, und dem Architekt Ott Alver. Eine Expertenjury prämierte das Siegerprojekt der Ausschreibung mit 10.000 Euro. Vadim Belobrovtsev, stellvertretender Bürgermeister Tallinns, zeigte sich besonders angetan von den "dynamisch-abstrakten Formen" des neuen Denkmals (Baltic Times / ERR).

Georg Ots war 1975 - auf dem Zenit seiner Karriere - im Alter von nur 55 Jahren verstorben.Auch eine Musikschule in Tallinn trägt inzwischen seinen Namen - und die Liste der Absolventen dieser Schule ist beeindruckend: Arvo Pärt, Veljo Tormis, Erkki-Sven Tüür, Neeme Järvi, Eri Klas, Olav Ehala, Jaak Joala, Sven Grünberg, oder Raivo Tafenau - sie alle machten hier ihren Abschluss.
Eigentlich sollte "Mr. Georg Ots" auch als Oper auf die Bühne gebrachte werden - jedoch sind die Aufführungen unter der Regie des Russen Dmitri Bertman, bereits 2019 auf den Operntagen Saaremaa uraufgeführt, gegenwärtig im Zuge der Corona-Einschränkungen vorläufig abgesagt.

Trailer zum Film "Georg Ots" / Doku-Filmausschnitt /