Montag geht's los und mir wird dabei unwohl. Estland bewegt sich mit seiner Präsidentenwahl, der Art und Weise des Prozedere hart an der Grenze der demokratischen Grundregeln. Es ist eine schamlose Dealerei zwischen den Parteien, Ausbooten von Kandidaten, alles was erlaubt ist. Und das Ende findet womöglich wieder hinter verschlossenen Türen statt.
Die Mitteldeutsche Zeitung gibt es ganz gut wieder:
«Es ist das Paradoxon des estnischen Systems - wir durchlaufen simulierten Wettbewerb im Parlament, doch ohne echte Aussagekraft. Und dann gibt ein Deal hinter verschlossenen Türen Rüütel die Präsidentschaft», meint der Dekan für Politikwissenschaften in der Universität Tartu (Dorpat), Vello Pettai. Als «rechte Testkandidatin» werde wohl im ersten Wahlgang die Parlamentsvizepräsidentin Ene Ergma (62) aufgeboten. Auch Regierungschef Andrus Ansip hat sich zuletzt in Interviews wiederholt einen jüngeren, weltläufigeren Präsidenten als Rüütel gewünscht.
First Lady Ingrid Rüütel verwahrte sich umgehend gegen solche Angriffe. «Nicht alle Präsidenten sprechen Englisch und es gibt Präsidenten in Europa, die älter als mein Mann sind», sagte sie im Gespräch mit «Postimees», der wichtigsten Tageszeitung der Ostseerepublik. Tatsächlich ist Rüütel zwar in den ländlichen Gegenden höchst anerkannt, für die städtischen Intellektuellen bleibt der Agrarexperte und ehemals hochrangige Kommunist aber ein rotes Tuch.
Aber besser den ganzen Text lesen,
hier.
Schon beim letzten Mal blieb mein Favorit Peeter Tulviste, der ehemals Rektor der Uni Tartu war, auf der Strecke. Der Junge hätte aber international sein Land gut vertreten können, da er was zu sagen hat. Bei Rüütel können sich die Kommunalvertreter vom Lande wohl fühlen, aber zur Wahrnehmung Estlands im Ausland, in Deutschland, hat der jetzige Präsident nicht viel beigetragen. Keine Provokationen, keine Seitenhiebe, keine historischen Sticheleien und Fundstücke, wie sie sein Vorgänger geliefert hat. Alles nur Protokoll.