Dienstag, Juli 29, 2008

Tere hommikust für das Sauerland

"In Estnisch spricht man die Wörter übrigens so, wie man sie schreibt. Nur sehr schnell." - Von wem stammt so eine Erkenntnis? Drei Frauen des Berufsbildungswerks in Bigge /Sauerland machten ein Berufspraktikum im "Astanga Kutserehabilitasiooni keskus" Tallinn / Estland. Vier Wochen (ab 8.März 2008), die im Rahmen des europäischen Leonardo-da-Vinci-Programm „Europass Mobilität“ und vom Bundesinstitut für Berufliche Bildung in Bonn finanziell gefördert werden.

Interessierte können den Verlauf nachvollziehen über ein von den Beteiligten eingerichtetes Internetforum. Nun ja, es gibt ja nun auch schon tägliche Serien im Fernsehen á la "mein Auslandstagebuch" - da ist doch eine persönliche Dokumentation im Internet vielleicht schon fast langweilig. Aber immerhin wurden Tagebücher angelegt, die öffentlich mitgelesen werden können.

Was bewegt frau so bei einem doch recht kurzzeitigen Auslandsaufenthalt? Nun, wie man günstig einkauft, wo in estnischen Kneipen die Raucherzonen sind, dass man in Estland nicht mit weißen Schuhen spazieren geht, und dass es meist nicht viele deutsche Fernsehprogramme im estnischen Guckkasten gibt - gut, das wäre noch zu vermuten gewesen.
Aber nach einer Weile gibt es auch wertvollere Tipps für die Daheimgebliebenen: "
Leute das müsst ihr gesehen haben", schreibt Praktikantin Varinia in ihr Tagebuch, nachdem sie in Tallinn die Aufführung einer Operette erlebt hatte. Kollegin Zennure stellt beim Besuch auf Muhu fest: "In diesem Dorf-Museum wohnen noch Menschen." Und Claudia, die dritte im Bunde, berichtet sogar ansatzweise von vergleichenden Beobachtungen zwischen dem heimatlichen Arbeitsplatz und der estnischen Gastgeberinstitution in Tallinn, also von der Arbeit mit behinderten Menschen.

Erfahrungen einerseits:
„Wir wären gern länger geblieben“, äusserten die drei Sauerländerinnen. Andererseits: die Angst vor dem Heimweh hatte ihnen eine estnische Erfindung vertreiben helfen: Skype.

Wer noch mehr dazu lesen möchte, hier die Webseite des Praktikumsberichts

Freitag, Juli 25, 2008

Tammsaare in Sochi

Was haben der estnische Schriftsteller Anton Hansen Tammsaare und die russische Stadt Sochi im schwarzen Meer miteinander zu tun? Richtig, Tammsaare lebte und arbeitete in Sochi in den Jahren 1912 und 1913. Dort, in Estosadok (Eesti Aiake - estnischer Garten), wird nun ein Tammsaare-Museum neu eröffnet werden.
Es gibt nur spärliche (deutschsprachige) Informationsquellen zu dem Thema, aber die Siedlung Estosadok soll 1886 von einigen estnischen Familien gegründet worden sein. Beim Betrachten des Fotos links (Autor: Andreika / Flickr) könnte man meinen, die estnischen Siedler hätten es auch wegen der schön sichtbaren estnischen Nationalfarben ausgesucht ...


Rechtzeitig zum 130.Geburtstag des estnischen Schriftstellers, und passend zum 20.jährigen Bestehen des Tammsaare-Museums in Estosadok wurde eine Modernisierung und Erweiterung des Museums fertig gestellt (das bereits vor 20 Jahren gegründet wurde). Tammsaare's Werke wurden in 39 Sprachen übersetzt. Initiatoren waren Museumsdirektor Maarje Vaino und Museumsgründer Ants Paju; das estnische Kulturministerium steuerte 25.000 Euro Unterstützung bei.

Sergej Vasiljev hat für "Panoramia" ein schönes Foto ins Netz gestellt, wie es bei estosadok im Winter aussehen kann.
Und auch Sochi selbst - werbend natürlich mit Sochi2014 - stellt einen Panoramablick ins Netz.
Übrigens: Sochi hat auch eine Partnerstadt in Estland ... Pärnu.

Informationen der Estnischen Botschaft in Russland zum Thema (estnisch)

nicht nur in Sochi: Tammsaare Museum in Tallinn

Donnerstag, Juli 24, 2008

Setukesen beiderseits der Grenze


Eine Minderheit in Estland sind die Setukesen. Sie leben vor allem im Südosten an der Grenze zu Russland.
Der deutsche Wikipedia-Artikel nennt Zahlen, danach wohnen noch einige tausend auf der östlichen Seite um Petsori.
Setumaa ist benannt nach dem orthodoxen Volk der Setukesen (oder Seto bzw. Setu), deren Stammheimat Setumaa ist. Sie sprechen Seto, eine finno-ugrische Sprachen, die am nächsten mit dem Estnischen verwandt ist. Die Setukesen haben eine starke eigene Tradition und Identität. Die Kultur und Folklore unterscheiden sich von der estnischen und russischen. Besonders ihre Volksdichtung und ihr Liedgut sowie die Mythologie (vor allem um den heidnischen Gott Peko) haben Jahrhunderte überdauert. Heute leben nur noch ca. 5.000 Setukesen in Setumaa (andere Zahlen sprechen von 10.000 bis 13.000 Setukesen in ganz Estland und 3.000 bis 4.000 in Russland) und sind gegenüber Esten und Russen in der Minderheit.

Wie so oft gibt es verschiedene Zahlen über Minderheiten, ein bemerkenswert unaufgeregter Artikel in The Moscow Times spricht von etwa 300 außerhalb Estlands. Klingt wie ein Bericht über die letzten Mohikaner:
Dwindling Seto Numbers Feel Estonia's Pull

Die Seto-Flagge:

Montag, Juli 14, 2008

Stolz auf wenig Staatsdiener

Ganze 22 staatlliche Angestellte oder Beamte auf 1.000 Einwohner weist Estland auf - diese Zahlen aus dem estnischen Jahrbuch des Öffentlichen Dienstes zitierte kürzlich der "Estonian Review". Ende des Jahres 2007 seien insgesamt 24.331 Menschen als Angestellte des Staates oder Beamte tätig gewesen, inklusive 3.507 Berufssoldaten.
Ein Jahr zuvor seien es noch 24.400 gewesen, also gehe diese Zahl sogar zurück.

Im Vergleich seien in Ländern wie Österreich, Belgien, Niederlande und Deutschland 40 bis 60 staatliche Bedienstete pro 1.000 Einwohner zu zählen, in Finnland 100, in Dänemark 130, und in Schweden sogar 140.

In den 227 Kommunen und Landgemeinden Estlands arbeiten insgesamt 5.449 Beschäftigte im Öffentlichen Dienst.

Sonntag, Juli 13, 2008

Ausgrabungen am Vabaduse Väljak in Tallinn

Nicht die mittelalterliche Stadtmauer, sondern Reste der neuzeitlichen und späteren Festungsanlagen Tallinns werden freigelegt. Leider habe ich noch die die passende historische Karte gefunden. Aber diese Mauerstrukturen haben ihre Fortsetzung in den Wallgräben unterhalb von Toompea.
Danke kalevkevad für diesen Eindruck, der archäologische Blick in die Vergangenheit ist, wie meist, nur vorübergehend.

Update August 2008, Die Ausgrabungen gehen weiter. Teile der freigelegten Mauern könnten zu der Bastion gehören, die in dieser Karte von 1865 links von der St. Johanniskirche zu sehen ist.

Kalevkevad mit der Situation im August:


Freitag, Juli 04, 2008

Tourismusangebote für die Nachbarn

Speziell auf die "baltischen" Nachbarn ausgerichtet ist ein neues Projekt der Entwicklungsagentur "Enterprise Estonia" (EAS) und des Estonian Tourism Board. Natürlich virtuell (manche nehmen ja schon an, Estland hätte auch eine virtuelle Regierung). Diesmal heißt das Motto "Great Baltic" bzw. www.greatbaltic.eu. Wer als "baltischer Ausländer" mal schauen möchte, wird zunächst mit einer Übersichtskarte und dem Spruch "choose your country" empfangen. Wer dann aber tschuhsen tuut, der merkt schnell, was eigentlich gemeint ist: nach dem Klick auf Estland wird nur noch Estnisch gesprochen, bei Lettland nur noch Lettisch, bei Litauen nur noch Litauisch. Eine russische Fassung wird parallel bereitgehalten. Für alle anderen heißt es aber: bis hierher und nicht weiter.

Interessant aber doch vielleicht die Frage: was empfehlen denn die Esten den Litauern, die Letten den Esten, oder die Litauer den Letten? Grundlage und Sinn der gemeinsamen Kampagne ist es zunächst mal, zur Entdeckungsreise kreuz und quer durch alle drei Staaten aufzufordern. Es gibt eine Begleitkarte dazu, und mit dieser vorgegebenen Reiseroute sollen die Teilnehmer/innen dann sich an den jeweiligen Zielen einen Stempel abholen, plus ein selbstgemachtes Foto mit den Reisenden selbst drauf auf eine Internetseite hochladen. "Bewirb Dein Nachbarland" scheint also das Ziel zu sein. Und wer schon mal Letten in Palanga lange darüber lange diskutieren gehört hat, wo denn nun diese berühmten "Zeppelini" zu bekommen seien, oder begeisterte Litauer auf Estlands höchster Erhebung Munamägi gesehen hat ob der auch in Litauisch verfügbaren Informationen, der mag auch glauben an den Sinn solcher Kampagnen.

Zwölf Ziele sind in jedem Land vorgegeben. In Estland der Leuchtturm von Sõrve, eine Straußenfarm auf Muhu, ein Aussichtsturm im Naturschutzgebiet Matsalu, der Wasserfall von Keila, ein Abenteuerpark in Tallinns Vorort Nõmme, natürlich das Freilichtmuseum in Tallinn, die Stadt Rakvere, ein Bergwerk in Kohtla, das Kinderparadies Kilplaste, das Spielzeugmuseum in Tartu, ein Haustierzoo in Pihlaka bei Pärnu, und natürlich der Turm auf dem Munamägi. Ganz Bekanntes mit eher Unbekanntem verbunden, so wie es aussieht.

Ob denn die Esten zum Beispiel wohl auch einen Sowjetbunker im sonst durch Tierpark und Nationalpark Gauja bekannten lettischen Ort Līgatne besuchen werden? Oder alt-herzogliche Gruften in Jelgava ansehen? Bis zum Handwerkszentrum von Ludza pilgern?

Oder weiter bis Litauen fahren, um in Kaunas das Pharmazeutische Museum zu besuchen? Oder Wisente bei Pasiliai
(bei Panevėžis) bestaunen?
So stellen es sich jedenfalls die Macher/innen dieser Kamapgne vor - einer Kampagne mit englischem Namen für Estnisch, Lettisch und Litauisch-sprachige Reiselustige. Neueste Statistiken drücken es aus: der "einheimische", also der eher lokal gebundene Tourismus wächst weiter, trotz zuletzt steigender Inflation.

Die Kampagne "Great Baltic" läuft bis November, dann soll als erster Preis ein Wochenende für zwei Personen in einer europäischen Hauptstadt unter den erfolgreichen Teilnehmer/innen ausgelost werden. Zu vermuten ist, dass dann die Reise mal nicht nach Tallinn, Riga oder Vilnius gehen wird.

Great Baltic (Estnisch)