Samstag, Dezember 22, 2012

Viele Heimschläfer zum Jahreswechsel

Mindestens 25.000 Estinnen und Esten werden also auch zum Jahreswechsel für einen "Heimatbesuch" hin- und herpendeln: sie arbeiten, gemäß dem estnischen Statistikamt vorliegenden Daten, im Ausland. Das sei eine Verzehnfachung gegenüber der vergangenen Datenerhebung vor 12 Jahren, so Diana Beltadze, die zuständige Mitarbeiterin bei den estnischen Statistikern (im Jahr 2000 hatten nur 2646 Bürger Estlands angegeben im Ausland eine Arbeit zu haben).



















Ist das nun eine Verbesserung (= mehr Arbeitsmöglichkeiten) oder eine Verschlechterung (= mehr Arbeitslose, die nur noch im Ausland eine Chance haben)? 61% aller Esten die im Ausland arbeiten zieht es nach Finnland (15.140 - 1.872 in Norwegen, 1.532 in Schweden, 1.357 in Russland, 732 in Großbritannien und 616 in Deutschland).

Innerhalb Estlands haben nur Tartu und die Hauptstadt Tallinn eine positive "Wanderungsbilanz". Ein Resultat scheint sicher: massive Landflucht! So schön in Estland die Natur ist - Frau Estin oder Herr Este kann sich wohl maximal noch ein Sommerhäuschen auf dem Lande leisten, falls das im Ausland verdiente Geld dazu reicht.

Mehr Infos

Mittwoch, Dezember 19, 2012

Ein Flirt per Bahn

Bald im Einsatz: Stadler-Züge in Estland
Die estnische Bahn Elektriraudtee AS rüstet auf: die ersten Elektro- und Dieseltriebzüge der Firma Stadler aus der Schweiz sind seit kurzem im Einsatz. Bis zum Sommer sollen 18 Elektro- (12 dreiteilige und 6 vierteilige) und 20 Dieseleinheiten (6 zweiteilige, 8 dreiteilige und 6 vierteilige Züge) nach Estland geliefert werden. Sie tragen den schönen Namen FLIRT ("Flinker Leichter Innovativer Elektro Triebzug"). Gegenwärtig sind die ersten im Testbetrieb, im Sommer 2013 sollen dann einige in den fahrplanmäßigen Betrieb übernommen werden (siehe Zeitplan).

Die Herstellerfirma meint zu ihren Zügen: "Die Breitspurzüge (1520 mm) wurden so konzipiert und hergestellt, dass sie der für Estland typischen strengen Winterbedingungen standhalten. Die Aluminium-Leichtbauweise und energiesparende Systeme ermöglichen dem Betreiber Elektriraudtee auch bedeutende Kostenersparnisse." (siehe DMM Travel)

Zugpräsentation mit Wirtschaftsminister Parts (Mitte):
Wie oft er selbst Bahn fährt, war den
Pressemeldungen nicht zu entnehmen
Noch auffälliger aber die Technik, mit der beim Bremsvorgang der Züge Energie zurückgewonnen und über die Oberleitung ins Netz wieder eingespeist werden kann. Die Züge erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 160km/h. Außerdem im Angebot: Fahrgastinformationssystem, Klimaanlage, kostenloses WLAN, Steckdosen zum Aufladen von Laptops und Handys, Videoüberwachung und Mehrzweckbereiche für Rollstühle, Kinderwagen oder Fahrräder. 70% sind Niederflurwagen.
85% der Investitionskosten in die neuen Elektrozüge, deren Wert etwa 80 Millionen Euro beträgt, werden vom EU-Kohäsionsfond finanziert. Die Dieselzüge dagegen werden durch einen Leasingvertrag finanziert.
STADLER hatte eine Ausschreibung zum Projekt gewonnen die 2010 durchgeführt worden war.
Die Firma "Elektriraudtee AS" betreibt gegenwärtig in Estland folgende Strecken mit einer Gesamtlänge von 131.6 km:
Tallinn - Aegviidu - Tallinn
Tallinn - Riisipere - Tallinn
Tallinn - Paldiski - Tallinn
Tallinn - Klooga-rand - Tallinn
Tallinn - Keila - Tallinn
Tallinn - Pääsküla - Tallinn
Die STADLER-Flirt-Züge sind bisher in 11 Ländern im Einsatz: der Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Ungarn, Algerien, Polen, Finnland, Norwegen und Weißrussland.

Details zu technischen Daten

Bericht estnisches Fernsehen

Donnerstag, Dezember 06, 2012

Binneneis

First Ice by Axiraa
First Ice, a photo by Axiraa on Flickr.

Der Winter schreitet im Inland voran. Auch die Ostseevereisung hat begonnen, wenn auch erst ganz im Norden.

Eismeldungen mit aktueller Karte beim finnischen itameriportaali.

Montag, November 19, 2012

Heißes Eisen „Nordstream“

Als wenn Energie nicht sowieso schon ein heißes Eisen wäre, ist dieses Thema vor allem im Baltikum wichtig. Neben der Wasserkraft in Lettland und Litauen verbrennen die Esten ihren Ölschiefer, außerdem wird die Windkraft in den letzten Jahren ausgebaut. Das alles reicht aber nicht, und man ist deshalb nach wie vor zu einem guten Teil von russischen Gaslieferungen abhängig.

Aus diesem Grund fand man es am Ostufer der Ostsee überhaupt nicht witzig, als Gerhard Schröder mit seinem lupenreinen Demokraten die Nordstream Pipeline durch die Ostsee und den finnischen Meerbusen plante. Diese Pipeline ging nämlich zunächst durch internationale Gewässer und damit buchstäblich an den baltischen Staaten vorbei. Inzwischen ist nicht nur das erste Rohr schon eine ganze Weile in Betrieb und im Oktober durch ein zweites ergänzt worden, sondern es soll noch einmal erweitert werden. Da bleibt eine Reaktion aus Estland nicht aus.

Der estnische Verteidigungsminister Urmas Reinsalu bat seinen Kollegen im Außenamt, Urmas Paet, gegen die dritte und vierte Linie Einspruch einzulegen, nachdem vor einem Monat das russisch-deutsche Projekt Untersuchungen über den estnischen Meeresboden in Auftrag gegeben hatte. Bereits 2007 hatte die estnische Regierung ihre Bedenken gegen die erste Pipeline aus Umweltgründen vorgetragen.

Seit der Fertigstellung der zweiten Linie im Oktober, können nunmehr 55 Millionen Kubikmeter jährlich geliefert werden. Eine Verdoppelung der Kapazität brächten zwei weitere Rohre, die allerdings angesichts der vorher erforderlichen Prüfungen nicht vor 2017 realistisch sind.

Während Moskaus Interesse an Nordstream sich vor allem mit der Umgehung von Ukraine und Weißrußland begründet, wo es regelmäßig in den letzten Jahren zu Konflikten kam, gibt es in Estland gerade in konservativen Kreisen nach wie vor sicherheitspolitische Bedenken, die aus der estnischen Zustimmung zu sowjetischen Militärbasen im Land in der Zwischenkriegszeit mit den bekannten Folgen herrühren. Gleichzeitig gibt es aber auch Stimmen aus der Wirtschaft, die bei einer Zustimmung zur Trasse durch estnische Gewässer Geschäfte mit beiden Partnern von Nordstream, Deutschland und Rußland, wittern. Die früheren Umweltschutzzweifel werden derweil zerstreut, weil die erste Pipeline seit inzwischen mehr als einem Jahr ohne Zwischenfälle betrieben wird.

Daß die neuen Pipelines durch estnisches Gewässer verlaufen sollen, hängt mit zwei Faktoren zusammen: Erstens ist der Weg nach Westeuropa geographisch kürzer als durch finnisches Unterwassergebiet, das zweitens durch entschieden felsigeren Untergrund gekennzeichnet ist, was das Projekt also doppelt verteuern würde. Rußland, das seinerseits im großen Maße für die geordnete Staatsfinanzen vom Verkauf seiner Energieressourcen abhängig ist, fürchtet sich vor steigenden Preisen und damit verbundener größerer Sparsamkeit im Westen, meinen Beobachter.

Deutschland hat gegenüber den Esten zwei Trümpfe in der Hand. Erstens könnte es Estland bei dem geplanten Bau eines schon lange im Baltikum geplanten Flüssiggasspeichers unterstützen, der dann eben nicht nach Lettland gehen würde, wo ebenfalls Interesse als potentieller Standort bekundet wird. Zweitens hat Deutschland in der Eurozone, in der Estland eines der kleinsten und ärmsten Länder ist, einstweilen eine Führungsrolle, weshalb sich die Esten geneigt sehen könnten, sich mit Deutschland gut zu stellen. Und auch Rußland ist trotz aller historischen Belastungen in den vergangenen Jahren angesichts der Krisensituation in der EU ein zunehmend wichtiger Handelspartner geworden.

Es geht also offensichtlich vorwiegend darum, daß es Rußland und Deutschland gelingt, die Angst der Esten vor dem großen östlichen Nachbarn zu zerstreuen und ihn als verläßlichen Partner nicht nur erscheinen zu lassen.

Samstag, November 10, 2012

Waben für die Schule

Foto: Baulinks.de / Rehau
Einen interessanten Blickfang setzt das Architektenteam "Sirkel & Mall" in Valga: das neue Gebäude des neuen Berufsbildungs-zentrums in Valga (Valga Kutseõppekeskus) soll das erste energieeffiziente Gebäude in Estland sein. 550 Schülerinnen und Schüler werden hier weitergebildet. Ziel der Architekten war es einen Energieverbrauch für Heizung und Lüftung pro Quadratmeter und Jahr von nicht mehr als 120 kWh zu erreichen. In den Komplex sind auch ein Gästehaus und Konferenzräume integriert, auch eine Sauna fehlt nicht. Im Haus gibt es eine Autoreparaturwerkstatt, eine Betriebsküche, eine Holzwerkstatt, und einiges mehr. Zwei Trainingsgruppen werden sogar in Lettisch angeboten, um auch ein Angebot für die nord-lettische Region darstellen zu können. Die insgesamt 410 Fenster des Gebäudes wurden von der deutschen Firma Rehau geliefert. Fehlen ja wohl nur noch bienenfleissige Schüler ...

Infos: Baulinks / Rehau / Sirkel & Mall / Valga Kutseõppekeskus

Sonntag, Oktober 28, 2012

St. Olai im Oktoberlicht

Church of Saint Olaf by Guillaume Speurt
Church of Saint Olaf, a photo by Guillaume Speurt on Flickr.

Nicht nur in Deutschland ist vorübergehend Winter angesagt.
Das Foto stammt von Guillaume Speurt, der auch eine Art Reiseblog schreibt und dieses mit vielen Fotos versieht.

My Last Destination in Europe

Freitag, Oktober 26, 2012

Donnerstag, Oktober 25, 2012

The Arbiter

Noch haben wir keinen deutschen Filmtitel, noch viele Informationen über den Inhalt. Es spielt in England, ist aber eine Idee von Kadri Kõusaar und dort umgesetzt. Lassen wir also die Rohfassung als Treiler. Vielleicht eine der wichtigsten estnischen Beiträge zur Kinowelt im Moment, mal schauen:

The Arbiter Trailer from Kadri Kõusaar on Vimeo.

Die offizielle Homepage: The Arbiter

Dienstag, Oktober 23, 2012

Kiiking-News aus Germany

Ein neuer Beitrag zum "Kiiking" nach estnischem Vorbild. Vor einiger Zeit hier im Blog beschrieb Winfried Voigt seine Eigenbau-Versuche im eigenen Garten - nun gibt es eine neue filmische Dokumentation über den deutschen Kiiking-Fan, hier zu bewundern:

(notice:
licence for the music is limited to users in Germany - please excuse possible inconvenience)

Freitag, Oktober 19, 2012

Ansip zweifelt - ein wenig

In verschiedenen Medien ist es nachzulesen, was der estnische Regierungschef Andrus Ansip kürzlich zu Protokoll gab: die Risiken eines gemeinsam mit den Nachbarn Lettland und Litauen zu bauenden und zu finanzierenden Atomkraftwerks seien "erheblich gestiegen". Gemeint ist damit das klare Ergebnis der Volksabstimmung in Litauen zur Atomkraft, als 62.68% sich gegen einen aKW-Neubau aussprachen und 52,58% der Wahlberechtigten sich an der Abstimmung beteiligten.

Abb. aus einer Werbebroschüre der "ALSTOM"
Gleichzeitig meint Ansip aber, der Gegenwind für die Atomkraft könnte in Estland mehr Unterstützer für Pläne gewinnen, Ölschiefer noch weiter zu nutzen. Die französische Firma Alstom SA (ALO) hatte bereits im Januar 2011 einen Vertrag mit "Narva Elektrijaamad AS" zum Bau eines weiteren Ölschiefer-Dampfkraftwerks unterzeichnet. Angeblich soll der dort geplante Einsatz einer Wirbelschicht-Verbrennungsanlage effizienter und umweltschonender sein als die bisherigen Technologien zur Nutzung des Ölschiefers.
Ansip sprach sich allerdings dafür aus, das AKW in Litauen trotz "ungünstig" verlaufener Volksabstimmung in Litauen dennoch zu bauen.

Donnerstag, Oktober 18, 2012

Es ist Herbst

old town by Sami Keinänen
old town, a photo by Sami Keinänen on Flickr.

Und das war wohl noch nicht der trübste Tag in Tallinn.

Dienstag, Oktober 09, 2012

Heleri Saarik - “Kõik muusikud on kaabakad” in Korea

Das Busan Film Festival Center: BIFF Center and KNN Tower Und ein Film in der Kategorie Flash Forward aus Estland.
Heleri Saarik by Jens-Olaf
Heleri Saarik, a photo by Jens-Olaf on Flickr.

beim Busan Filmfestival in Korea, BIFF. Publikumsfragen.

Update:

Eine für das estnische Publikum gedachte Produktion, All Musicians are Bastards, nun auf einem internationalen Festival. Das ist harte Kost, zumal die Handlung eher einer Milieustudie gleicht, mit stark eingewobener künstlerischer Verfremdung. Es gibt surreale Szenen, die sich mit realistischer Darstellung (heftiger Alkoholkonsum) mischen. Wenn es um die moderne Musik im Film geht, so ist sie für indie-gewohnte Ohren nicht aussergewöhnlich, aber hier für das Busaner Publikum schon. Trotzdem blieben viele Kinobesucher bis zum Frage-Antwort-Teil. Selbst danach noch hatten einige ein großes Informationsbedürfnis, da Estland sehr unbekannt ist. Heleri Saarik im Gespräch auf der Straße in Haeundae, Busan: Heleri Saarik Kurze Begegnungen mit der Filmdirektorin, die auch betonte, dass der Film unter Freunden und in vertrauter Umgebung gespielt wurde. Musiker, Philosophen und andere. Und sie schilderte die Stimmung unter ihrer Generation. Dabei zeichnete sie ein eher düsteres Bild der gegenwärtigen Lage, zum Beispiel das Thema arbeiten woanders, im Ausland; ein Thema, das im Drehbuch eine Rolle spielt. Und auch in der Biografie der Direktorin. Zuerst hatte sie Landschaftsschutz und Geschichte studiert. Dann kam eine wilde Zeit in London, wo sich der Wunsch nach kreativer Arbeit durchsetzte. Am Ende war es das Filmemachen. Und dann doch wieder Estland. Eine Parallele zu Korea, wo es auch viele in den letzten Jahrzehnten in die USA und andere Länder zog. Heleri Saarik Der Film ist weiter im Gespräch und hat Chancen auf anderen Festivals gezeigt zu werden, aber davor haben erstmal die internationalen Veranstalter das letzte Wort. Heleri Saarik Aus dem BIFF-Magazin:

Samstag, Oktober 06, 2012

Senegals Sonne in Sillamäe

Senegalesisch-Französisch-Estnisch: eine bunte Mischung sicherlich. Zumal wenn der Betroffene, Fußballspieler Kassim Aidara, nicht in Tallinn, Pärnu oder Tartu engagiert ist, sondern in Sillamäe. Bei "Transfermarkt.de" ist nun ein ausführliches Interview mit ihm zu lesen.
Estland-Freunde werden vielleicht genau hinhören bzw. -lesen. Ob wirklich in Sillamäe ein besserer Fußball gespielt wird als in Tallinn, das zu beurteilen mag noch Insidern der estnischen Fußball-Szene überlassen bleiben. Was macht der Senegalese wenn ihm in Sillamäe zu langweilig wird? Er geht nach Narwa, die Aidara als "nächste Großstadt" bezeichnet, wo er Shoppen und ins Kino gehen könne. Er spricht offenbar nur Englisch, kein Estnisch oder Russisch - hat allerdings einen russischen Berater, der ihm die Verträge in Estland vermittelt hat. Der Verein werde vom Hafen der Stadt Sillamäe gesponsort, so Aidara - da sind die russischen Netzwerke wohl klar. Die Spieler seien deshalb zufrieden, weil der Präsident "recht großzügig" sei und "ein offenes Ohr für die Spieler" habe. Was das im Einzelfall heißt, bleibt im Interview offen.

Aidaras Einschätzung des estnischen im Vergleich zum deutschen Fußball: die besten drei estnischen Mannschaften könnten in der deutschen 3.Liga mithalten. Aber das Interview offenbart nicht alles - der Leser ahnt, dass ein Leben als Fußballer in Bereichen, wo keine großen Summen verdient werden können nicht einfach ist. Zu seinem vorhergehenden Aufenthalt in Tallinn sagt Aidara: "Ich habe in einem Appartement gelebt und bekam vom Vereins-Restaurant drei Mahlzeiten am Tag". Nach Privatleben klingt das nicht. Immerhin spielt hier das Thema Ausländerfeindlichkeit keine Rolle. Aber was macht er, wenn er nicht Fußball spielt? Antwort: "dann denke ich an Fußball und bin mit meiner Familie telefonisch in Kontakt." Wo lebt die Familie eigentlich, ist er verheiratet, oder meint er nur die Eltern? Das läßt das Interview leider offen.

Interview Transfermarkt  / Aktuelles zur estnischen Meistriliiga

Kommunalwahl in Estland

Das Ergebnis der Kommunalwahl in Estland vom 20. Oktober überrascht wenig. Die linksgerichtete Zentrumspartei erreichte landesweit 31,5%, die liberale Reformpartei 16,7%, die konservative Vaterlandsunion 13,9% und die Sozialdemokraten 7,5%. Alle weiteren Parteien blieben weit unter der 5%-Hürde. Das Parteiensystem Estlands hat sich damit weiter konsolidiert, es gibt keine neuen Parteien, keine Partei ist von der politischen Bildfläche verschwunden und es handelt sich bei allen politischen Kräften um solche, die auch auf der nationaler Ebene aktiv sind. Verschwunden ist damit nach den Umbrüchen der letzten Jahre etwa die Volksunion, die früher noch vor allem auf dem Land gewählt wurde. Diese Klientel legt offenbar keinen Wert auf eine eigene politische Stimme. Die Zentrumspartei konnte ihr Ergebnis von 2009 noch einmal verbessern, in der Hauptstadt Tallinn erhielt sie sogar nunmehr das zweite Mal eine absolute Mehrheit. Die Zentrumspartei kam hier auf 52,6%, die Vaterlandsunion auf 19,1%, die Reformpartei auf 10,6% und die Sozialdemokraten 9,9%. Hauptstadtbürgermeister Edgar Savisaar erhielt ebenfalls ein persönlich noch besseres Ergebnis als vor vier Jahren. Das inzwischen gesundheitlich angeschlagene Stadtoberhaupt ist seit zwei Jahrzehnten das enfant terrible der estnischen Politik. Savisaar war Regierungschef der Volksfront in der Umbruchzeit 1990 bis 1992. Seither entzweit er die Esten in jene, die ihn hassen und jene, die ihn trotz zahlreicher Skandale immer wieder wählen. Auch wenn der Bürgermeister im hervorragenden Abschneiden ein historisches Ergebnis sieht, darf nicht vergessen werden, daß der starken Zentrumspartei auf nationaler Ebene ein Koalitionspartner fehlt und sie auf kommunaler Ebene vor allem auch von ethnischen Russen bevorzugt wird. In Estland gibt es nach wie vor Nachfahren von aus der Sowjetzeit zugewanderten Russen, die keine Staatsbürgerschaft haben und teilweise auch nicht haben wollen, die aber bei Kommunalwahlen wahlberechtigt sind. Savisaar ist seit vielen Jahren bei dieser Bevölkerungsgruppe beliebt, während die Esten ihm seine Kontakte nach Rußland verübeln und sich beispielsweise über die fragwürdige Finanzierung einer russisch-orthodoxen Kirche im vorwiegend von Russen bewohnten Vorort Lasnamäe aufregen. Die Vaterlandsunion mauserte sich von beinahe verlorenem Posten in Tallinn auf ein ansehnlichen zweiten Platz unter ihrem Spitzenkandidaten Eerik-Niiles Kross, dem Sohn des vor einigen Jahren verstorbenen Schriftstellers Jaan Kross. In der zweitgrößten Stadt des Landes Tartu ist das Bild ebenfalls eindeutig aber ein ganz anderes als in der Hauptstadt. Die Reformpartei erhielt hier 28,1%, die Vaterlandsunion 21,0%, die Zentrumspartei 18,4% und die Sozialdemokraten 15,8%. Bislang regierte die Stadt eine Koalition aus der Reformpartei und der Vaterlandsunion, in der es zwischenzeitlich zu Konflikten kam, weshalb sich die Reformpartei zu einer breiten Koalition mit der bisherigen Opposition unter Ausschluß der Vaterlandsunion kam. Im Stadtrat hat die Reformpartei jetzt 18 Sitze, die Vaterlandsunion 13, die Zentrumspartei 9 und die Sozialdemokraten 8. Wie sehr die in Estland bei Kommunalwahlen wahlberechtigte russische Minderheit die Zentrumspartei bevorzugt, zeigt sich auch im nordostestnischen Landkreis Ida Virumaa. Hier erreicht die Zentrumspartei ebenfalls mit 53,0% die absolute Mehrheit, gefolgt von den Sozialdemokraten mit 21,3%. Die eher nationalistische Vaterlandsunion erreicht gerade einmal 3,9% und die auf der Landesebene führende Reformpartei von Ministerpräsident Andrus Ansip, der einst Bürgermeister von Tartu war, bekam gerade einmal 1,6%. Interessant ist in diesem Landkreis auch die Stadt Narva, die nach Einwohnerzahl immerhin drittgrößte Stadt des Landes, deren Einwohner aber zu deutlich über 90% Russen sind. Hier erreicht die Zentrumspartei sogar mehr als 60% der Stimmen und 20 Sitze im Stadtparlament. Zweitplaziert sind die Sozialdemokraten mit gut 35% und elf Sitzen. Alle anderen Parteien bleiben ausnahmslos unvertreten im Gemeindeparlament. Die Reformpartei des Regierungschefs hatte sich von vornherein so wenig Hoffnung auf Zustimmung im russisch bevölkerten Ida-Virumaa gemacht, daß sie hier gar nicht erst angetreten war. Nichtsdestotrotz ist der seit 2002 amtierende Bürgermeister Narvas von der Zentrumspartei Tarmo Tammiste nicht besonders beliebt in der Stadt. Er erhielt an direkten Stimmen gerade einmal 315. Dieser Umstand erklärt sich durch das Wahlsystem in Estland mit seiner Vorzugsstimme. Wähler entscheiden sich nicht für Parteien, sondern für Kandidaten. Durch ihre Stimmabgabe votieren sie indirekt auch für die Liste des ausgewählten Kandidaten. Der Amtsinhaber konnte hier in diesem Jahr noch weniger überzeugen als vor vier Jahren. Damit steht bereits fest, daß er als Bürgermeister nicht im Amt bleiben wird. Es ist nur offen, wer ihm nachfolgen soll.

Mittwoch, Oktober 03, 2012

"All Musicians Are Bastards"

Heleri Saarik stellt beim Busan International Film Festival am kommenden Wochenende ihre erste große Produktion vor.Estnisch: Kõik muusikud on kaabakad. Bisher war sie als Filmdirektorin diverser Musikvideos bekannt. Der Filmtitel passt also zum bisherigen Schaffen. Diesmal eine Produktion von allfilm, die im Oktober Premiere in Estland hat.
Auf Facebook. Heleri Saariks Videos auf vimeo Wandbanner in Busan verkünden die Filmdirektoren: Heleri Saarik Sonntag ist Premiere in Busan BIFF 2012 Sonntag ist Erstvorstellung: BIFF Busan

Mittwoch, September 26, 2012

"Purge" (2012) - der Film

Die Literatur als Vorlage, und zwar die gleichnamige Novelle von Sofi Oksanen. (Oksanen im Estland-Blog). Allerdings ist das der englische Titel. Deutsch unter "Fegefeuer" bekannt, und Estnisch heißt das Buch Puhdistus. Der finnische Filmdirektor Antti Jokinen hat den Stoff für das Kino umgesetzt, mit finnischen Schauspielern, die Handlung spielt in Estland. Der Film wird Anfang Oktober beim koreanischen Filmfestival BIFF in Busan vertreten sein.
Celebrating its international premiere in Busan is Antti Jokinen’s strong drama PURGE, which took both audience and critics by storm, when it premiered domestically in Finland last Friday. Starring some of the most respected Finnish talents, PURGE is an adaption for screen based by Sofi Oksanen's novel PURGE, which has been translated into 40 languages as well as awarded internationally several times, winning among others the Nordic Council Literature Prize 2010 and the European Book Prize 2010. Producer is Markus Selin for Solar Films.
SolarisfilmBusan Der Treiler: Über das Filmen in Estland: On location in Estonia at filming of Sofi Oksanen’s Purge Interview mit dem Filmdirektor Jokinen: Love and Redemption in Antti Jokinen’s Purge

Montag, September 24, 2012

Estnische Fossilien musikalisch

Die eigentlich nur für Fachleute gedachte Information über die Zusammenarbeit zwischen schwedischen, finnischen und estnischen Archäologen erregte kürzlich in ganz anderen Kreisen Aufmerksamkeit: die Wissenschaftler offenbarten durch die Benennung eines in Schweden und Estland entdeckten Fossils ihre Vorliebe für Heavy-Metal-Musik. "Kingnites diamondi" - gemeint ist ein Millionen Jahre altes Wurmfossil - sei gleichzeitig ein Hinweis auf die dänische Metal-Band "King Diamond".
Gut und schön, sagt da der Estland-Interessierte. Die Esten waren offenbar an der Namensfindung beteiligt und können sich beim nächsten Fund vielleicht mal besser durchsetzen: es gibt doch so viele gute estnische Musiker (es muss ja nicht immer Heavy Metall sein... - oder sehen die Akteure hier am ehesten wie Fossilien aus?).

Sonntag, September 09, 2012

Estlands Vogelzug

Unaufhaltsam wird es Herbst. Das ist an den kürzer werdenden Tagen zu merken. Oder daran, dass die Zugvögel sich wieder auf den Weg Richtung Süden machen.

Estnische Vogelschützer haben einige Vögel mit Sendern ausgestattet, so dass genau nachvollzogen werden kann, wo sie sich jeweils befinden. Einbezogen sind auch die Nachbarländer.
Solche Aufgaben nehmen zum Beispiel die Fischadler Erika, Piret und Ilze wahr, ebenso wie die Schwarzstörche Raivo, Priido und Pirsu und die Schreiadler Karin und Magnus.
Vor einigen Tagen wurden die aktuellen Ortsangaben eingetragen, so dass nun klar ist, dass die Fischadler Erika und Piret sich bereits über Ägypten befinden, der Schwarzstorch Raivo folgt dichtauf.
Schelladler "Iti" dagegen befinden sich noch in Estland, die Seeadler "Sillu" und "Meelis" sind dieses Jahr erst geboren und werden dann demnächst wohl auch noch ihren Zugweg finden.

Wer das mitverfolgen möchte, kann dies hier tun ...

Mittwoch, September 05, 2012

Finnen mit estnischen Sponsoren

Vom estnischen Tourismusamt bisher als "Platz für
eine schöne Aussicht" beworben: Sprunganlage
in Otepää. In Zukunft gibt es offenbar erweiterte
estnische Möglichkeiten.
Erfolge waren für die finnischen Skispringer in den vergangenen zwei Wintern selten geworden. Nachdem Janne Ahonen seine Karriere beendete, und auch die besten Tage von Matti Hautamäki lange vorüber zu sein scheinen, sucht der 2010 neu ins Amt gekommene Nationaltrainer Pekka Niemelä nun neue Wege und Konzepte. Aber zuletzt kam einiges Verletzungspech dazu, und Nachwuchstalente wie Harri Olli fielen eher durch schlechtes Benehmen als durch sportliche Erfolge auf. Da der finnische Skiverband die Finanzierung kürzte, sahen finnische Skisprungfans zuletzt auch keine Besserung in Sicht.

Nun aber zeichnet sich, einem Bericht auf "Skispringen.com" zufolge, eine estnisch-finnische Kooperation ab. Estnische Skispringer? Gut, bei Weltcups und der Vierschanzentournee nahmen zuletzt auch vereinzelt estnische Springer teil. Aber können Finnen von ihnen sportlich was lernen? Da ist ein Zitat vom erwähnten Sportportal aufschlußreich: "Während Team Estland vom Service-Material und Know-How der erfahrenen Finnen profitieren soll, erhält die stark angeschlagene finnische Mannschaft im Gegenzug finanzielle Unterstützung."

Estnische Sponsoren also für finnische Sportler. Die Meldung weiß außerdem zu betonen, dass beide Nationen weiterhin unter eigener Flagge antreten werden (siehe Hymne). Vielleicht wäre "Finn-Eesti-Ugria" mal eine Idee.
Auf Facebook hat die Fanseite "Skisprungteam Estland" gerade mal einen Fan - den Gründer der Seite, nehme ich an.

Donnerstag, August 09, 2012

Drachen für Deutschland und die Welt

Offenbar gute Chancen haben Freunde estnischer Musik, in Zukunft einfacher an Konzerttermine und Musikproduktionen von "Ewert & the Two Dragons" zu kommen. Wie "Musikmarkt" meldet, unterzeichneten die vier (Ewert Sundja, Erki Pärnoja, Kristjan Kallas und Ivo Etti) kürzlich einen Vertrag mit der renommierten Musikproduktionsunternehmen BMG Germany (= Bertelsmann Music Group = Sony & Bertelsmann). "Eine der vielversprechendsten Indie-Folk-Entdeckungen in Europa" werden sie dort gepriesen - wohl auch, weil die gerade laufende Tour (mit Konzertterminen u.a. in Nürnberg, Haltern, Hamburg, Basel, Winterthur und St.Pölten) noch ein wenig Promotion gut gebrauchen kann.
Weiterhin hilft wohl auch, dass Fans - oder solche, die es werden wollen - fast leichter an Fanartikel rankommen als an die Band (siehe Webseite). Also egal, was man von dieser Art Musik halten mag: erfolgreich sind sie unbestritten in zwei Disziplinen: einerseits hier und da mal wieder Aufmerksamkeit für Estland zu erzielen, andererseits bei der Kommerzialisierung des eigenen Tuns. Infos über die Band? Eher weniger. Aber Fanseiten auf Facebook, Myspace, Youtube, überall wo es gilt präsent zu sein. Aufs Estnische setzen die vier Jungs allerdings kaum: die Songs auf den meistverkauften CDs sind durchweg Englisch.

Mittwoch, August 08, 2012

Junge, Junge! pronksmedali!





Hat es jemals einen Titelkampf im Diskuswerfen gegeben, bei dem so viele Würfe die 65Meter übertrafen? Gerd Kanter sichert Estland immerhin Bronze. Võimas! jubelt die estnische Presse.


Webseite Gerd Kanter

Ausführliche biographische Daten (estnisch)

Galerie der estnischen Olympiateilnehmer/innen

Montag, August 06, 2012

Junge, Junge! Was für ein Draama

So viele Chancen auf Edelmetall sind für Estland bei dieser Olympiade nicht dabei. Viele hoffen auf Gerd Kanter, den Diskuswerfer. Dafür müssen die Werfer sich aber mit maximal drei Versuchen einen Tag vor dem Finale qualifizieren. Die Konkurrenz ist hart. Und ..., Gerd macht den ersten Versuch ungültig. Dann der zweite, unter 60m. Damit scheidet man unter ferner liefen aus. Und dann haut er den Diskus auf Bestweite im Feld der beiden Startergruppen. Morgen wird es spannend. Leider sind die Esten Israel und Tammert in diesem Wettbewerb nicht weiter gekommen. Delfi.ee: MILLINE DRAAMA! Kanter pääses lõppvõistlusele viimase katsega!

Mittwoch, August 01, 2012

Välisminister Urmas Paet

Der Aussenminister trifft den UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon in New York. Nur mal so gepostet, denn die Estland-Korea Posts sind eh schon überproportional im Estland-Blog vertreten.
Aber im Ernst, Estland hat Ambitionen, auch mal im UN-Sicherheitsrat mitzuwirken.

Samstag, Juli 21, 2012

Paljassaare

"kalevkevad" erforscht unermüdlich Tallinn. Das hier von der Halbinsel Paljassaare.
Wikipedia:
"Über Jahrzehnte waren große Teile der Halbinsel militärisches Sperrgebiet. Bereits 1912 wurde mit dem Bau einer russischen Seefestung begonnen. Zum Kai des Kriegshafens der Seefestung führte eine kleine Eisenbahn. Während der sowjetischen Besetzung Estlands entstand auf Paljassaare ein kleiner Wohnbezirk. Dort wurden auch ein Fischereihafen (Paljassaare sadam) und die zentrale Pumpstation der Stadt Tallinn angelegt.

Paljassaare wird heute teilweise als Industrie- und Hafengebiet genutzt und ist im Norden Naturschutzzone."

Hoppla, was für ein Zufall; gerade habe ich mal nachgesehen, was denn Kadri Kõusaar so treibt: Photoshooting in Paljassaare. _MG_0689u1 Hier das ganze Album Paljassaare 2012

Dienstag, Juli 10, 2012

"Märchen-Jungfrau"

Fair maiden at the top by BuddaBoy
Fair maiden at the top, a photo by BuddaBoy on Flickr.

Aufgenommen von einer Gruppe von der Insel (UK). Eine geplante Stag-Party für einen Freund. Das wollen also manche sehen. Ich find es in diesem Fall okay. Hier das Album zu Jim's Stag Do.

Bier spielt natürlich eine Rolle.

Freitag, Juli 06, 2012

2012 waren wir in Lüneburg ...

Die Internationalen Hansetage 2012 fanden rund um das vergangene Wochenende in Lüneburg statt, seit 1412 zum 600.mal. Allerdings heisst die veranstaltende Vereinigung inzwischen "Neue Hanse", 1980 neu gegründet, mit - nach eigenen Angaben - inzwischen 176 Mitgliedsstädten. Hier im Blog waren unter anderem Bilder vom Hansetag 2006 in Osnabrück zu sehen. "Jedes Jahr werden es mehr Teilnehmer" meint Lüneburgs OB Ulrich Mädge, "und bis ins Jahr 2038 haben wir schon Voranmeldungen der Ausrichterstädte".
Nach Pärnu 2010 und Kaunas 2011 tourt das Hanseanliegen nun noch ein paar Jahre durch Deutschland: 2013 wird das westfälische Herford an der Reihe sein, 2014 Lübeck, bevor es 2015 wieder nach Viljandi in Estland gehen wird.

Estnische Gäste in Lüneburg:
Piret Aus und Ülle Jantson
Ein paar Eindrücke vom Hansetrubel: erstaunlicherweise wirkt die Lüneburger Altstadt fast zu groß, um die Massen aufzunehmen. Zwar gab es einzelne Abschnitte, wo sich die einzelnen Städte Zelt an Zelt darstellten, aber dazwischen fanden sich auch immer Straßen, die entweder völlig leer, oder die eben den üblichen Einkaufsrush zu bieten hatten: die Hansetage waren als verkaufsoffenes Wochenende gestaltet - was vermutlich auch denen entgegen kam, die neben ihrem musikalischen Gastauftritt auch noch dringende Besorgungen ins Auge gefasst hatten.
Lederhandwerker aus Tartu
Dabei gab es mehrere mögliche Auftrittsformen für die Gäste: teilweise etwas abseits, von Sperrgittern abgeschirmt, und auf deutlich angehobener Ebene fast über den Köpfen der Gäste waren die großen Bühnen angeordnet. Während hier morgens die zarten Töne einer Kannel sich Geltung zu verschaffen versuchten, sang nachmittags im selben Setting Mary Roos mit Band, und abends rockten hier Ted Herold und Geier Sturzflug. Zudem waren auf den verschiedenen Bühnen nicht immer Moderatoren im Einsatz (in schlichter Funktion als "Ansager" hätte gereicht), so dass diejenigen Bühnen, wo solcher Service zuverlässig vorhanden war, besonders angenehm wirkten (sicher auch für Deutsch-unkundige Gastmusiker). Aber es gab auch immer wieder "Musik am Zelt" - Musiker/innen unterstützten den Auftritt ihrer Stadt - und das kam immer gut an. Und nur die wirklich großen Bühnen waren so abgeriegelt und vom gemeinen Publikum etwas abgehoben - alles anderes mischte sich bunt durcheinander: Musiker, Gäste, Kunsthandwerker, Städtepräsentationen und spezielle Vorführungen. Estnische Beteiligung gab es auch bei "HanseArtWorks", einer Ausstellung künstlerischer Arbeiten (aus Pärnu Janno Bergmann, aus Tallinn Siim Tanel Annus, aus Tartu Markus Kasemaa und aus Viljandi Priit Pangsepp). Und auch beim "Hanse-Hornfest" gab es kräftige Unterstützung aus Estland.

Erstaunlich, wie oft in den Altstadtstraßen von Lüneburg Menschen anzutreffen waren, die bereits mehrere Hansetage besucht hatten. Vielleicht sind dies gerade die Menschen aus kleineren deutschen Hansestädten, die diese Möglichkeit als Treffpunkt und Möglichkeit zum Kennenlernen und Austausch gerne wahrnehmen. So ist es 2013 dann Herford, eine international sicher nicht allzu bekannte Stadt, die als Veranstalter der nächsten Internationalen Hansetage die Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird.

Piret Aus und Ülle Jantson from Albert Caspari on Vimeo.

mehr Fotos

Webseite Hansetage Lüneburg

Samstag, Juni 30, 2012

Traditionen auf Kihnu

Traditions kept on Kihnu by kalevkevad
Traditions kept on Kihnu, a photo by kalevkevad on Flickr.

Mittsommertage auf der Insel Kihnu. Der Norweger "kalevkevad" ist dort gelegentlich zur Johannesfeier unterwegs.

Dienstag, Juni 26, 2012

Dem europäischen Mittelmaß angenähert ...

Keine Angst hat der Schweizer Fußballmeister FC Basel offenbar vor dem Mitte Juli zu erwartenden Gegner in der Qualifikation zur Champions-League. Ob das an dem durch den Testspiel-Sieg gegen Deutschland gehobenen Fußball-Selbstbewußtsein der Alphornbläser liegen kann? Flora Tallinn sei zwar neunfacher estnischer Meister, habe aber erst einmal die erste Qualifikationsrunde überstanden, weiß die Neue Züricher Zeitung. Bei Flora Tallinn seien  sechs Spieler des aktuellen estnischen Nationalteams zu finden, und dieses habe sich in den letzten Jahren "dem europäischen Mittelmaß angenähert", so die Einschätzung. "Unterschätzen verboten", empfielt aber dennoch die Basler Zeitung. "Ein wenig bekannter Underdog" meint ein Kommentar des Schweizer Fernsehens (SF). Immerhin gibt man dort zu bedenken, dass Flora Tallinn zwar im vergangenen Jahr knapp an den Shamrock Rovers aus Irland gescheitert seien, diese dann aber als erster irischer Club überhaupt an der Gruppenphase der Championsleague teilgenommen haben.

In der Qualifikation zur Euro-League wird es gleich zwei "baltische Duelle" geben. Einmal zwischen dem FC Šiauliai (Litauen) und FC Levadia Tallinn (Estland), und auch zwischen dem FK Sūduva aus Litauen und FC Daugava aus Lettland. Die Spieltermine sind hier für den 5.7. und 12.7. angesetzt. "Levadia Tallinn" (früher "Levadia Maardu" genannt) ist benannt nach dem aus der Ukraine stammenden Clubpräsident und Geschäftsmann Viktor Levada, der zuletzt durch finanzielle Schwierigkeiten der ihm gehörenden Firmen in die Schlagzeilen der estnischen Presse geriet.

Webseite FC Flora Tallinn / UEFA Auslosungsergebnisse  / Euro-League Auslosung
Webseite FC Levadia Tallinn

Sonntag, Juni 24, 2012

Võidupüha paraad

23. Juni Cesis, der Sieg über die deutsche Landeswehr im Freiheitskrieg - 1919. Das ist ein traditioneller Feiertag in Estland und wurde jetzt mit einer Parade in Pärnu gewürdigt.

Mittlerweile gibt es auch eine übersichtlichen Wikipedia-Artikel dazu. Die Schlacht von Wenden:
Am 19. Juni eröffnete die Eiserne Division die Kämpfe mit einer Attacke auf die estnischen Positionen nahe Limbaži.[2] Bei Straupe geriet der Angriff ins Stocken. Am 21. Juni griff die Landeswehr von Cēsis aus in drei Angriffskolonnen an. Die rechte Gruppe sollte über Rauna vorgehen, die linke entlang der Straße nach Valmiera. Als Aufgabe der mittleren Gruppe war vorgesehen, zwischen den Flügeln vorzugehen und die Bahnlinie Walk – Valmiera zu sperren. Die Angriffe der Landeswehr kamen besonders bei der linken Angriffsgruppe am Bahnhof Lode ins Stocken. Estnische Verstärkungen wurden direkt von der Bahnrampe ins Gefecht geführt. Nach dem Scheitern des Durchbruchs war die linke Flanke infolge einer Niederlage bei der Eisernen Division gefährdet, was zum beschleunigtem Rückzug der Landeswehr am 23. Juni führte.

Dienstag, Juni 05, 2012

Unterwegs

IMG_2731 by xmacex
IMG_2731, a photo by xmacex on Flickr.

Mace Ojala, wahrscheinlich aus Finnland, hat die Estland-Tour festgehalten. Dabei mal andere Perspektiven.

Freitag, Juni 01, 2012

Endlich: Estland jetzt Vorbild für deutsche Linke!

Das Erscheinen der deutschen Piratenpartei auf der politischen Bildfläche hat offenbar manche festgefahrene Strukturen durcheinandergebracht. Wer wie Ex-Szenen-Ikone und Berlin-Bärchen Wowereit noch hoch zu Ross verkündet: "Parlamentarismus muss man lernen!" (bei Markus Lanz, 31.5.12) aber selbst Riesenpleiten wie beim Berliner Flughafenneubau hinlegt, der darf sich wohl über Popularitätsverlust nicht wundern.
Noch mehr beunruhigt sind aber diejenigen, die sich gern als politisches "Zünglein an der Waage" sähen, wenn denn endlich die Regierung Merkel ernsthaft ins Wanken gerät (oder Neuwahlen anstehen). "Linke" wie "Grüne" sehen es teilweise ähnlich wie Wowereits öffentliche Äußerungen klingen - und andererseits versucht man doch mit Argumenten nachzurüsten. Und da auch bei der einst streng staatssozialistischen Linken inzwischen nicht nur das personelle Chaos eingetreten ist (weder Oskar noch Sarah wollen die Einheitspartei führen), manche gar Schlimmeres befürchten (DDR-Anwalt Gysi befürchtet die Spaltung -siehe FOCUS), versuchen andere die von den Piraten aufgeworfenen Themen zu bearbeiten und selbst für sich zu nutzen.
NRW-Oberpirat Joachim Paul argumentierte selbst sogar noch während der "Elefantenrunde" der NRW-Spitzenkandidaten schon mit einem "Modell Tallinn", dass dort auch erst in der Planung ist (gemeint ist der fahrscheinlose Zugang zu Bus und Straßenbahn). Andere denken sich aber offenbar: na, wenn die (Piraten) trotzdem gewählt werden, versuche ich mal auf derselben Welle zu surfen.

So argumentiert neuerdings die Fraktion "Die Linke" im hessischen Landtag mit dem Vorbild Estland. Ihr dort in dieser Woche eingebrachter Antrag formuliert es so: "Ein freies WLAN für alle, das einen schnellen Internetzugang jederzeit und an jedem Ort ermöglicht, stellt einen wichtigen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge dar." Und weiter, als Begründung dafür: "Beispielsweise in Estland haben Einwohnerinnen und Einwohner einen gesetzlich garantierten Anspruch auf kostenlosen Zugang ins Internet. Im ganzen Land sind dort fast 2.000 Drahtlos-Zugangspunkte und 700 öffentliche Terminals installiert. Die Folge sind hervorragende Ansiedlungsbedingungen für Unternehmen – nicht nur der Informations- und Kommunikationselektronik. Im Vergleich dazu ist Deutschland, ist Hessen ein Entwicklungsland." (siehe auch: ausführliche Begründung)

Bahnbrechende Erkenntnisse! Ob sich die Vertreter der LINKEN denn schon bei der estnischen Regierung für diese vorausschauende Politik bedankt haben? Oder den Nutzen für die Bevölkerung Estlands im Vergleich zu den trost- und perspektivlosen Sowjetzeiten gelobt haben?
Vielleicht mag man sich mit weiteren Wlan-Fans verbünden. Buchautor Markus Albers schrieb schon 2008 in seinem Blog von "Tallinn, der modernsten Stadt der Welt." Soweit möchten wir heute noch nicht gehen - aber schon geht die Diskussion einen Schritt weiter. Die hessischen GRÜNEN schalten sich per Presseerklärung in die Diskussion ein (siehe auch: Hessen-Tageblatt) und möchten sich gerne als die besseren "Estland-Versteher" gewürdigt sehen. Nicht das Wlan sei umsonst, sondern nur der Internet-Zugang, wollen die Hessengrünen wissen.

Also, Estland-Urlauber, aufgepasst: wenn sie demnächst gemütlich in einem Café in der Tallinner Altstadt sitzen, und neben ihnen wird ein Laptop aufgeklappt, bitte nicht wundern wenn diese Wlan-Probierer dann vielleicht vermehrt auch die roten Flaggen oder die Sonnenblume tragen. Sowas nennt sich dann "berufliche Weiterbildung", jahreszeitlich angepaßt.

Mittwoch, Mai 30, 2012

Ziel Olympiade

Zehnkampf, Götzis, das legendäre Meeting am Anfang der Saison in Österreich. Weltrekordversuche sind nicht selten. Der deutsche Zehnkämpfer versuchte sich diesmal an seiner Bestmarke von über 8400 Punkten. Fast hätte er es geschafft. Und scheinbar hat sich die Wintervorbereitung in Estland gelohnt. Er hat dort einen estnischen Trainigspartner, Andres Raja. Beide waren bei der WM in Daegu im letzten Jahr. Aber nicht nur in Estland trainieren sie, auch Südafrika stand auf dem Programm. Ein bisschen Narzismus kann nicht schaden, das gehört zur Leichtathletik. !) PascalZehnkampf auf Youtube. Leichtathletik.de:
Dass der Este Erki Nool, Olympiasieger 2000 in Sydney (Australien), seine Anfrage zunächst wegen Zeitmangel ablehnte, schreckte Pascal Behrenbruch nicht ab. Über einen gemeinsamen Bekannten erreichte er ein dreitägiges Probetraining in Tallinn. Auch dass ihn der 42-Jährige mit einer Bestleistung von 8.815 Punkten richtig hart rannahm und ihm anschließend einen mehr als anspruchsvollen Trainingsplan mit nach Hause gab - Pascal Behrenbruch zog durch und schließlich auch um. „Am 1. November habe ich mein Auto vollgepackt, den Hund reingesetzt und bin über Lübeck und Helsinki mit der Fähre nach Tallinn gereist.“ Und dort ist er geblieben. Kurz nach seiner Ankunft stellte ihm Erki Nool seinen ehemaligen Trainer Andrei Nazarov vor, der einen Teil der Betreuung übernahm. Während Pascal Behrenbruch zu Beginn die Laufdisziplinen und den Stabhochsprung mit Erki Nool trainierte, hat heute Andrei Nazarov fast das ganze Training übernommen. „Erki kommt heute nur noch manchmal zum Stabhochsprung vorbei und ist immer eine große Motivation für mich“, sagt Pascal Behrenbruch.
Der ganze Artikel hier: Hundert volle Prozent. Im Januar: Trainingspartner Andres Raja in Daegu 2011: Andres Raja

Donnerstag, Mai 24, 2012

Estland und Azerbaijan

Etwas zwiespältig erscheint die Berichterstattung aus Baku in dieser Woche, wo der Eurovision Song Contest (ESC) dieses Jahr ausgetragen wird. Von Menschenrechtsverletzungen und fehlender Pressefreiheit ist die Rede. Heute tritt Ott Lepland im 2.Halbfinale für Estland an, und was gibt das estnische Aussenministerium zum Thema "Azerbaijan" bekannt?

"Azerbaijan eröffnet e-Government Plattform, geschaffen von estnischen Firmen." Nun kann man sich fragen, was dieser Versuch bedeuten soll: der Beweis dass der europäische Trällerwettbewerb doch etas mit Politik zu tun hat? Oder die Aufforderung an die estnische Presse, nicht allzu kritisch zu berichten falls Lepland das Finale nicht erreichen sollte? Oder eher der Versuch zu zeigen "wir haben auch dann noch etwas zu bieten wenn wir die Show verlieren sollten?"

Na gut, letztes Jahr wurde Getter Jaani von der internationalen Presse zur Favoritin geschrieben und stürzte steil ab. Mal sehen, was dieses Jahr in Baku passiert.
Wen das nicht kümmert, besucht vielleicht die "Routes Europe", die dieser Tage in Tallinn stattfindet. Die größte europäische Veranstaltung zum Thema Streckenentwicklung aller Zeiten, heißt es in der Luftfahrtbranche. Oder, wie das "Fly-in-Magazin" es ausdrückt: "nach dem Eurovision Song Contest 2002 die zweitgrösste Veranstaltung, die jemals in Estland stattgefunden hat." Und schon erscheint Baku wieder ein klein wenig unbedeutender.

Zusatz: 
auch in Estland gibt es andere Berichte zu Azərbaycan (Aserbaidschan)

Samstag, Mai 19, 2012

Domainklau aus Estland?

An verschiedenen Stellen in deutschen Regionalzeitungen und auf Radgeberportalen sind Geschichten zu lesen denen zufolge regionale Webdomains auf angeblich nebulöse Weise in fremde Hände geraten können. Auch Anwälte wie Thomas Meier schalten schon Ratgeberseiten: "Wie man eine geklaute Domain zurück holt." Rechtsanwalt Meier beschreibt den Vorgang so: "Man bekommt keine Emails mehr und stellt fest: der eigene Provider hat die Domain verkauft, versehentlich übertragen oder einfach verloren." Erwähnt wird dabei eine offenbar häufig vorkommende Variante: neuer Inhaber ist eine Maie Nuckoes FIE aus Estland.
Auch Warnhinweise einiger Geschädigter (hier: Erich) sind nicht schwer zu finden.
Und fast gleichzeitig gibt es Hinweise auf Domainnamen, die "Maie Nuckoes" angeblich verkauft: ein Beispiel. Legal oder illegal? Manche Domain-Abfragen ("Whois") ergeben, dass unter diesem mysteriösen Namen viele Tausend Domains registriert sind. Von Schulen über Shoppingseiten bis zur Freibad-Domain der kleinen Gemeinde Ganderkesee, wie der "Weser-Kurier" aktuell berichtet. Ob die Überschrift "Seite in estnischer Hand" stimmt, läßt sich schlecht überprüfen - der Admin sitzt meist in Berlin, Personenüberprüfungen sollen angeblich ins Leere laufen. Welche Kriminelle ("Domaingrabber") es auch immer sind: treffend ist die Warnung vor kriminellen Machenschaften, und Vorsicht hier etwas teuer zurückkaufen zu wollen. Wer mehr weiß, möge es hier ergänzen.

Weitere Infos zu Domaingrabbing: Rackblogger, "The-ba-Blog", Internetworld.

Über in Estland registrierte Domains: estnische Internet Foundation

Samstag, Mai 12, 2012

Türgi välisminister

Ob das deutsche Auswärtige Amt auch solche Fotos auf seiner Webseite veröffentlichen würde, mit einer Commons-Lizens versehen?
Nun, das hier ist der Empfang für den türkischen Aussenminister auf dem Lennart-Meri-Flughafen.

Update: Und vor diesem Besuch gab es bereits den gemeinsamen Nordic-Walk in der Türkei, in Istanbul. Die Beziehungen zwischen der Türkei und Estland scheinen gut zu sein. Die Esten erinnern auf der Botschaftsseite daran, dass in der Vorkriegszeit die Türkei nicht allzu viele diplomatische Vertretungen im Ausland hatte, aber Estland gehörte dazu. Hier knüpft man nun an: Estland unterstützt eher, als bremst, die Annäherung der Türkei an EU-Europa. Nordic walk in Istanbul

Freitag, Mai 11, 2012

Lasnamäe im Frühjahr

Lasnamäe, Priisle centre by MissTerje
Lasnamäe, Priisle centre, a photo by MissTerje on Flickr.

Priisle Zentrum. Mal schauen,was Miss Terje in Zukunft noch auf Lager hat. Das ist eine ihrer ersten Aufnahmen im Photostream.
Lasnamäe, einer der großen Vorstadtbezirke Tallinns.

Dienstag, Mai 08, 2012

Lüneburg bereitet sich auf Hansetag vor

"Wer das verpaßt, muss 176 Jahre warten, bis wir zum nächsten Mal mit der Ausrichtung an der Reihe wären!"







So selbstbewußt wirbt eine Mitarbeiterin des Projektbüros "Hansetag" in Lüneburg (der Partnerstadt von Tartu) im Norddeutschen Fernsehen (siehe Clip)
Der Hansetag feiert vom 28.Juni bis 1.Juli 2012 in Lüneburg sein 600-jähriges Jubiläum. Der erste Hansetag in Lüneburg fand 1412 statt. Näheres zum Ablauf und Programm:
Programminfos als PDF   --- Webseite des Hansetags in Lüneburg

Freitag, April 27, 2012

Ein klassisches Motiv

Aber hier kommt der Mittelalter-Charakter der Altstadt gut rüber. Das Rathaus mit dem Turm vor allem und auch rechts ein Haus mit gotischen Fensterbögen.

Sonntag, April 22, 2012

Nationale Unglücke

Die Love Parade von Duisburg wird so eines sein. Männiku plahvatus ist so was für Estland. Nicht der Untergang der Estonia, aber ein Unglück in der ersten Unabhängigkeitszeit. 1936, da waren Deutsche und Esten noch an vielen Projekten zusammen beteiligt. Und so waren die Opfer auf beiden Seiten. Militärische Forschung war der Auslöser, eine Explosion in Männiku in Tallinn. Am Ende wurden sie getrennt durch die Zeitläufte. Männiku plahvatus Die Nachrufe: Männiku plahvatus Darüber gibt es kaum deutschsprachige Internetquellen. Nur estnische.