Dienstag, Dezember 26, 2017

Bilanz auf estnisch

Aus deutscher Sicht mag die Art, wie die Esten ihre EU-Präsidentschaft bilanzieren, auf eine gewisse Art verlockend wirken: jeder versteht inzwischen wohl den Spruch vom "Size doen't matter" und wird zukünftig kaum mehr behaupten, die Estinnen und Esten hätte Leistungen und Erfolge nur deshalb erreichen können, weil das Land so klein sei. Früher als geplant musste Estland nach der Brexit-Entscheidung der Briten die EU-Präsidentschaft übernehmen und verkündet zum Abschluß sogar: alle Aufgaben erledigt, die EU-Bürokratie am Laufen gehalten, und dabei noch Geld gespart!

Estland habe 7 Millionen weniger ausgegeben als im Haushalt vorgesehen, so berichtete es Piret Lilleväli, stellvertretende Direktorin der estnischen EU-Ratspräsidentschaft, der Presse, und auch für den EU-Digitalisierungsgipfel seien nur 3,4 und nicht 4 Millionen Euro benötigt worden. Insgesamt haben 1300 Menschen im Rahmen der estnischen EU-Präsidentschaft gearbeitet, - "Und diese Menschen haben viel dafür getan, Estland in Europa noch bekannter zu machen," so Lillevälli (ERR).

Ungewöhnlich: in Tallinn posierte Kanzlerin Merkel als
Aussenseiterin
Der Abschlußbericht der Estnischen EU-Präsidentschaft enthält noch eine ganze Reihe weiterer Zahlen: 275 EU-Veranstaltungen galt es in Tallinn zu organisieren,in diesem Rahmen besuchten 34.000 Menschen Tallinn, darunter 27.000 Gäste aus dem Ausland. Der sogenannte "Digitalgipfel" am 28./29. September versammelte 25 der 27 EU-Staatschefs in der estnischen Hauptstadt. Der Medienpartner der estnischen Präsidentschaft, "Estonian Public Broadcasting - ERR" produzierte 400 Stunden Fernsehmaterial, davon 42 Stunden Live-Übertragung. Und: es haben, offiziellen Zahlen zufolge, nur 800 Polizisten ausgereicht, um den Ablauf sicher zu gewährleisten.

Die estnische EU-Präsidentschaft endet am 31.12. 2017 - es übernimmt dann Bulgarien. Für Estland beginnt aber ein anderes, sehr besonderes Jahr: das 100. seit der Unabhängigkeitserklärung am 24.2.1918.

Mittwoch, Dezember 20, 2017

Auf zu vierundzwanzig!

Das Jahr 2011 war für Tallinn ein herausragendes Jahr: die estnische Hauptstadt als Europäische Kulturhauptstadt, gleichzeitig wurde in Estland der Euro eingeführt. Zudem war das finnische Turku  gleichzeitig ebenfalls Kulturhauptstadt - ein echt nordosteuropäischer Fokus also damals.

Nun ist klar: das nächste estnische Kulturhauptstadtjahr wird 2024 sein. Dem entsprechend kündigte das estnische Kulturministerium zusammen mit dem Verband der estnischen Städte einen Wettbewerb an, um zu einer Entscheidung zu kommen welche estnische Stadt es werden soll (ERR). Für Kenner der traditionellen Verhältnisse unter den Städten Estlands dürfte es dabei einen großen Favorit geben: Tartu.  Zwar werden gelegentlich auch andere Ideen genannt (Viljandi - gemäß "The Baltic Guide" estnische Kulturhauptstadt), aber es ist anzunehmen, dass Tartu auf keinen Fall noch länger als 13 lange Jahre Tallinn nachstehen möchte ...

Die Entscheidung darüber soll aber erst im Herbst 2019 fallen. Eine weitere Europäische Kulturhauptstadt für das Jahr 2024 wird Österreich benennen.

Mittwoch, Dezember 06, 2017

Bitte kein Verlustgepäck!

Estinnen und Esten mögen ja vielleicht denken, überall - außer in Estland - könnte es langweilig sein. Jedenfalls sind die Verkehrswege voller - Staus, Verzögerungen, Verspätungen. So war es vielleicht ein gelangweilter estnischer Fluggast, der irgendwo auf der Welt, gehindert am Rückflug nach Hause, sich seinen Koffer nahm und diesen als Spielgrund für vielleicht sein Schach- oder Mühlespiel nutzte, um sich die Zeit kurzweiliger zu gestalten - könnte ja sein, dass der Akku des Smartphones schon lange leer war.

Und irgendwie so - oder so ähnlich - könnte die Idee entstanden sein, Spiele direkt außen am Koffer dauerhaft anzubieten: allzeit bereit, sozusagen; auf diese Art werden auch Zwangspausen zur kurzweiligen Angelegenheit.

Koffer mit Spieledesign - eine Idee aus Estland. "Playluggage ist kein normaler Koffer, er ist ein Statement," schreibt der Hersteller. Die Firma "Playluggage" bietet Koffervarianten für Backgammon, Mensch Ärger Dich nicht, Mühle, Dame, Poker und einiges mehr; alle Spielfiguren sind inklusive und mit Magneten versehen - auf diese Art und Weise schrecken selbst hoher Seegang oder ruckelige Zugfahrten nicht.

In Deutschland sind die Spiele-Koffer bisher bei "Metro" und "Galerie Kaufhof" zu haben. Leila Tamm und Martin Rungi, Verkaufsleiter bei "Playluggage", stellten vor einigen Monaten (mit Unterstützung von "Enterprise Estonia") neun Koffervarianten bei Kaufhof in Köln vor, berichtet "EstonianWorld". Außerdem werden auch Oberflächen angeboten, auf denen es sich mit Buntstiften selbst zeichnen lässt - so wird wahrscheinlich auch das Interesse der Kleinsten an Muttis oder Vatis Reisegepäck steigen. Vielleicht ist dann am Flughafen Tallinn demnächst zu hören: "Mutti, müssen wir den Koffer denn wirklich schon aufgeben?"

Nein, keine Sorge - die Spielekoffer werden meist in etwas kleineren Ausmaßen angeboten, so dass das gute Stück auch als Handgepäck fürs Flugzeug taugt.
Eigentlich sei die Ausgangsidee gewesen, einzigartige und leicht wiedererkennbare Kofferdesigns zu schaffen, die das eigene Stück auf dem Kofferband schnell auffindbar macht - so die Produzenten.
Spiele-Koffer mit
eigenem Design -
da gibt es sicher noch
viele neue Ideen ...

Auch in Finnland, Italien, Spanien, China und Australien haben sich schon Geschäftspartner gefunden. Allerdings werden die Koffer momentan noch in China hergestellt - bei anhaltendem Erfolg soll die Produktion in einiger Zeit nach Estland verlagert werden, so die Herstellerfirma.

Gegründet 2010, gibt es bisher erst 10 Mitarbeiter/innen (siehe: Trade with Estonia). Und für wen bisher doch noch nicht die richtige Spielidee dabei war: Koffer werden auch mit eigenen, selbst ausgesuchten Illustrationen oder Fotos der Kund/innen produziert. Also dann: auf dass dieses gute Stück dann nie mehr verloren geht!