Dienstag, Mai 31, 2005

e-government - Die Demokratie weiter entwickeln

In Estland ist erstmal das Wählen per Internet wegen Vorbehalten des Präsidenten zurückgestellt. Das zuständige Gesetz muss überarbeitet werden.

Aber die ganze Angelegenheit ist nicht vom Tisch. Es gibt weitergehende Überlegungen: Wie kann der Bürger mit Hilfe des Internets direkten Einfluss auf öffentliche und staatliche Entscheidungsvorgänge nehmen?

Eine ausführliche 10minütige online-Erklärung am Bildschirm über das System einer Bürgerbeteiligung versucht Peeter Marvet auf Englisch

Marvet zeigt die Webseite des estnischen Parlaments. Zusätzlich gibt es seit Jahren eine Webseite abgekürzt TOM genannt: "Täna Otsustan Mina" - Heute entscheide ich. Der Bürger kann also seine Vorschläge in einem online-Formular an den Staat richten. Allerdings ist diese Möglichkeit noch nicht ausreichend oft genutzt worden. Marvet fragt, warum? Er meint, weil die Webseiten noch zu stark vom bürokratischen Denken geprägt sind und durch ihre Anforderungen eher abschrecken als zum Mitentscheiden einladen. Er stellt hier seine Verbesserungsideen vor. Schade findet er, dass die offenen Diskussionen vor allem ausserhalb des Parlaments stattfänden: Zum Beispiel in der Presse usw.. Aber diese Informationen sollten alle an der entscheidenden Stelle auf der Parlamentsseite zu finden sein, mit einem einfachen Hilfsmittel dem "tag". Das versucht er in den zehn Minuten zu erläutern.

Zur Diskussion gestellt wurde diese Weiterentwicklung auf der Webseite von Ross Mayfield unter dem Thema "A democracy of tags".

Estland aus schwedischer Sicht

"US and THEM" WIR und SIE, eine Studie der Universität Uppsala über die schwedischen Medien und wie sie die Sichtweise über Estland vor dem EU-Beitritt formten, veröffentlicht im Frühjahr 2004.
Vor allem ein Aspekt der Studie ist hervorzuheben. Statistiken zeigen, wie selektiv die Wahrnehmung eines anderen Landes durch die Medienbrille stattfindet. Einerseits ist das nur selbstverständlich. Es kann keine gleiche Aufmerksamkeit für alle Länder geben. Aber die Auswahl der Themen und das Bearbeiten des Textes, der Filme und des Tonmaterials lassen ein bestimmtes Bild in der Gesellschaft enstehen, hier über Estland.
Als Beispiel: aus Seite 36 der Studie:

Es wurden junge Leute in Estland gesucht, um herauszufinden, ob sie im Ausland lieber arbeiten wollten als zu Hause.
Am Ende war die Arbeitsemigranten-Fraktion tonangebend. Diejenigen, die in Estland bleiben wollten, wurden gar nicht zitiert, da sie als Zielgruppe gar nicht angesprochen worden waren. Das wirft auch ein negatives Bild auf den professionellen Journalismus.

Ganz im Gegensatz dazu die Erfahrungen des 30jährigen Jüri Kaljundi aus Estland, der selber Mitarbeiter einstellen lässt - aus seinem Blog zitiert:


How long is long, you jobhoppers?

As someone who has been in the recruitment field it always interests me how long people stay in one job nowadays. Or how short the period should be to be considered jobhopping?

Somewhere during this week there is a day when I have been employed by MicroLink for 3 years. Hard to say when exactly, as my job contract started April 29th, but I showed up at the office already around April 25th, 2002, so eager to get started.

Is three years longer than usual? For many people I guess it is, there are so many young people in mid-twenties with already 10 or more jobs they have had.

Before that I was at CV-Online full time for 2,5 years, which during that time grew from a small local startup to the leading recruitment company in Central and Eastern Europe (although I had been one of the founders already from 1996). From 1995 to 1999 it was a bit over 4 years at Stallion, another of my own companies, which although small became and has stayed the leading data security solution provider in Estonia.

I guess it all depends what you achieve during which time. It is easy to have a great impact on a company by just staying 1-2 years there. And you can spend 5 years somewhere and leave the office one day without many changes taking place during that time.

Still when hiring, I rarely choose someone who has been in one job less than 2 years. Shorter than that and you probably have not even got to know the company.



Kurzgefasst auf Deutsch: Jobhopper werden von ihm nur eingestellt, wenn sie vorher vorzugsweise länger als zwei Jahre bei einer Firma gewesen sind. (Nicht weil ihnen der Arbeitsplatz gekündigt wurde, sondern weil sie Lust auf eine neue Stelle hatten).

Montag, Mai 30, 2005

"Wir benötigen Verfechter, um den ganzen Inhalt eines Portals in den Deutschen zu übersetzen."

Alles klar ?
Worum geht es: Um die Erhaltung und Darstellung der alten baltischen Gutshöfe, früher häufig von Adelsfamilien deutscher Abstammung bewohnt. Der alten Bausubstanz droht vielerorts der Abriss, wenn nicht bald etwas geschieht. Daher und aus reinem historischen Interesse suchen Enthusiasten Unterstützung und augenscheinlich Übersetzungshilfe für die deutschsprachige Webseite.

Ein russischer Historiker


Der Friedensvertrag von Tartu 1920 mit der Sowjetunion, ein Vertrag der auf ewig gelten sollte. Posted by Hello
Valentin Falin hat eine kurze Übersicht über das Verhältnis Baltikum/Russland der letzten beiden Jahrhunderte veröffentlicht. Dank Russland.RU auch auf Deutsch zu lesen.

Herausgekommen ist eine nachträgliche Rechtfertigungspropaganda für das Vorgehen der Sowjetunion und der Bolschewisten in den Ostseeländern in der Zeit des Ersten und am Beginn des Zweiten Weltkrieges:

Das Motto seiner post-sowjetischen Rechtfertigungslinie liest sich wie eine Zeile aus einem Song der deutschen Band Wir Sind Helden:

"Muss ich immer alles müssen, was ich kann", und das bedeutet in diesem Zusammenhang: Einmarschieren, Okkupieren und Deportieren der schwächeren Nachbarn.

Aber mit keinem Wort wird darauf eingegangen. Im Gulag und Sibirien sollte man wohl vor der Infizierung mit dem "Faschismus" geschützt werden, wenn man es denn überlebte.
Der Essay wimmelt von Auslassungen. Wenn die Bolschewisten im Ersten Weltkrieg erklären, sie seien die rechtmäßige Regierung in Estland, dann ist das nach Falin eben so. Alle anderen Institutionen, gewählt oder nicht gewählt oder festgenommen, interessieren nicht. Nebenbei werden die Grundlagenverträge der estnischen Staatlichkeit in Frage gestellt. Soll das ein drohender Fingerzeig für russische Ansprüche in der Zukunft sein?

Hier der letzte Teil des Essays

Valentin Falin:
Die Ursachen, die die sowjetische Führung dazu bewogen haben, die Kontrolle über das Baltikum durch dessen Unterwerfung [1939-1940] zu ersetzen, sind ein besonderes Thema. Dennoch könnte eindeutig festgestellt werden: Moskau ließ sich nicht von ideologischen Motiven, nicht von einer imperialen Nostalgie, sondern von dem Bestreben leiten, die Verteidigungslinie möglichst weit nach Westen, möglichst weit von den eigenen lebenswichtigen Zentren zu verschieben. (RIA)

Das nächste Mal aber bitte OHNE vorgehaltene Pistole fragen,ob der andere verteidigt werden möchte.

Donnerstag, Mai 26, 2005

"If you want to win take a Fin"


Eng verwandte Nachbarn wie Esten und Finnen fetzen sich gerne gegenseitig im Sport. Speerwurf ist eine der Hauptdomänen der Finnen, fast eine Medallienbank bei internationalen Meisterschaften. Daher der Spruch:"If you want to win take a Fin". Aber es gibt Gegenwind aus dem Süden. Der estnische Rekordhalter Andrus Värnik (das Video ist sehenswert) hat sich gestern an die zweite Stelle der diesjährigen Weltrangliste vor den Finnen Parviainen geworfen:
87.65 Breaux Greer (USA) 17.04 Walnut
87.19 Andrus Värnik (Est) 25.05 Tallinn
83.79 Aki Parviainen (Fin) 13.05 Doha
Die WM kommt aber noch. Posted by Hello
Die Konkurrenz unter Werfern ist allerdings selten persönlich gegeneinander gerichtet. Rivalität bleibt in der Regel auf der sportlichen Ebene, anders als häufig bei den Sprintern der Leichtathletik. Das zeigt sich auch in den Sportforen des Internets. Und da gibt es besonders ein spezielles allein zum Speerwurf. Das bemerkenswerte daran sind die offenen amerikanischen Beiträge von Spitzentrainern und selbst vom Weltranglistenersten Breaux Greer. Dagegen wirken deutsche Trainigsgruppen wie konspirative Zirkel, die ihre Geheimnisse hüten müssen. Beweis: Die US-Amerikaner schmeissen ihre gesammelten Erfahrungen auf den Internetmarkt, UMSONST, inklusive Trainingsmethoden. Also kommuniziert die ganze Werfergemeinde weltweit auf Englisch, obwohl genügend Substanz für ein deutsches Gegenstück da wäre. Aber das tröpfelt hier nur vor sich hin, seit Jahren.

Mittwoch, Mai 25, 2005

e-voting Wählen mit Computer und Internet

Estland wird als erstes Land der EU eine Kommunalwahl mit Zulassung zur Abstimmung am Heimcomputer durchführen. Das Parlament hatte vor kurzem eine dafür nötige Gesetzesinitiative passieren lassen.
In Deutschland kommt ein solches Vorgehen überhaupt nicht gut an. Hier sehen wir in erster Linie die Risiken, die Manipulationsmöglichkeiten, ob real vorhanden oder nicht. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern fühlen sich vor allem die Deutschen fremdbestimmt und bevormundet. Deswegen werden auch nicht die Chancen des Systems des E-Votings gesehen. Zum Beispiel, dass sich mit der nötigen ID-Karte Eingaben bei Behörden und deren Weiterbearbeitung auch von zu Hause aus, von Bürgerseite aus, überwachen lassen. So sind die Bestrebungen in Estland. Der Spieß wird also umgedreht.

Eine kleine Zusammenstellung von Informationen zum Thema:

Jüri Kaljundi von MicroLink, Estland, führt zu den technischen Voraussetzungen

eine Meinung aus Österreich

und eine kleine Diskussion bei politik- digital metablocker

Montag, Mai 23, 2005

Ostalgie auf Estnisch


Harry Egipt war einer der bekanntesten Werbefilmer in Estland in den 80ern. Beim Betrachten der Retrostreifen, Retroreklaamid, kommen wieder die Kindheits- oder Jugenderinnerungen hoch. Hier einer der eher seltenen Animationsfilme und das völlig durchgeknallte Kana hakklihaPosted by Hello
Kommentar des Bloggers Teller aus Estland:


Hei, they actually are Estonian commercials from the 80s. It was a period of empty shops, very usual for Soviet times. But commercials still had to be made so you kind of have to work with nothing.

They're all the rage in Estonia right now as well because bring back sweet memories from childhood. Kana Hakkliha means chicken minced meat and it was just as spooky back in '83 (or whenever) than it is today.


Update 24.05.2005:
Gesprächsthema in der Filmszene ist zur Zeit der animierte Film "Frank und Wendy". Lief gerade auf einem tschechischen Festival. Einzelne Ausschnitte können von der Webseite runtergeladen werden. Im ersten Teil wird eine ähnliche Symbolik (ein Fleischwolf) verwendet wie beim alten Werbefilm Kanahakkliha. Ist das Zufall oder kollektives Bildgedächnis?
Entsprechend nannte ein anonymer Kritiker "Frank und Wendy": Postsozialistische Selbsttherapie.

Freitag, Mai 20, 2005

Eurovision

Unvermeidbar, es muss gesagt werden: Es gab noch nie so viele Estinnen, die eine so große deutsche Verehrergemeinde vorweisen konnten. Ich glaube noch nie! Noch nicht mal das Supermodel Kass besitzt so eine Anhängerschaft.
Was ist geschehen? Seit Vanilla Ninja aus Estland, eine Junge-Frauen-Band, in Deutschland auftritt, wächst die Fangemeinde kontinuierlich. Unzählige Internetforen zum Thema künden davon. Jetzt sind sie bei der Eurovision in Kiew dabei und haben die Endrunde am Samstag erreicht. Ach ja, sie starten für die Schweiz. Aber egal. Die offizielle estnische Band ist im Halbfinale ausgeschieden. Wer also für Estland ist, muss für die Schweiz stimmen. Die Letten sind am Samstag auch dabei.
Zwei Ukrainerinnen verfolgen das ganze Drumherum vor Ort in ihren Weblogs. Einmal auf Englisch und eine auf Deutsch.

Donnerstag, Mai 19, 2005

Internet im Baltikum

Unter Realpolitik sind einige Zitate aus Kommentaren innerhalb der großen Internetportale im Baltikum. Besonders aus delfi.ee und delfi.lv
Was diese Internetportale bewirken können, beschreibt ein Litauer bei politik-digital.

Mehrsprachigkeit verbindet die Communities

Die populärsten Portale, Delfi.lv und Delfi.ee, sind zweisprachig und der bedeutendste Treffpunkt beider Gemeinden. Auch wenn die lettischen, estnischen und russischen Versionen parallele Welten in einem Raum darstellen, kann man froh sein, dass diese Welten im Internet bereits parallel und nicht mehr nur senkrecht nebeneinander existieren. Das Netz bekommt die gleiche Form wie das reale Leben, wird aber mit unterschiedlichen kulturellen Inhalten gefülllt.

Dabei hält sich Litauen abseits von seinen beiden Nachbarn. In Litauen gibt es keine dominierende Minderheitengruppe. Polen und Russen machen sieben und sechs Prozent der Bevölkerung aus. Im Vergleich zu Lettland, wo die russischsprachige Minderheit auch politisch gut organisiert ist, stellen in Litauen Polen und Russen keine organisatorisch oder politisch geschlossene Einheit dar. Die polnische Minderheit sammelt sich im Südosten des Landes und in der litauischen Hauptstadt Vilnius. Die meisten Russen leben in der Hafenstadt Kleipeda im Westen, in Vilnius und in der Atomkraftwerkstadt Visaginas. In jedem dieser Orte haben die Minderheiten ganz verschiedene Eigenarten.

Mittwoch, Mai 18, 2005

Realpolitik

Die Reaktionen in Estland über das Grenzabkommen (vorheriger Blog) sind ziemlich ablehnend. Viele sehen hier Realpolitik am Werk und einige haben ihre Meinung darüber beim lettischen Nachbarn geäußert. Lettland hat immer noch keinen Grenzvertrag mit Russland. Aus dem Internetportal delfi.lv


Estonian, 18.05.2005 13:57
What a shame! I am not proud about our politicians!
I think that Estonian parlamentarians do not dare to ratify it before Latvia has signed the border treaty with Russia. If you succeed to conclude the treaty with Latvian declaration, it is a great success of Latvian diplomacy.
If not, then...

Polls show that more than 60% of Estonian population were against signing the border treaty now.
Estonian politicians are playing their games over our heads. I will ask in written from my MEP, I have chosen, what will be his position when they start to vote in parliament.

Voldis, 18.05.2005 13:58
Estīši var izdarīt, bet letiņi, kā vienmēr nekā. Nu nevajag mums to Abreni. Ja Streipam, kas tur savu vecvecāku māju bildē redzējis vajag,lai brauc un kārto papīrus. Kompensāciju saņems.

!!!, Ainārs, 18.05.2005 13:59
Paldies, paldies!


2 Estonian, 18.05.2005 14:10
It is a shame that your governement signed the treaty deliminating border between two states! You left over 4000 estonian citizens in Russia. Its a shame. Latvian constitution does not allow changes in state territory without referendum of nation.

Andra, 18.05.2005 14:10
Hello,I`m writing from Estonia,our goverment sold our people out and mr.Paet is an idiot.All estonian people think so.If you could see the comments,that are in www.delfi.ee!!!!


Das war die Umfrage von Gallup, die hier erwähnt wurde. Aus den Kommentaren von postimees.ee:

Rahvas arvab nii
18.05.2005 12:23
Rahvas - Eesti Vabariigi PS § 1 kohaselt kõrgeima võimu teostaja - arvab nii:

Gallupi lõpptulemus EPL-is seisuga
KOLMAPÄEV 18. mai 2005 [12:20]

Kas Eesti peaks 18. mail kirjutama alla Eesti-Vene piirilepingule?

jah 38%
ei 62%
Kokku vastajaid: 5173


Ablehnung 62%, Ja 38%

Grenzabkommen Estland -Russische Förderation

Grenzabkommen wird heute durch den russischen und estnischen Außenminister unterzeichnet.
Seit 6 Jahren bereit: Russland und Estland unterzeichnen heute ihr Grenzabkommen
Damit auch Teil der EU-Außengrenze festgelegt
Vertrag wird danach noch von Parlamenten ratifiziert
Estland und Russland wollen heute in Moskau das seit sechs Jahren zur Unterschrift bereit liegende Abkommen über die Festlegung der gemeinsamen Grenze unterzeichnen. Nach der Unterzeichnung durch die Außenminister beider Länder, Sergej Lawrow und Urmas Paet, muss der Vertrag noch von den jeweiligen Parlamenten ratifiziert werden. Mit der Grenze zwischen Estland und Russland wird auch die EU-Außengrenze in diesem Abschnitt völkerrechtlich fixiert. News-Networld


Aber Vorsicht: Erstmal nur die Außenminister, und die russische Duma hat gezeigt, dass sie bockig sein kann. Eigentlich verzichtet Estland auf größere Teile seines Staatsgebietes aus der ersten Unabhängigkeitsperiode. Aber russische Politiker fabulieren wieder so lange bis SIE selbst als Opfer dastehen.
Besser ist es einen genaueren Blick auf die Grenzregion zu werfen, in der die Minderheit der Setukesen lebt, beiderseits der Kontrolllinie. Hier ein Einblick in die Problematik über Sprache, Schule, Zusammenarbeit zwischen Voru (Est) und Petseri (Rus)

Dienstag, Mai 17, 2005

"Kleine Tiger" - werden gekauft

Kleine Tiger ist seit Jahren ein beliebter Begriff in deutschsprachigen Medien, um die aufstrebende Wirtschaft der drei baltischen Staaten zu beschreiben. Fernostasien liefert das Vorbild. Der Spiegel hat das Bild erneut in der jüngsten Ausgabe verwendet: "Osteuropas Tiger greifen an", und heute auch die Financial Times Deutschland: "Baltische Tiger".
Doch leider werden einige dieser Tiger, bevor sie richtig erwachsen werden, von den größeren "schwerfälligen Industriestaaten des alten Europa" (Spiegel) aufgekauft. "Die Übernahmen großer baltischer Firmen durch schwedische und finnische Konzerne trocknen die heimischen Kapitalmärkte aus" (FTD).
Jüngstes Opfer dieses Übernahmetrends war der bisher marktschwerste Titel Hansabank, den sich die Swedbank einverleibt hat. "Bislang hat die Hansabank die baltischen Börsen dominiert", sagt Andreas Männicke, Herausgeber des Ostbörsen-Newsletters "East Stock Trends". "Für den Anleger ist es bedauerlich, dass die Bank nach der Übernahme jetzt wahrscheinlich ganz von der Börse verschwinden wird."
FTP

Siehe auch die Blogs dazu im März/April

Nun ist es auch bei MicroLink soweit, eine Firma die sich zum führenden PC Hersteller der Region entwickelt hatte.
Over the years, MicroLink has been the leader in various areas of Baltic IT and technology industry. Started by Rainer Nõlvak and Hanno Haamer in 1991 it quickly established itself as Baltic PC leader and started to diversify into various new businesses. Between 1998 and 2000 the group grew into leading pan-Baltic IT systems house which currently employs 553 employees. Besides IT services, the group was the parent of Delfi portals, the leading new media company in the Baltics, and SAF Tehnika, the leading technology venture in the region. MicroLink exited Delfi and SAF in 2004 through strategic sale and IPO, respectively.

"For the financial investors, MicroLink has been both excellent investment as well as an amazing company with distinctive culture and brilliant people," said Rautiainen. "The new owners have recognised the value of this team and its experience in building an international IT powerhouse."

Diesmal können sich auch einige Dänen über den Erwerb freuen, gerechterweise muss aber hinzugefügt werden, dass auch baltisches Kapital daran beteiligt ist.

Die Firmenaufkäufe zeigen deutlich, was es bedeutet Jahrzehnte vom Kapitalmarkt abgeschnitten gewesen zu sein. Oder andersherum fantasiert: Wieviele Firmen wären heutzutage unter baltischer Regie (z.B. deutsche oder französische). Aber wir sind ja im unterkühlten skandinavischen Mentalitätsraum. Außer einem verärgerten Achselzucken wir es von estnischer Seite kaum Gegenwehr geben.

Sonntag, Mai 15, 2005

Gemeinsamkeiten von Finnen und Esten

An diesem Wochenende wird es überdeutlich. Es ist die traditionelle Vorliebe für den Motorsport und da besonders für die Rally Szene. Skandinavienfahrer auf unasphaltierten Strassen werden da schon Erfahrung mit den Einheimischen gesammelt haben (wenn man die Rückleuchten eines überholenden Autos im Staubnebel und auffliegendem Steinschlag verschwinden sieht). Über Pfingsten scheint die Internetgemeinde in Estland nichts anderes mehr zu interessieren. Der Grund: Während der laufenden Weltmeisterschaft kämpft der Este Markko Märtin um die Gesamtführung. Unterstützung kommt von einer nur ihm gewidmeten Fanseite. Konkurrenz: Die Finnen.

Samstag, Mai 14, 2005

Kriegserinnerungen - Vor dem Unterzeichnen des Grenzvertrags mit der Russischen Förderation am 18.Mai 2005

Estnischer Panzerzug Nr.3 im Unabhängigkeitskrieg 1918-1920

Dies sind Aufzeichnungen über die Kriegswirren 1914-1920 im Baltikum. Bisher unveröffentlicht. Von E.Lüdtke über ihren Vater Verner Palmberg. 1920 wird der Friedensvertrag, der auf ewig gelten sollte,mit der Sowjetunion abgeschlossen.  Posted by Hello
Werner Palmberg 1913
Im August 1914 brach der 1.Weltkrieg aus. August, ein Freund meines Vaters, schrieb auf offener Karte auf Deutsch: “Es lebe der Krieg, mögen es die Deutschen büßen!³ Wahrscheinlich ironisch gemeint. Verner trug die Farben der nichtschlagenden Verbindung ESTONIA, nannte sich stud.chem. und machte viele Radtouren in Mittelestland. 1915/16 wurde die Universität nach Moskau verlegt, bedingt durch die vordringenden deutschen Truppen. Er muss sich aber nur kurz in Moskau aufgehalten haben, da es dorthin nur wenige Briefe gibt. Bis zum August 1916 studierte er im Rigaer Polytechnischen Institut, Chemische Abteilung, dann wurde er in das russische Heer eingezogen und kam in die Offiziersschule nach Odessa. Leider hat mein wortkarger Vater nur sehr wenig vom Kriege erzählt. Nur von Odessa schwärmte er: vom schönen Strand und den weißen Häusern an der Küste. Nach seiner Ausbildung als Fähnrich der Infanterie bekommt er Heimaturlaub und wird anschließend gleich hinter den Ural nach Sibirien - Irbit versetzt. Die Fahrt des frischgebackenen Fähnrichs ging erstmal von Reval - St.Petersburg - Moskau, zusammen mit seinem Schulkameraden John, nach Kasan. Dort wurde ihnen das 168. Reserve Infanterieregiment in Irbit zugewiesen. Er untersteht dort dem Regimentsstab der 8. Kompanie. Das Leben in Sibirien war recht eintönig. Im Sommer hoffen sie in den wildreichen Wäldern, auf Jagd gehen zu können. Ein Höhepunkt war der jährliche Fellmarkt, mit 10. Millionen Goldrubeln Umsatz. Ein Bekannter verkaufte 15 000 Eichhörnchenfelle. Eigentlich wollte mein Vater in seinen Erinnerungen noch ausführlich über Irbit schreiben: In der Umgebung die vielen Kriegsgefangenen, Bären, das angefrohrene Ohr im Sturm, essen von Zedernnüssen, Tataren - und endlich auch die ersten Demonstrationen mit angehefteten Rosetten im März 1917. In diesem Jahr ereignen sich in Russland große Dinge. Der Zar dankt ab und wurde mit seiner ganzen Familie verhaftet. Kerenski übernahm die provisorische Regierung. Es wurde der gregorianische Kalender statt des julianischen eingeführt. Verner war nun plötzlich am 3.11 statt am 22.10.1895 geboren. Am 13.April 1917 wurde er ins Sibirische Reserve-Pontonbataillon in Jaroslaw versetzt. Die Fahrt führte wieder endlos über Jekaterinenburg - Perm - Wjotka - Wolodja. 6 Monate führte er dort wieder, wie damals, das typische Soldatenleben in der Reserve: Sprengarbeiten auf der Wolga, Brückenbau, Kartenspielen im Offizierskasino.
WWI Russian officers on a pontoon
Am 15 Oktober 1917 begleitete er mit Remmel (Schulkamerad) ein Kommando Soldaten für das 12. Pontonbataillion nach Dorpat. Er durfte zu einem 6-tägigen Urlaub nach Reval. Ende Oktober fuhr er wieder über Dorpat zurück zu seiner Kompanie, die in Hoppenhof bei Walk an der späteren lettischen Grenze stand. Dort wohnte er auf dem Bauernhof Krewan im Laizenschem Landbezirk. In November war aber nun die bolschewischtische Revolution ausgebrochen. Kerenski war gestürzt worden, Lenin und Trotzki hatten die Herrschaft ergriffen und im Dezember mit Deutschland einen Waffenstillstand geschlossen. Die russische Armee befand sich in Auflösung.
Der Oberkommandierende des russischischen Heeres, der Matrose Krylenko befahl, alle Offiziere zu Soldaten zu degradieren. Am 7.12.1917 wurden allen Offizieren die Epauletten abgeschnitten. In Estland wurde der Belagerungszustand ausgerufen und eine Welle von Verhaftungen des deutschen Adels und der estnischen Intelligenz begann. Verner wurde mit allen gewesenen Offizieren einer ärztlichen Durchmusterung unterworfen. Er wurde aus Krankheitsgründen freigestellt und fuhr zu einem 6-monatigen Urlaub nach Hause zu seinen Eltern nach Reval in die Dörptsche Straße. Von dieser Musterung³ in Dorpat erzählte uns meine Mutter Näheres: Bevor Verner vor dem Militärarzt antrat, wäre er mehrfach im Dauerlauf um Dorpat gerannt. So trat er schweißüberströmt mit wild klopfendem Herzen zur Untersuchung an. Der “Herzfehler³, der ihm bescheinigt wurde, verhalf ihm zum Heimaturlaub. Aber nicht immer ging es so gut ab. Offiziere wurden auch erschossen, die Deutschen in Turnhallen, Kinos, Gefängnisse und im Hafen interniert und nach Sibirien verschleppt. Die Front der deutschen Truppen rückte immer näher. Am 23.2.1918 verlassen die roten Garden Reval fluchtartig. Am 24.2.1918 veröffentlicht der estnische Ältestenrat ein Manifest an alle Völker Estlands zur Rettung des Landes und erklärt Estland zur selbstständigen Republik. Die in der Nacht gebildete Regierung konnte nicht mehr zusammentreten, da am 25.2. die deutschen Truppen Reval einnehmen und andere Gremien zur Verwaltung des Landes einsetzen. Während dieser Zeit arbeitet Verner als Student in der chemischen Fabrik R.Mayer.

Im November 1918 brach in Deutschland die Revolution aus. Die deutschen Truppen zogen sich aus Reval zurück und die roten kommunistischen Truppen strömten über Narva und Petseri wieder ins Land. Aber nun nahmen die Esten ihr Schicksal selber in die Hand. Die bürgerliche Regierung kehrte ins Amt zurück. Die Republik Eesti wurde ausgerufen, die Landesfahne war blau-schwarz-weiss. Im Dezember erscheint ein englisches Geschwader im Revaler Hafen. Die Deutschen hatten die estnische Regierung nicht anerkannt. Ihre Vorstellungen gingen dahin, das Baltikum als Großherzogtum unter Friedrich von Mecklenburg zu vereinnahmen. Nachdem nun auch England die Republik anerkannt hatte und Waffen lieferte, mußte das Deutsche Reich es auch tun. Im Blitztempo wurde in Estland ein Heer aufgestellt, unterstützt durch finnische Freiwillige. Verner wurde als einer der Ersten eingezogen. er stellte sich als einfacher Soldat vor (die Roten hatten ihn ja degradiert). Dies war wieder typisch mein Vater. Uniformen, Orden und Ehrenzeichen waren ihm suspekt. Natürlich wurde er sehr schnell von seinen alten Kameraden geoutet. Ausserdem brauchte das estnische Heer dringend Offiziere, da die meisten von den Roten in ihr Heer vereinnahmt worden waren. Zuerst machte Verner Dienst im Ingenieurbataillon. Mitte 1919 wurde er zum Chef des Wachkommandos der 1. Division bestimmt. Im Mai diente er in der 5. Kompanie des Reservebataillons der Panzerzüge in Südestland. 50 Jahre später, nach einer eindrucksvollen Vorführung des Breitwandfilms “Dr. Schiwago³ in Berlin, wurde mein Vater gesprächig. Von den wunderschönen Aufnahmen von Sibirien animiert, erzählte er mir von seinen Erfahrungen als Offizier in einem Panzerzug (im Film kommen Episoden vor, die die Panzerzugszenen mit dem berühmt-berüchtigten roten General Strelnikow beinhalten). Als er im Panzerzug diente, gerieten sie in einen Stellungskrieg mit den Roten. Sie lagen in vorderster Linie in Schützengräben. Es war kalt und sehr neblig. Ihm unterstanden alle estnischen Soldaten, und er hatte die Verantwortung. Da tönten plötzlich Lautsprecher über das Niemandsland: “Genossen, kommt rüber zu uns, wir haben Schnaps in Mengen!³ Wie gesagt es war dunkel und der Nebel immer dicker. Im Laufe der Nacht dezimierte sich seine Mannschaft immer mehr. Es wurde für ihm immer ungemütlicher. - Ende seiner Erzählung. Ich daraufhin ganz aufgeregt: “Ja, mein Gott, was war dann - Pappi?³ “ Am nächsten Morgen waren sie alle wieder da.³ “Aber - wieso denn?³ “Noh, Wodka war drüben alle !³
Kama WWI Russia
Die Baltendeutschen bildeten freiwillige Baltenregimenter und kämpften zusammen mit den Esten für ihre Heimat. Am ersten Jahrestag der Unabhängigkeit war Estland freigekämpft.
In Lettland waren die Verhältnisse ganz anders. Es bildete sich eine baltische Landeswehr, die zum Teil mit der Eisernen Division (Restbestände aus dem deutschen Heer) zusammen gegen die einmarschierenden Roten und zur Befreiung von Riga kämpften. Dies war sehr verständlich und nötig, da die baltische Bevölkerung fürchterlich unter dem roten Terror litten. Leider unternahm der Kommandeur der baltischen Landeswehr v. Manteuffel einen Staatstreich. Er setzte in Libau die neugebildete lettische Regierung ab und eroberte Riga. Die Roten waren endgültig geschlagen. Er wollte die Macht der baltischen Barone zurückgewinnen. Nun kamen aber die Esten den Letten zu Hilfe. Am 22. Juni 1919 standen sich bei Wenden die Esten und die baltische Landeswehr gegenüber. In einer sehr blutigen Schlacht siegten die Esten. Wenden wurde ein nationales Symbol. Zum ersten Mal seit 700 Jahren hatten die Esten erfolgreich gegen die baltischen Barone gekämpft und gesiegt. Diese Ereignisse haben jahrzehntelang das baltischdeutsch-lettische Verhältnis in Lettland belastet, während die Esten weit lockerer zu ihren Baltendeutschen standen. Leider wurde gerade die Enteignung des Großgrundbesitzes beschlossen, als die Nachricht vom Sieg bei Wenden eintraf. Daher auch die Festlegung der Restgüter auf 50 Hektar. Trotzdem: die estnische Regierung erließ 1925 ein Minderheitenstatut, das im Völkerbund als vorbildlich zitiert wurde. Die Deutschen erhielten eine Kulturselbstverwaltung und etwas, das einmalig in Europa und auf der Welt war: Jeder Bürger konnte seine Nationalität selber bestimmen und sich in das entsprechende Nationalregister eintragen.
Zurück zum Jahre 1920. Gott sei Dank war mein Vater schon am 2.4.1920 im Zuge der Demobilisierung zur Beendigung seines Studiums freigestellt. Am 2.8.1920 wurde er endgültig aus dem estnischen Heeresdienst entlassen.

Anmerkung:
1920 wird durch den Friedensvertrag in Tartu die Grenze zur Sowjetunion festgelegt und die Republik Estland von Moskau anerkannt.
1939 arbeitet Verner Palmberg bei der Abteilung Gasschutz/Chemische Kriegsführung des Verteidigungsministeriums der estnischen Regierung in Tallinn. Ihm wird von seinen Vorgesetzten dringend geraten, das Land vor dem Einmarsch der Roten Armee zu verlassen (Hitler-Stalin-Pakt). Er wandert bereits im Oktober 1939 zusammen mit den Baltendeutschen aus. Zurückbleibende estnische Offiziere werden nach Besetzung des Baltikums durch die Sowjetunion 1940 nach Sibirien deportiert und dort zum Teil hingerichtet.
Vor über zwei Jahren kam ein Film in die estnischen Kinos. Ein Film über das Entscheidungsjahr 1918 und die Rolle der Tartuer Studenten im Unabhängigkeitskrieg. Es wurde der bis dahin erfolgreichste Kinoerfolg: Nimed Marmortahvlil, hier der Trailer. Anmerkung: Das Eesti Sõjamuuseum, Estonian War Museum, hat über die Jahre ein Projekt verwirklicht. Eine Liste mit der Laufbahn aller etwa 10 000 Offiziere des Landes von 1918 bis 1940. Unter ohvitser ist Verner Palmberg aufgelistet. Er diente auf dem Panzerzug Nummer 3. Ausserdem wurden unzählige Fotos aus der Zeit des Unabhängigkeitskrieges auf der Seite des Rahvusarhiivs veröffentlicht. The National Archives of Estonia. Darunter viele Fotos mit dem Panzerzug Nr. 3 im Sommer 1919. foto, soomusrong nr 3, suurtüki platvorm "Onu Tom" esiplaanil 75 mm õhutõrje suurtükk., KLM FT 1105 F 1105:41, Eesti Sõjamuuseum - Kindral Laidoneri Muuseum, http://www.muis.ee/en_GB/museaalview/113897 Eesti Sõjamuuseum - Kindral Laidoneri Muuseum

Donnerstag, Mai 12, 2005

Seltenheitswert: Lob aus Russland

Die online-Ausgabe russland.RU berichtet über die bevorstehende Unterzeichnung des Grenzvertrages zwischen Russland und Estland. Bei der Ankündigung gab es einen herben Seitenhieb aus Moskau in Richtung Lettland. Die Grenzen waren zu Sowjetzeiten geändert worden, die aber jetzt vertraglich geregelt werden.

Die Unterzeichnung des Vertrages mit Estland über die Staatsgrenze und über die Festlegung der Seegrenzen im Finnischen Meerbusen sowie in der Bucht von Narva ist für den 18. Mai geplant, teilte Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag in der Sitzung der russischen Regierung mit.

"Wir bekamen (von der estnischen Seite) die Zusicherung, dass es keinerlei einseitige Interpretationen nach dem Muster der lettischen Albernheiten geben wird", erläuterte der Minister.

Ihm zufolge wurde mit Estland vereinbart, "dass die Frage der Staatsgrenze mit Unterzeichnung des Vertrages für immer und endgültig gelöst ist".

Der Vertragstext ist mit der estnischen Seite vollständig abgestimmt worden und entspricht dem russischen Gesetz über die Staatsgrenze, so Sergej Lawrow.

Abenteuerliches in den 60ern


Eine estnische Expedition in den 60ern zur Halbinsel Kamtschatka im Fernen Osten der Sowjetunion. Die Gegend war zu der Zeit noch nicht ausreichend über Geologie, Fauna und Flora und die einheimischen Ethnien erforscht. Unter den Expeditionsteilnehmern Lennart Meri, der spätere estnische Präsident. Die Übersetzung "Es zog uns nach Kamtschatka"(L.Meri) erschien im Brockhaus Verlag Leipzig 1969 und lässt sich noch ab und zu im Internet ersteigern. Allerdings gehörte zur Realisierung eines solchen Vorhabens, welches nicht von ganz oben, sprich Moskau, angeordnet wurde, eine gehörige Portion Dreistigkeit. Etliche bürokratische Hürden mussten genommen werden. Lennart Meri scheint auf diesem Gebiet ein Profi gewesen zu sein. Ein Höhepunkt der Expedition war die Besteigung der Kljutschewskaja. Mit 4750m etwa so hoch wie der Mont Blanc. Aber im Buch ist zu erfahren, dass es einen großen Unterschied zwischen absoluter und relativer Höhe gibt. Die Kljutschewskaja beginnt am Fuße fast auf Meereshöhe, vor einem liegen also 5000 Höhenmeter. Das sind auch die Relationen im Himalaya und zwar in den höchsten Gebirgsregionen. Posted by Hello

Montag, Mai 09, 2005

1939 - 1940 Die Geschichtslücken

Was hat nun der ganze Aufstand wegen des Besuchs des amerikanischen Präsidenten in Riga an Erkenntnisgewinn über die Schicksalsjahre 1939 und 1940 im Baltikum gebracht? Nicht viel. Bei wenigen Ausnahmen wurde kaum ausführlich über die Abläufe in Ostmitteleuropa nach dem Geheimabkommen zwischen Stalin und Hitler berichtet.

So kann die russische Geschichtsschreibung fortfahren zu behaupten, die baltischen Staaten hätten sich freiwillig der Sowjetunion angeschlossen und Hitler seine Angriffspläne um entscheidende zwei Jahre verschieben müssen.

Wie wenig der deutschen Seite ihre Verantwortung für den Untergang der baltischen Staaten bewusst ist, zeigt eine simple Internetrecherche. Zu den Schlüsselereignissen in Estland gehört1939 das polnische U-Boot "Orzel". Zu diesem Stichwort tauchen kaum erläuternde Texte in deutscher Sprache auf. Rund um den U-Boot Zwischenfall kam es zu einem direkten Eingreifen der beiden Verbündeten Sowjetunion und Deutsches Reich in Estland. Hier ein chronologischer Bericht. Das polnische U-Boot im September 39 auf der Flucht durch die Ostsee nach dem Angriff der Wehrmacht:


History ORP ORZEŁ (vollständiger Text)

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Part 2: ESCAPE FROM TALLINN
Orzel reached Tallinn around 21:30 hours, and immediately a motor boat with a pilot came out and had a discussion in Russian with Kloczkowski. The Estonians were informed that Orzel's commander was ill, and that the submarine had mechanical problems. The motor boat returned to the port of Tallinn, and the German, and probably Soviet embassies, were informed about the situation, but the Polish embassy was not told. After midnight the motor boat again came out to Orzel with armed sailors, and another patrol boat, the Laine, was seen on the horizon.
The pilot said that Orzel was free to enter the harbour, and the Estonian sailors came on board Orzel with guns. This seemed ominous. Kloczkowski was unnerved and requested full speed ahead. Some frightened Estonians returned to the motorboat, and others fell in the water. The Polish officers told "Klocz" to leave at that point, since the Estonians were acting strangely, but "Klocz" declined when he saw Laine with her 2x75mm guns approaching Orzel.
Orzel was escorted into the Estonian harbour around 01:30 hours. The Estonian port authorities ordered the submarine to be moored in the inner port basin. Later "Klocz" with Mokrski, the navigator, visited the Admiral of the Estonian fleet to explain the situation. The Polish naval attaché was also present and learned from the others, that the Orzel had arrived. The Estonian explained that according to international law, as laid down in Article XII of the Hague Convention, to which Estonia was a signatory, Orzel could stay in the harbour for no more than 24 hours. Article XIII obliges the neutral country to inform a belligerent warship that it must leave its territorial waters within 24 hours. Art. 13. If a Power which has been informed of the outbreak of hostilities learns that a belligerent war-ship is in one of its ports or roadsteads, or in its territorial waters, it must notify the said ship to depart within twenty-four hours or within the time prescribed by local regulations. Later "Klocz", with Mar. Marian Barwinski, were taken to the hospital. Kloczkowski took all his personal belongings with him, and some things from the commander's room.
On the morning of 15 September, Estonian officers came to inform Grudzinski, the new commander, that Orzel could not leave until 24 hours after the departure of the German merchant ship Thalassa, which was also in Tallinn. (The crew of Thalassa, seeing Orzel entering the harbour, had quickly taken down their Nazi flag, and removed the Nazi symbol from their ship). This was perfectly correct. Article XVI of the Hague Convention rules that a belligerent warship must not sail within 24 hours of the departure of a ship of an opposing nation. Art. 16. When war-ships belonging to both belligerents are present simultaneously in a neutral port or roadstead, a period of not less than twenty-four hours must elapse between the departure of the ship belonging to one belligerent and the departure of the ship belonging to the other. The order of departure is determined by the order of arrival, unless the ship which arrived first is so circumstanced that an extension of its stay is permissible. A belligerent war-ship may not leave a neutral port or roadstead until twenty-four hours after the departure of a merchant ship flying the flag of its adversary. In the meantime, as the day progressed, the telegraph lines linking Tallinn with Berlin and Moscow chattered urgently.
Soon the Estonian patrol boat Laine was circling around Orzel, and that seemed strange to the Polish crew. Later in the afternoon of the same day, Estonian officers came to Orzel and informed the crew that the submarine would be interned! They explained that the three Baltic states had an agreement that if any submarine or aircraft involved in the war entered the territorial waters of any of the three Baltic countries, it would be immediately interned. That was an unexpected treatment, and possibly untrue - a secret arrangement that no one knew about, except these three countries? It might be a fictitious pretence, and was certainly in contravention of the Hague Convention. Article XII of the Hague Convention stated that a belligerent warship could stay in a neutral harbour for up to 24 hours, and Estonia claimed to be a neutral country! Art. 12. In the absence of special provisions to the contrary in the legislation of a neutral Power, belligerent war-ships are not permitted to remain in the ports, roadsteads, or territorial waters of the said Power for more than twenty-four hours, except in the cases covered by the present Convention.
The reason that the Estonians acted with hostility, and in violation of international law, must be because the German minister to Tallinn had pressurised the Estonian government. ...


Später kann das U-Boot entkommen, die Sache eskaliert weiter...

In the meantime, the escape was to have other and more serious consequences for Estonia and her population. The Soviet leaders now felt they had an excuse for invading Estonia, claiming the country had failed to protect her neutrality. The Soviets later concluded a military pact with Estonia allowing them to build air and naval bases on Estonian territory. Already during the night of 19 September, Soviet warships arrived at Tallinn.
The same day the Polish section of the BBC stated that the Germans accused Orzel of murdering the two Estonian guards. On hearing this, Grudzinski wanted to do something about it. Orzel's dramatic escape was reported all over the world, and now more than ever, she was a prestige target for the Kriegsmarine and the Soviet Navy.

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Ich füge noch eine kritische historische Betrachtung hinzu, der Schwerpunkt liegt auf den Versäumnissen und Schwächen der estnischen Regierung dieser Zeit. Mit einem Blick auf die finnische Geschichte. Von Magnus Ilmjäru: Foreign policy of Estonia in 1939-1940

Samstag, Mai 07, 2005

Bush in Riga und die drei baltischen Präsidenten


Die Pressekonferenz zum Staatsbesuch von George W. Bush in Lettland hat begonnen. Zuerst trafen die Präsidenten der drei baltischen Staaten ein. Über live stream habe ich eine Bildschirmaufnahme gemacht. Gerade zeigte die lettische Präsidentin Vike-Freiberga wie resolut sie in der Politik zugreifen kann. Alle drei hatten kurz zuvor über die baltische Einigkeit gesprochen, und um das zu unterstreichen, griff sie sich einfach die beiden Männer und hakte sie unter. Links den Esten Arnold Rüütel und rechts den Litauer Valdas Adamkus. Zu den Ergebnissen der Pressekonferenz später mehr. Die lettische Präsidentin wird nach Moskau zu den 9. Mai Feierlichkeiten fahren, die beiden anderen bleiben zu Hause, was einigen Medienwirbel ausgelöst hat. Posted by Hello

Mittwoch, Mai 04, 2005

Russland-EU-Baltikum


Die Geschichtsbetrachtungen in Europa bleiben Stückwerk. Noch nicht einmal in der EU gibt es eine klare Einstellung gegenüber dem Datum des 8.Mai , dem Ende des 2.Weltkrieges, besonders wenn es als Siegesfeier der Sowjetunion über den Faschismus in Moskau begangen werden soll. Die baltischen Staaten hatten es mit zwei, eigentlich 3 Besetzungen zu tun. Zweimal durch die Sowjetunion einmal durch das Deutsche Reich. Ausserdem gab es unter kommunistischer Fremdherrschaft einen Höhepunkt der Deportationen nach Sibirien im Jahre 1949.
Ein aktueller Artikel in DIE ZEIT versucht die Position der Balten zu erklären, aber es bleibt Stückwerk. Solange die alten EU-Mitglieder sich nicht mit der Stalinherrschaft und der Folgezeit beschäftigen, werden wir uns die gewohnten Geschichtsklischees weiterhin um die Ohren hauen müssen. Es fehlen TV-Dokumentationen, Medienberichte über die sowjetische Seite der Besetzung Osteuropas nach dem Hitler-Stalinpakt 1939. Wir Deutsche haben unsere 2. Weltkriegs-Ikonen, die wir regelmäßig abrufen: zum Beispiel den Rotgardisten auf dem Reichstag, aber wir kennen nicht zum Beispiel dieses Foto, wo Deutsche und Sowjets die gemeinsame Besatzungsgrenze kontrollieren, nachdem sie Polen in der Mitte aufgeteilt hatten.

Wo Russen Täter waren (Johannes Voswinkel)
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Moskau will die Polen und Balten in der EU marginalisieren

Moskaus Anklage der baltischen Staaten gilt denn auch kaum der landsmännischen Hilfe, die sich auf Schulbücher und russische Studienplätze beschränkt. »Russlands Ziel ist die Marginalisierung der Balten und Polen in der EU«, erklärt der frühere estnische Außenminister Toomas Hendrik Ilves. »Außerdem soll die Bedeutung der Union zugunsten bilateraler Beziehungen geschmälert werden.« Deshalb erinnern die Balten auch an Westeuropas Verantwortung für das Münchner Abkommen 1938 und die Konferenz von Jalta. Aus den Fehlern der historischen Kompromisse mit Diktatoren sollen Schlüsse für die Gegenwart gezogen werden. »Wir müssen in unserer Politik gegenüber Russland demokratische Werte, Menschenrechte und Moral einfordern«, sagt ein lettischer Diplomat. »Es ist nicht unser Schicksal, Moskau zu gefallen. Wir brauchen eine klare, offensive Strategie aller EU-Länder.«

Doch Europas Russlandpolitik prägen die Staatschefs der größeren Länder mit Männerfreundschaften und der Kungelei um Gasleitungen. Für den früheren estnischen Außenminister Ilves stellt der Vierergipfel zwischen Chirac, Schröder, Zapatero und Putin im März ein eklatantes Beispiel der alten EU-Ignoranz dar. »Die Westeuropäer haben dort die baltischen Staaten auf die Tagesordnung gesetzt«, erzählt er, »aber keinen von ihnen zuvor konsultiert. Da fühlen wir uns erneut isoliert.« Die Ernüchterung über die europäische Solidarität habe dem Baltikum bereits eine neue politische Lehre beschert: »Wenn es hart auf hart geht, wird nur Amerika uns verteidigen.«


In den USA wird sehr genau wahrgenommen, dass die Europäer ständig den Vorwurf erheben, im Nahen Osten gehe es NUR UMS ÖL, die Amerikaner drehen den Spieß bereits um. Den Europäern gehe bei Russland NUR UMS GAS.Posted by Hello