Montag, Oktober 01, 2007

Alles Junkies, die Deutschen!

Nun geht es also doch nicht ganz allein, als "Gutsherrenprojekt" zwischen Ex-Kanzler Schröder und dem "lupenreinen Demokraten" Putin angekündigt. Hat da jemand den beiden Gas-Kumpeln mit einem dicken Strich einfach mal eine Pipeline auf die Ostseekarte gemalt? Was anfangs allein als Projekt zwischen Russland und Deutschland (und den entsprechenden Energiekonzernen) angekündigt war - inzwischen müssen eine Reihe weiterer Ostseeanrainer einbezogen werden. Als Paradestück deutschen Renomées im Ostseeraum steht es jedenfalls keinesfalls mehr da.

(Foto: TAZ / DPA) Deutschland hänge "wie ein Junkie" am russischen Erdgas - diese Äußerung der estnischen Parlaments- präsidentin Ene Ergmaa meldet AFP am 30.9. (AFP / Verivox). Die TAZ geht schon einen Schritt weiter, und erklärt den Zeitplan für den Pipelinebau als ins Wanken geraten (TAZ). Anlaß ist die Weigerung Estlands zur Erlaubnis von "Voruntersuchungen" in estnischem Seegebiet: vor Estland wäre der Meeresboden flacher, und gleichzeitig tiefer gelegen. Eine Route über Finnland würde umfangreiche Sprengungen erfolgen. Letzteres würde unüberschaubare Folgen für die Fisch- und Vogelpopulationen haben, zitiert die TAZ Jorma Jantunen von der Umweltbehörde der Provinzverwaltung im finnischen Uusimaa.

Das NordStream-Konsortium selbst (an dem die russische GazProm 51%, E-ON Ruhrgas und Wintershall je 25% Anteile halten) gab am 21.August die Verlegung der Pipeline-Route nördlich der dänischen Insel Bornholm bekannt - angeblich, um noch am Meeresboden befindliche Munitionsreste aus dem 2.Weltkrieg zu umgehen. Nun ist die neue Route aber nahe den schwedischen Gewässern, und dortige Fischer geraten bereits in Aufregung.

Die Ukraine, Litauen und Polen sind gleichfalls abgeschreckt von dieser Strategie (erst Baubeginn bekannt geben, dann Einzelheiten verhandeln). Da kann auch nicht die Zusicherung deutscher Politiker trösten, man könne ja jederzeit das Gas dann aus Deutschland beziehen, denn für den Bau einer Energiebrücke zwischen Polen und Litauen ist bereits ebenfalls grünes Licht gegeben.

Schon tauchen aber auch Kostenargumente in der Diskussion auf. Der Bau der Pipeline wird immer teurer; angeblich ist der Gasbedarf niedriger, als bei Abschluß des Vertrages zwischen Putin und Schröder kalkuliert. Andererseits ist klar, dass die strikte Weigerung Estlands gegen Voruntersuchungen zur Pipeline die estnisch-russischen Beziehungen nicht verbessern helfen kann. Dem entsprechend zitiert die russischsprachige Presse auch regierungskritische Pressestimmen in Estland: da wird etwa die Ausgabe von "Eesti Päevaleht" vom 20.9. zitiert, in der die Regierungsentscheidung als "hinsichtlich der langfristigen Interessen Estlands" als "dumme und kurzsichtige Politik" kommentiert worden sei. Oder "Postimees" vom 24.9.: "Die Innenpolitik wird zunehmend von traumatischem Nationalismus, Russenhass, Populismus sowie von einem Kult apokalytischer Szenarien und Bedrohungen geprägt." Und „Pöhjarannik“ habe am 24.09. geschrieben: "Nun wird das Rohr auf der finnischen Seite verlegt (…) Estland wird sich indes in europäische Sackgasse verwandeln." (Aussagen zitiert in: RIA NOVOSTI vom 28.9.07).

Aus deutscher Sicht muss sicherlich erinnert werden, dass Estland eher als "Ölschieferjunkie" dasteht (wenn man solche Vergleiche schon bemüht), oder auch, zusammen mit den baltischen Nachbarn, als "Atom-Jünger" (in Litauen soll ein neues, teures Atomkraftwerk gebaut werden, ganz im Sinne immer wiederkehrender Lobpreisungen natürlich besser, sicherer und effektiver als alle AKWs vorher ...)

Oder erkundigen wir uns doch mal selbst, was "unser Mann bei Gazprom & Nordstream" so macht. Die Handynummer von NordStream-Manager Jens Müller ist die folgende: +41-792959608.

1 Kommentar:

  1. Hier die schwedischen Bedenken über das Projekt. Und die gehen ebenfalls in mehrere Richtungen. Politisch, Umwelt betreffend, Sicherheit.

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