Leider vermischen sich auch in der Debatte um Maxim Billers verbotenen Roman „Esra“ die Empfindungen über den Autor als Zeitgenossen mit der Würdigung des literarischen Gehalts des Buches. Denn der Fall „Esra“ wäre gar kein Fall, wenn dies nicht ein so gutes Buch wäre. All die anderen Bücher, die in den letzten Jahren im Zuge von solchen Persönlichkeitsrechtsprozessen bekannt wurden, hat man mehr oder weniger zu Recht vergessen. In diesem Fall liegen die Dinge völlig anders: Wer dieses Buch gelesen hat, wird es nie vergessen: Ein so von Liebesschmerz, Liebesglück und allgemeinen Liebeswirren durchdrungenes und dabei kompromisslos modernes, ja in der Zeitgenossenschaft seiner Sprache radikales Buch hat es in Deutschland seit Jahrzehnten nicht gegeben. Es reicht dabei tief in die dunkelsten Ecken der Liebe und schildert virtuos die ganz leichte Alltagsoberfläche des Münchens der frühen neunziger Jahre, die sich wie Staub über das Drama legt. Biller ist es gelungen, ein Deutsch zu finden, das wie eben erzählt klingt und doch sorgsam komponiert und treffend, teuflisch suggestiv wirkt.
Das Verfassungsgericht hat endgültig gegen das Buch entschieden. Weil es "intimste Details" enthält. Bei Magnus ist das nicht der Fall, und die Geschichte ist künstlerisch verfremdet.
Kadri Kousaar hat eine Filmsprache gefunden, die auch jenseits von gewöhnlichen Alltagsbeschreibungen liegt. Nach den Cannes-Vorführungen hat es Variety.com so formuliert:
Kousaar's talent is enhanced by the good judgment of not being too timid with her creative gambles or overusing them as many first-timers do.
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