Mittwoch, November 26, 2008

Neu-Estland

O.k, eigentlich muss ich hier noch mehr recherchieren, aber die Estnische Botschaft in der Türkei hat diese Fotos veröffentlicht, die einen Blick wert sind. So groß ist Estland nun nicht, dass man mit estnischen Orten in Asien rechnen könnte. Es handelt sich um eine estnische Siedlung in der Türkei. Das Foto zeigt ein Gebäude von 1912, das ehemals ein hölzernes Dach besaß, so der Begleittext. Auch wurde in der Türkei die Dokumentation "Singing Revolution" gezeigt. Ein Film über die Jahre vor 1991.
Wer auf das Foto klickt, kommt zu weiteren Bildern dieser außergewöhnlichen Siedlung.

Montag, November 24, 2008

Wintereinbruch


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Originally uploaded by anjok
Und die Ersten sitzen seit Sonntag ohne Strom in ihren Häusern:

Flasher_t mit einem ersten Bericht: good skiing weather

Hier ein paar Winterbilder der letzten Tage und Sonntag.

Mit einer Kamera sind einige Szenen in der Nacht auf dieser estnischen Wetterseite festgehalten, unten rechts.

Samstag, November 22, 2008

Russischer 007 in Estland

Am 21. September wurde in Tallinn Herman Simm (61), ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, gemeinsam mit seiner Frau Heete als mutmaßliche Agenten des russischen Geheimdienstes verhaftet.

Die Affäre ist für die estnischen Behörden so pikant, daß kaum Informationen an die Öffentlichkeit dringen und nur stückweise bekannt wird, welcher Schaden dem Land und dem Verteidigungsbündnis durch Simm konkret entstanden ist. Das Ehepaar Simm und seine Anwälte wie auch die NATO selbst schweigen anfangs ebenfalls. Simm behauptet jetzt, er sei von den Russen unter Druck gesetzt worden und darum den Weg des geringeren Widerstandes gegangen.

Simm hatte bereits in den 80er Jahren Kontakt mit dem KGB aufgenommen, als im Baltikum die Proteste gegen die Sowjetherrschaft begannen und es als möglich erschien, daß die baltischen Staaten aus dem Staatsverband der Sowjetunion herausgelöst würden. Der russische Geheimdienst hat Simm offensichtlich als Schläfer bewahrt.

Simm machte in Estland nach der Unabhängigkeit zügig Karriere. 1994 wurde er Chef der Polizei, wo Heete Simm früher als Anwältin arbeitete, und wechselte später ins Verteidigungsministerium, wo er für die Koordination mit NATO und EU zuständig war. Simm hatte folglich Zugang zu allen geheimen Dokumenten, die zwischen den Hauptstädten der beteiligten Staaten kursieren. In den vergangenen Monaten betraf dies insbesondere Informationen über den Kosovo, Afghanistan und Georgien.

Seit September geben sich Delegationen von NATO und EU in Tallinn die Klinke in die Hand, um herauszufinden, was genau Simm den Russen übermittelt hat. Der Direktor des NATO Office of Security (NOS), Michael Turner Evanoff, leitet die Untersuchungen und bestätigt das enorme Ausmaß des Verrates. Ein Vertreter der deutschen Regierung spricht von einer Katastrophe, und der estnische Abgeordnete Jaanus Rahumägi, der dem Kontrollausschuß der Geheimdienste vorsitzt, bezeichnet den Vorfall als historischen Schaden. Auch die NATO in Brüssel verlautbart, Simm sei das größte Leck seit dem Ende des kalten Krieges.

Die Presse amüsiert derweil, daß Simm ein altes umgebautes Kofferradio für die Kommunikation mit seinen Kontaktpersonen benutzte, das an längst vergangene Zeiten erinnert. Auch handelte es sich wie während des Kalten Krieges um ein spionierendes Ehepaar.

Simm wurde wahrscheinlich weniger aus ideologischen Gründen als des Geldes wegen zum Agent. Er erwarb in den letzten Jahren kostspielige Immobilien, ein Grundstück am Meer und eine Villa in Saue bei Tallinn, weshalb die Behörden schließlich auf ihn aufmerksam wurden. Als sich ein anderer Este, den der russische Geheimdienst anzuwerben versuchte, den Behörden anvertraute, flog Simm auf.

Die NATO versucht nun, die russischen Pläne zu entschlüsseln, weil man befürchtet, daß es durchaus weitere Lecks in Osteuropa geben könnte. In Brüssel geht man davon aus, daß der russische Geheimnis eine ganze Reihe von Simms in den baltischen Staaten unterhält.

Rußland hat zwar nun einen Spion verloren. Doch gleichzeitig kann Moskau Rache am Westen nehmen für die über Jahre abgelehnte Osterweiterung der NATO. Nach Ansicht von Spiegel online zeigt der Vorfall, wie verletztbar die NATO durch diesen politisch gewollten Schritt geworden ist. Möglicherweise unterminiert der Fall Simm auch das Vertrauen des Westens in die neuen Mitgliedstaaten, deren Zugang zu geheimen Dokumenten bislang den Kenntnissen in westlichen Hauptstädten entsprach.

Dies berichtet die estnische Tageszeitung Postimees unter Berufung auf Daily Telegraph, Daily Mail und Spiegel.

Freitag, November 21, 2008

Ein Blog gesichtet

Von mir unbemerkt ist bisher der Blog "tallinnas" geblieben. Der Autor nennt sich nagilum und postet mitunter Ätzendes, wie hier zum Sprachvergleich Englisch mit Estnisch. Es ist ein Auszug einer Kollegenschelte. Es geht um die Behauptung, das Estnische hätte keine Artikel:

mein kollege erklärt nun zuallererst die drei formen des englischen hauptwortes: allgemeine form (gebraucht, wenn man über eine sache im grossen und ganzen redet; "let´s talk about cars"), indefinite form ("he bought a car"; ein auto von vielen) und definite form ("he parked the car" - wir reden von einem spezifischen auto). danach folgt dann die erklärung, dass das estnische keine artikel habe. das ist richtig; im selben satz findet mein kollege dann aber, auf einen tisch zeigend: "die esten sagen einfach nur ´tisch´, nichts weiter, einfach immer nur ´tisch´."
die esten sagen mitnichten nur tisch. ganz im gegenteil: sie deklinieren ihn sogar, den scheisstisch. insgesamt vierzehn mal, wobei in vier dreiergruppen und einer zweiergruppe jedes nomen, jede nummer, jeder namen und jedes adjektiv zuerst nach grundfall, danach nach lokalfall, nach zustandsfall und nach vorhandensein oder nichtvorhandensein gebeugt wird. die esten sagen nicht "der" tisch oder "ein" tisch, weil sie 14 fälle und deswegen keine artikel nötig haben. sogar die teilmenge eines grösseren ganzen ist über einen speziellen fall, den partitiv, geregelt, der einen unbestimmten artikel vollständig ersetzt.



hier der ganze Post: sprachverständnis

Sonntag, November 16, 2008

Metro Plaza in Tallinn


Metro Plaza
Originally uploaded by soosalu
Vollendet, wir haben im Dezember 2007 über den Abriss des historischen Vorgängergebäudes im Zentrum Tallinns berichtet, nur die ursprüngliche Hülle ist geblieben. Eine Aufnahme von soosalu. Und unten eine Aufnahme von kalevkevad






Freitag, November 14, 2008

Estland und die Aussenwelt

Dieses Video macht mich nachdenklich. Es ist 1988, die Perestroika ist schon weltbekannt. Trotzdem werden auf militärischer Seite noch Prinzipien auf beiden Frontstellungen getestet, im Westen und im Osten. Hier geht es um die Durchfahrtserlaubnis für Schiffe nach einem Vertrag, der aber von der Sowjetunion nicht anerkannt wurde. Die eine Seite fordert das internationale Recht, die andere zeigt ihre Meinung dazu. Millionenteures Kriegsgerät wird dabei benutzt. Eine Episode, die mir unbekannt war. Und da liegt mein Unbehagen: Wir interessieren uns nicht für die militärischen Aspekte der internationalen Beziehungen, grundsätzlich nicht, weil: Frieden ist besser.
Also, was bedeutet die Nato-Mitgliedschaft Estlands, was passiert eigentlich, wenn russische Flieger im Nato Luftraum, von mir aus auch umgekehrt auftauchen, die Geschichten bekommt man Jahre später vielleicht im Detail berichtet, wie diese hier, ein sowjetisches Kriegsschiff versucht im Schwarzen Meer die amerikanische Yorktown zum Abdrehen zu zwingen :

Hier der Originalpost im Blog "Information Dissemination", von dem der Hinweis auf das Video stammt:
On a February Day on the Black Sea in 1988

Interessant sind in dem genannten Blog die Verweise auf russischsprachige Blogs zum gleichen Thema. Dort kann man die Sichtweise der russisch/sowjetischen Seite erfahren, die Militärs beider Seiten gehen respektvoll miteinander um, die Politik setzt aber die Rahmenbedingungen. In diesem Zusammenhang spielt Kommunikation zwischen beiden Gegnern eine große Rolle. Am Ende sind sich die Soldaten aber bewusst, wir führen Befehle aus. Ein schönes Lehrstück.

Samstag, November 08, 2008

Edgar, die Wahl und das System

In der estnischen Hauptstadt Tallinn wird plötzlich über Aspekte des Wahlsystems bei der Kommunalwahl diskutiert. Es geht um die Frage, ob die gesamte Stadt inskünftig ein einzelner Wahlkreis sein soll.

Zur Zeit gibt es in Tallinn acht Wahlkreise: Kesklinn (das Zentrum), Haabersti, Kristiine, Mustamäe, Nõmme, Põhja-Tallinn (Nordstadt), Pirita und Lasnamäe. Das entspricht der Verwaltungsstruktur der Stadt. Gewählt wird mit Vorzugsstimme für Parteilisten. Die Mandatsverteilung erfolgt nach der d’Hondt Methode.

Exkurs Vorzugsstimme: Der Wähler trägt in dem vorgesehen Feld auf dem Stimmzettel die Nummer des von ihm bevorzugten Kandidaten ein und stimmt damit automatisch für die Liste der Partei, welche diesen Kandidaten aufgestellt hat. Der Wähler entscheidet sich also für eine Partei, auf deren Liste er einen konkreten Kandidaten bevorzugen kann. Das führt zu einer Änderung der Reihenfolge der Kandidaten auf der entsprechenden Liste durch den Wahlvorgang.

Exkurs d’Hondt: Bei diesem Verfahren der Mandatsverteilung, deutsch auch Höchszahlverfahren genannt, wird die für die einzelnen Parteien abgegebe Stimmenzahl der Reihe nach durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt. Auf diese Weise entsteht eine einfache Tabelle aus den Quotienten dieser Divisionen. Anschließend werden die zu vergebenen Mandate der Reihe nach an die jeweils nächst höchste Zahl verteilt. Der belgische Jurist Victor d’Hondt hatte dieses System im 19. Jahrhundert, im Zeitalter vor Computer und Taschenrechner entwickelt, um komplizierte und langwierige Rechnungen zu vermeiden.

Im Tallinner Stadrat gibt es 63 Abgeordnete. Bei den Kommunalwahlen 2005 errang die Zentrumspartei von Edgar Savisaar 32 Sitze und damit die denkbar knappste mögliche absolute Mehrheit. Jüri Ratas wurde Bürgermeister.

Exkurs Edgar Savisaar: Dieser Mann ist das enfent terrible der estnischen Politik, über ihn scheiden sich die Geister, er wird entweder verehrt oder gehaßt. Savisaar erfand in der Gorbatschow-Zeit zusammen mit dem späteren Nationalbankpräsidenten, Gründer der liberalen Reformpartei des heutigen Regierungschefs, zwischenzeitlichen Ministerpräsidenten und derzeitigen EU-Kommissar, Siim Kallas, die Idee des selbstwirtschaftenden Estlands (Isemajandav Eesti), dessen Abkürzung IME als Wort gelesen Wunder bedeutet. Savisaar regte die Gründung der Volksfront an, wurde 1990 deren Ministerpräsident und mußte dann doch 1992 zurücktreten. 1995 schaffte er als Juniorpartner und Innenminister im Kabinett seines Volksfrontnachfolgers, Tiit Vähi, erneut den Weg auf die Regierungsbank. Allerdings nur für Monate, denn er hatte heimlich seine Gespräche der Koalitionsverhandlungen augezeichnet. Der Lindiskandaal zwang ihn zum Rücktritt. 2005 wurde er Wirtschaftsminister unter Ansip, als dieser Res Publica die Partnerschaft kündigte und war demzufolge zum Zeitpunkt des Wahlerfolges 2005 am Bürgermeistersessel nicht interessiert.

Nun sind Bürgermeister normalerweise nicht die einflußreichsten politischen Positionen, die zu vergeben sind. Im kleinen Estland jedoch gibt es unter der nationalen Ebene keine politischen Spielplätze. Gewählte Landräte in den 15 immer noch nicht reformierten Kreisen wurden schon vor Jahren abgeschafft. So sind die Stadträte von Tallinn und Tartu die einzigen vorhandenen Nebenkriegsschauplätze, auch wenn in ihrer Politisiertheit manche andere Kommune dem nicht nachsteht.

Die Frage nach dem Zuschnitt der Wahlkreise ist aus mathematischen Gründen wichtig. Das d’Hondt System sollte einfach sein. Aber es begünstigt auch die Erfolgreicheren. Das heißt, die großen Parteien erhalten bei dieser Methode der Mandatvergabe etwas mehr Sitze, als nach einer reinen Prozentrechnung. Und dieser Effekt kummuliert sich in mehreren Wahlkreisen. Folglich hätte die Zentrumspartei, gäbe es in Tallinn nur einen Wahlkreis, zwei Mandate weniger errungen – und die absolute Mehrheit knapp verpaßt. 2002 etwa erhielt die Vaterlandsunion trotz 6,8% Wahlerfolges überhaupt keine Vertretung im Stadtparlament.

Das Ergebnis eines solchen Ergebnisses wäre vermutlich, daß der Politisierung Tür und Tor geöffnet würde, wie es in vorherigen Wahlperioden auch war. Edgar Savisaar war bereits einmal von 2001 bis 2004 Bürgermeister, bis er durch eine Eingung anderer Parteien gegen ihn gestürzt wurde. Was auf der nationalen Ebene seit 1992 geschah, daß nämlich angesichts von Mißtrauensvoten und Koalitionswechseln noch keine Regierung eine ganze Legislaturperiode regieren konnte, gilt für die Stadt verstärkt, wo im selben Zeitraum mehr Bürgermeister ein- und abgesetzt worden sind.

Es überrascht also wenig, daß Savisaar im März 2007 seinen letzten Faustpfand nutzte. Als sich nach den Parlamentswahlen Ministerpräsident Andrus Antsip trotz des Sieges seiner Koalition mit der Zentrumspartei andere Partner suchte, setzte sich Savisaar entgegen vorherigen Versprechungen doch selbst auf den Chefposten in der Unterstadt, nur wenige hundert Meter vom Domberg entfernt.

Die Frage der Wahlkreiseinteilung in Tallinn ist also nicht unbedeutend, denn vor der bevorstehenden Europawahl streiten sich jüngst die Parteien auch darüber, ob die Listen hier starr oder lose gebunden sein sollen. Ein Umdenken in beiden Punkten würde sofort die Frage nach der nationalen Ebene aufwerfen, wo ebenfalls Vorzugstimmen und d’Hondt zur Anwendung kommen.

Der Leiter der Wahlabteilung in der Staatskanzlei, Mihkel Pilving, hält diese Gedanken für Spekulationen, schließlich würden Parteien und Wähler sich bei einem anderen System anders verhalten. Eine zweifelhafte Stellungnahme. Welcher Wähler beschäftigt sich schon im Detail mit dem Auszählungsverfahren?

Freitag, November 07, 2008

Passage - Obama der neue Präsident der U.S.A.


Passage
Originally uploaded by jurvetson
Steve Jurvetson, einer der bekanntesten estnischstämmigen Amerikaner hat Obama von Anfang an unterstützt. Hier ein privates Foto von ihm vor zwei Jahren, als die Chancen für Obama US-Präsident zu werden noch gleich Null waren.
Und der Wechsel ist wichtig. Guantanamo und der Irakkrieg haben tiefe Gräben gezogen zwischen Amerika und Europa.

Jurvetson zitiert Obama, dass die Gesetzlosigkeit nun bald ein Ende habe, so hoffen wir auch:
"While we are at it, we can close Guantanamo and restore habeus corpus because that’s how we lead. The strength of our diplomacy has to be matched by the power of our ideals."

Donnerstag, November 06, 2008

Estland doch atomfrei?

Nach den Parlamentswahlen in Litauen ist unklar, mit welcher Strategie die neue litauische Regierung die Energiepolitik weiterführen wird: neben dem Versprechen der Abschaltung veralteter Anlagen ("Tschernobyl-Typ") war es versäumt worden, rechtzeitig Alternativen in Richtung erneuerbarer Energien und verbesserter Effektivität der Energienutzung zu entwickeln.
Nun mehren sich Stimmen in Estland die davor warnen, sich auf die Atomkraft zu fixieren und nur auf den (teuren!) Neubau eines AKW in Visaginas in Litauen zu setzen.

"Selbst Ministerpräsident Ansip hat inzwischen davor gewarnt, sich abhängig zu machen von dem litauischen Projekt", sagt Peep Mardiste von der 'Grünen Bewegung Estlands', "und auch der Energieversorger Eesti Energia verläßt sich inzwischen nicht mehr auf die Realisierung dieses 7,5 Milliarden teuren Projekts." Mardiste verweist statt dessen auf das "Potential sauberer Energieerzeugung", dass Estland habe. "Uns liegt eine Studie vor, die aufzeigt, die Gegenwärtige 99%ige Abhängigkeit Estlands von fossilen Brennstoffen könnte bis 2020 auf 39% gesenkt werden."

Dieser Denkrichtung entspricht auch ein Beitrag bei Baltic Business News vom 3.11.2008. Nur die Politikersprache klingt anders: Ministerpräsident Ansip plädiere nun für ein eigenes estnisches Atomkraftwerk. Konsequenz wäre aber: Ein Ausstieg aus Visaginas (Ignalina2) würde die Atompläne Litauens erneut in Schwierigkeiten bringen, und selbst dieses Projekt war ja schon teuer genug. Ob aber ein kleines Land wie Estland derartiges allein schultern könnte? Über die Jahre der notwendigen Planungen wäre Zeit gewonnen, über wirklich vernüftigere Alternativen nachzudenken.

Ebenfalls dazu:
BANKWATCH Baltic Energy Strategy (PDF)

Studie von EESTI ENERGIA zu Windkraftanlagen in Estland

Stellungnahme EESTI ENERGIA zum AKW Visaginas

Montag, November 03, 2008

Der ganz andere Meri

Lennart Meri ist auch außerhalb Estland nicht unbekannt. Der Schriftsteller wurde während der Umbruchzeit Außenminmister und war von 1992 bis 2001 Präsident. Der 1929 geborene Meri starb 2006.

Ein Cousin, Sohn des Onkels des früheren Präsidenten, Arnold Meri, hingegen muß sich 88jährig derzeit juristisch für seine Vergangenheit verantworten. Während Lennart Meri ein Gegner der Sowjets war, machte Arnold Meri Karriere. Wegen seines Einsatzes im Zweiten Weltkrieg dufte er sich seit 1941 Held der Sowjetunion nennen, erhielt 1948 den Leninorden und wurde 1961 stellvertretender Bildungsminister der estnischen sozialistischen Sowjetrepublik. Daß er den Siegestag noch 2002 mit Vladimir Putin gemeinsam in Moskau feierte, stieß in Estland nicht auf Verständnis.

Vor dem Landgericht Pärnu wird nun der Vorwurf des Genozides verhandelt, doch Meri versucht, dem Prozeß wegen seines angeschlagenden Gesundheitszustandes zu entgehen. Während Richter Mart Reino die Ergebnisse der jüngsten Expertise nicht offenlegen möchte, behaupten Meri und sein Anwalt Sven Sillar, noch keine Kenntnisse des jüngsten Berichtes zu haben. Arnold Meri erklärt jedoch, es ginge ihm noch schlechter als vorher, was ihn aber einstweilen nicht weiter störe.

Reino hatte den Prozeß im Mai für die Zeit der Untersuchung Meris unterbrochen, denn die letzte Expertenmeinung liegt bereits viereinhalb Jahre zurück und in dieser Zeit, so der Richter, könne sich selbstverständlich der Gesundheitszustand eines Menschen ändern. Nach Angaben des Anwalt leidet Meri an Lungenkrebs und sein Arzt habe von weiten Reisen abgeraten.

Bei der Eröffnung des Prozesses in Kärdla auf der Insel Hiiumaa hatte Meri sich für nicht schuldig befunden. Vorgeworfen wird ihm, als damaliger erster Sekretär des Zentralkommitees der leninistisch-kommunistischen Jugend 1949 die Deportation von 251 Einwohnern der Insel in die Oblast Novosibirsk in Sibirien organisiert zu haben. Unterwegs starben elf der 13 über 75 jahre alten Personen. 16 waren noch nicht 18 Jahre alt.

Die damaligen Deportationen von insgesamt über 20.000 Menschen aus Estland betrafen vorwiegend Frauen und Kinder, bewußt, denn bestraft werden sollten die Verwandten von Männern, die sich als Partisanen in den Wäldern versteckt hielten oder ins Ausland geflohen waren.

Meri behauptet, die Deportationen seinen von Moskau so minuziös geplant worden, daß jemand seines geringen Ranges dort nichts hätte beeinflussen können. Er sei zuständig gewesen für die Kontrolle der Vorschriften, wieviel persönliche Gegenstände die Betroffenen mitnehmen durften. Vor Ort habe er Verstöße festgestellt und gegen diese per Telegramm nach Tallinn protestiert. Doch dieses Dokument ist heute in den Archiven nicht zu finden.

Der alte Mann wirft nun der heutigen politischen Elite vor, das Thema immer wieder auszugraben, wenn er sich öffentlich kritisch äußere. Die erste Befragung habe bereits 1995 stattgefunden, also immerhin zwölf Jahre vor Prozeßbeginn. Beobachter vermuten ebenfalls, daß möglicherweise Meris Kritik an der Versetzung des Bronzesoldaten im vergangenen Jahr in Wahrheit Auslöser der Anklage sei. Die Behörden jedoch entgegnen, daß nach und nach die Geschichte in allen Regionen Estland untersucht würden und sich ebenfalls gegen Kollaborateure der Nazis richteten. Diese aber hatte bereits die Sowjetunion zur Rechenschaft gezogen.

Die Deportationen von 1949 sind lange her. Die handvoll alter Männer, die für ihre Taten in unteren Rängen während der vergangenen Jahre angeklagt worden waren, hatten auch das Mitleid eines Teils der Bevölkerung. Anders ist dies bei Arnold Meri. Eine Verurteilung würde sicher neuerlich zu Wortgefechten mit Moskau führen. Das verlangte Strafmaß ist lebenslänglich.

Samstag, November 01, 2008

Dok-Leipzig Festival 2008



In Leipzig werden unzählige osteuropäische Dokumentarfilme gezeigt. Aus der Selbstdarstellung der Veranstalter:
Das Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm - kurz DOK Leipzig - ist das größte deutsche und eines der führenden internationalen Festivals für künstlerischen Dokumentar- und Animationsfilm.

Auch Estland ist vertreten. Der Autor des Stralau-Blogs hat alles, was er gesehen hat, kurz beschrieben. Ein ungeheurer Aufwand, und es ist interessant ein kleines Geschichtsdetail zu erfahren, die Rolle der baltischen Schauspieler in der Sowjetunion:

Fritsud ja blondiinid (Nazis & Blondes) (Arbo Tammiksaar, Andrei Hvostov, Estland, Lettland 2006, 52 min.) — Internationales Programm Dokumentarfilm

Hier der Post von Stralau dazu: Doku-Leipzig 2008 (iv) Fritsud ja blondiinid

Hier der Trailer: "Nazis and Blondes"

Hier die Webseite: Nazisandblondes, siehe Foto oben

aus Stralau Blog - Schöner sterben am Wasser

Ein weiterer Film mit estnischer Beteiligung: The Revolution That Wasn't