Der Baltendeutsche Johann Michael von Benckendorff (1763-1841), der General-Adjutant im russischen Dienste und Oberkommandant von Reval, interessierte sich ebenfalls für dramatische Kunst und unterhielt später auf seinem Gut ein Leibeigenentheater. Es ist höchst wahrscheinlich, dass in Anbetracht der Popularität von Schillers Dramen in Russland und im Baltikum sie auch in seinem Leibeigenentheater aufgeführt wurden. Es mag für den heutigen Leser einen bizarren Beigeschmack haben, dass die Theatermäzene ihre Sklaven Monologe zur Freiheit und sozialer Gerechtigkeit vortragen ließen. Dies jedoch war kein Widerspruch für die adeligen Gutsbesitzer, die die Begriffe wie die Freiheit aus der engen Perspektive ihres Standes betrachteten, in der für ihre Bauern kein Platz vorhanden war. Der aufklärerische Gedanke der Stücke hinderte jedenfalls den Bruder von Johann Michael, Alexander von Benckendorff, nicht, später als Chef der 3. Abteilung jeglichen Freiheitsgedanken auszumerzen.
Der gesamte Text: Schiller Rezeption in Russland, von Andreas Keller
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