Der estnische EU-Kommissar Siim Kallas möchte der nächsten EU-Kommission nicht mehr angehören. Mit dieser Ankündigung überraschte der stellvertretende Kommissionspräsident letzte Woche insofern, als er damit zu einem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit tritt, in der die derzeitige Kommission gerade erst ihr Amt angetreten hat. Kallas spricht also über die Zeit nach 2014. Warum?
Kallas hat gerade eine erste Amtszeit als Kommissar für Verwaltung, Audit und Korruptionsbekämpfung hinter sich und ist jetzt für Verkehr zuständig. Er war und ist gleichzeitig einer von mehreren Vizepräsidenten der EU-Kommission.
Seine Ankündigung begründet Kallas trivial damit, man werde nicht jünger, außerdem lägen de facto noch 5 volle Jahre vor ihm.
Der 1948 geborene Siim Kallas hat eine imposante Karriere hinter sich. Er war bereits zur Sowjetzeit in der Finanzverwaltung und als Journalist tätig. Als die Sowjetunion zusammenbrach, führte er gerade die Gewerkschaft. Kallas wurde nach der Unabhängigkeit Chef der estnischen Notenbank und verließ diese für den Wechsel in die Politik mit der Gründung einer eigenen politischen Kraft, der Reformpartei, die auch derzeit mit Andrus Ansip den Regierungschef stellt. Kallas war anschließend Außenminister und Ministerpräsident.
Der Presse erklärte er auf Nachfrage nun, niemand biete ihm den Posten des Kommissionspräsidenten an, um später nachzulegen, daß der Nachfolger Barrosos sicher aus einem der großen EU-Länder kommen werde.
Umfragen zu Folge sehen sechs Prozent der Befragten in Estland Kallas als nächsten Präsidenten. Aber auch hier winkt der EU-Kommissar ab. Toomas-Hendrik Ilves sei ein guter Präsident. Und Ilves ist erst in seiner ersten Amtszeit.
Wenn die Amtszeit der derzeitigen Kommission endet, ist Kallas im Rentenalter und hätte noch ein paar Jahre, bis Ilves nach Ende der zweiten Amtszeit nicht mehr antreten kann. Sollte Kallas dann Interesse haben, wäre er nicht der erste Präsident eines Staates, der ein vorwiegend repräsentatives Amt im Alter von über 70 antritt.