Über die Jahre haben wir hier an dieser Stelle schon öfters über das Unglück der M/S Estonia berichtet, das 1994 geschah. (Neues Altes, Vergangenheitsbewältigung, 12 Jahre danach, Neue Untersuchung, das Ende der Geheimnistuerei?). Auch das Buch "The Hole" (Das Loch, "Auk" in der estnischen Ausgabe) von Drew Wilson, das auch die "U-Boot-Theorie" enthält, ist nun schon viele Jahre alt (auch wenn es immer wieder neu aufgelegt wird). Wir sind uns also durchaus unsicher, ob die Schlagzeile dieser Woche wirklich eine ist: Was wurde nun am Wrack der "M/S Estonia", weit unten in den Tiefen der Ostsee, durch angeblich illegale Tauchgeräte gefunden? Ein Loch? Wie bitte? Sind hier die Recherche-Fans zu lange in Selbstisolation gewesen?
Oj, Oj, Oj - Tiefseefilmer inszenieren sich live im schwedischen Fernsehen |
Das,
was jetzt in verschiedenen deutschen Medien zu lesen war, ist also
nicht neu. Demzufolge wird auch nicht von wirklichen "Neuigkeiten"
geschrieben, sondern nur von angeblich notwendigen "neuen
Untersuchungen". Estlands Ministerprädient Jüri Ratas habe diese
Untersuchungen nicht nur gefordert, sondern wolle diese auch leiten,
behauptet die "Tagesschau". "Unser Wunsch ist es, dass die Wahrheit definitiv ans Licht kommt," so zitiert die FAZ Ratas,
erwähnt aber auch, dass Schweden und Finnen weiterhin am offiziellen
Untersuchungsbericht aus dem Jahr 1997 festhalten. Einige stellen aber auch die angeblich neue
Uboot-Theorie groß heraus - so "Tagesspiegel" und MDR. Aufgeworfen, man könnte auch sagen aufgewirbelt, hat die These des Zusammenstoßes mit einem Uboot Margus Kurm, estnischer Ex-Staatsanwalt und 2005 bis 2009 Leiter des Untersuchungskommittees zur Estonia-Kathastrophe.
Was also wirklich neu ist: es gibt neue Filmaufnahmen. Es gibt nun, nach 25 Jahren, ein 4 Meter großes Loch. Nun ja, die Filmaufnahmen waren sicher teuer, die müssen irgendwie ja finanziert werden. "Eurotopics" zitiert die estnische "Postimees", wo auch mögliche Schadenersatzansprüche ins Spiel gebracht werden, wenn sich herausstellen sollte, dass das Unglück auch Verursacher hatte. "Was sollen wir jetzt mit diesen neuen Informationen machen?" so fragten die Journalisten des ERR den wieder erwachten Ankläger Kurm. Der antwortet etwa so: "Die estnische Regierung sollte in aller Ruhe überlegen, wem sie in Zeiten wie diesen trauen kann."
Aha, daher weht der Wind! Es sind offenbar vor allem "Zeiten wie diese" - oder die Hoffnung darauf. Zeiten, die offenbar besonders geeignet sind für Verschwörungstheorien, und für Behauptungen, Politiker*innen könnten nur dann das "Vertrauen des Volkes" wieder gewinnen, wenn solchen Mythen mehr geglaubt wird. Wir werden sehen.