Montag, März 31, 2008

Lennart Meri Konferenz in Tallinn


Staatsbesuch Lennart Meri 2000
Originally uploaded by Jens-Olaf
Das zweite Mal fand eine Konferenz zum Andenken Lennart Meris statt. Meri war bis 2001 Estlands Präsident. Einen ersten Eindruck des Treffens am Wochenende in Tallinn hat Giustino auf seinem Blog hinterlassen.
Auf der Suche nach aktuellen Stellungnahmen bin ich bis jetzt lediglich auf die Publikation des letzten Jahres gestoßen. Und da finden sich einige interessante Hinweise, die ich so noch nicht kannte. In "Diplomaatia" wird eine Episode beschrieben, die Lennart Meris Stil kennzeichnet.
Im August 1995 gab es eine Sicherheitskonferenz auf Rügen, an der auch der deutsche Verteidigungsminister Volker Rühe teilnahm. Der soll einem "nordischen" Diplomaten angedeutet haben, dass er bei einem anstehenden Treffen mit Meri erklären würde, dass Estland niemals der NATO beitreten könne.
Am nächsten Tag war Rühe in Tallinn, Meri begrüßte ihn und wies darauf hin, dass es ein besonderer Tag sei.
Rühe fragte, was denn für ein Tag. Meri: Der Jahrestag des Molotow-Ribbentrop Paktes.
Rühe soll sein Anliegen danach für sich behalten haben. S.3 Diplomaatia

Mittwoch, März 26, 2008

Frühling kommt später


Today in Tallinn
Originally uploaded by E v a
Auch in Tallinn. Aber die Stühle waren schon draußen. Evas Foto vom 26. März

Sonntag, März 23, 2008

Integration - Wie geht es weiter?

Keine einfache Antwort. Allein das Wort Integration bräuchte genauere Bestimmung. Es gibt weniger als eine Millionen Esten in Estland. Es gibt über 300 000 Russen und sie sind auch Esten. Das sagt die Statistik.
Nun hat Urve Palo, die zuständige Ministerin, den zukünftigen Rahmen für weitere Einbürgerungen beschrieben. Knapp 116 000 Staatenlose leben in Estland. Etwa 9% der Gesamtbevölkerung. Davon werden ungefähr 5000 jährlich die estnische Staatsbürgerschaft erhalten.

Under the previous integration program which ran from 2000 to 2007 only 5000 people a year became Estonian citizens out of a population of nearly half a million people who are not ethnically Estonian.

At present Estonia has 115,672 stateless residents who represent 9 percent of the population.


Gleichzeitig läuft an verschiedenen Schulen das "Immersion" Programm für eine Ausweitung der estnischen Sprache an Schulen der Minderheiten, vor allem an den russischsprachigen. Ich erlaube mir ein längeres englischsprachiges Zitat aus den offiziellen Überlegungen für die Einführung des Programms, Language Immersion Centre:

History of the Immersion Program in Estonia


THE ESTONIAN CONTEXT

Approximately one third of the population of Estonia is of non-Estonian origin, the vast majority of whom do not speak Estonian and are not fully integrated into the mainstream of Estonian political, social and cultural life.

The integration of minorities is a major priority of the Estonian Government. In this regard, fluency in the national language is considered a prerequisite for the political, economic, social and cultural integration of non-Estonians living in Estonia.

With the re-establishment of independence in 1991, Estonian became the official language of the country and the curriculum of Russian-language schools was harmonised with that of Estonian-language schools. The number of hours dedicated to the study of Estonian in Russian-language schools was increased dramatically.

However, current Estonian as a second language teaching strategies have generally not brought about the required returns. In particular, the majority of high school graduates from Russian-language schools do not have sufficient Estonian language skills to be competitive in the job market or to continue their studies in institutions of higher learning.*

Consequently, Russian-speaking parents are increasingly seeking opportunities to help their children become bilingual, but are also concerned that their children maintain their cultural identity. The parents’ preferred model is one where the curriculum is taught partly in Estonian and partly in Russian.**


Und hier konkret,was sich an den Schulen ändert: Major Program Achievements

Es läuft also auf Zweisprachigkeit hinaus. Und hier wäre eine sachliche Diskussion mehr als angebracht. Wirkliche Zweisprachigkeit ist eine Herausforderung für Didakten, Lehrer, Sprachwissenschaftler, Linguisten, Eltern, Schüler. Ich meine, dass das derzeitige Programm die Probleme erkennt. Am Ende entscheidet das Ergebnis. Sind Absolventen russischsprachiger Schulen "wettbewerbsfähig" am estnischen Jobmarkt oder nicht, oder haben sie sogar Vorteile davon?. Jedenfalls nicht solange es Beobachtungen gibt wie hier, "Integrate me".

Montag, März 17, 2008

Wilde's Bank in Schwierigkeiten

Eine Bank in Schwierigkeiten? Nun, es könnte sich um die Rezession in den USA handeln. Da die Sache aber mit Estland zu tun hat, und in diesem Zusammenhang eine spezielle Beziehung Estlands mit Irland oft strapaziert wird, muss es hier wohl doch um etwas anderes gehen.

Dieses Foto, entnommen aus der irischen "Galway-News", dokumentiert den traurigen Zustand. Deja-vu - schon mal gesehen? Ja, im altehrwürdigen Tartu stehen (sitzen) die von Tiiu Kirsipuu geschaffenen Skulpturen, als Darstellung einer fiktiven Begegung zwischen dem estnischen Schriftsteller Eduard Vilde (1865-1933) und dem irischen Dichter Oscar Wilde (1854-1900). Im April 2004 schenkte Tartu nun wiederum der irischen Partnerstadt Galway eine Kopie dieser beliebten und viel fotografierten Sehenswürdigkeit. Auch für den "Irish Emigrant Online" war diese Geschichte schon ein Thema.

Doch nun erzeugt das Geschenk neue Schlagzeilen. Sind die Iren einfach temperamentvoller in der "Denkmalnutzung" als die Esten? Die Bank jedenfalls, auf der die beiden Skulpturen in Galway platziert sind (Granit, immerhin), hat einen Riss. Am Jahresende 2007 mussten die beiden Literaten im schönen Galway inmitten eines Absperrzaunes sitzen, während auch im Januar empörte Lokalpolitiker - sich offensichtlich der möglichen Irritationen in der Beziehung mit Tartu bewußt - noch auf schlecht geklebte Risse deuten ("Galway Advertiser", estnisches Expat-Forum).

Wie konnte es soweit kommen? Tartu nennt sich ja die "City of good thoughts", und nimmt die Sache hoffentlich nicht so schwer. Am 18.Januar berichtete auch schon "Postimees", vorläufig ohne negative Schlagzeilen - denn noch ist die Bank nicht zusammengebrochen.
Da hoffen wir denn auch, dass nicht die irischen Freiwilligentruppe den Schaden angerichtet hat, die im im Sommer 2007 in Galway sozusagen "mit Schaufel und Spitzhacke" am Wildeschen Denkmal in Galway posierten, bevor sie zu einem "Volunteer"-Einsatz nach Estland aufbrachen (siehe Blog "Volunteering in Estonia"). Erst in Estland Waldwege harken, und dann zu Hause zusehen, dass frau nicht arbeitslos wird?

Nein, wir nehmen nur das Beste an von allen Beteiligten; auch estnische Irland-Reisende unterziehen schließlich das Denkmal regelmäßig einem Belastungstest (siehe Anitas Blog "going after your dreams").
Und ein Gutes hat die Sache ja: alles ruhig in Tartu. Das Denkmal steht und schweigt.

Donnerstag, März 13, 2008

Estland rund um Flensburg

Im Süden und im Norden Deutschlands wird in den nächsten Wochen besonders viel von Estland zu erleben sein. Während der estnische Teil des estnisch-deutschen Kulturprogramms dieses Jahres als E-stonia hauptsächlich in Baden-Württemberg veranstaltet wird (siehe Veranstaltungskalender), kommen Musikfans im April rund um Deutschlands nördlichste Stadt Flensburg auf ihre Kosten.

Vom 10.-13.April 2008 findet zum vierten Mal FolkBaltica statt. Veranstalter sind ein Zusammenschluß von Musikvereinigungen und Folkkünstlern aus Schleswig-Holstein, und man ist stolz darauf, als Partner auch die Region Sønderjylland/Schleswig zu haben, so dass es auch Veranstaltungen im südlichen Dänemark geben wird (Apenrade, Broager–Skelde, Sønderhav, Sønderborg).

Besonders erwähnenswert ist FolkBaltica in diesem Jahr, da der Musikschwerpunkt ESTLAND vorgestellt wird. Aus Estland sind u.a. im Programm RO:TORO und Karl Laanekask, ELLETUSE & Liisi Koikson, und The Johansons. Eine Veranstaltung gibt es auch am 9.April im Landeshaus in Kiel, und hier ist sogar Eintritt frei (estnische Appetithappen für die Landeshauptstädter).

Und wer sich gar nicht für Folkmusik interessiert, oder wem der Weg bis Flensburg zu weit ist, der kann sich in der Zeit bis zum Festival am Estland-Ticker erfreuen, der vom Deutsch-Estnischen Forum (Aino Siebert) und der Pärnu Postimees zur Verfügung gestellt wird: Nachrichten aus Estland in deutscher Sprache.

Webseite Folkbaltica

Webseite Liisi Koikson

Webseite "The Johansons"

Webseite RO:TORO

Mittwoch, März 12, 2008

Estland - Norden, baltisch oder was?


They are Komi people
Originally uploaded by ugraland
Peteris Cedrins hat wieder einmal die baltische Einheit beschworen. Trotz der halb offiziellen Ausrichtung Estlands nach Skandinavien; Peteris unterstreicht die Verbindungen, die immer noch bestehen, oder durch neue Entwicklungen sogar verstärkt wurden. Litauen, Lettland und Estland sind zum Beispiel in der NATO, aber Schweden und Finnland nicht.
Was ist aber anders als Skandinavien, wenn es um Estland geht, oder anders als die beiden (sprachlich) baltischen Länder Lettland und Litauen. Es ist die Verbindung mit anderen linguistisch und sonstwie verwandten Völkern im Osten. Wie hier die Komi.
ugraland hat einige seltene Aufnahmen aus dieser Weltgegend gesammelt.
Nicht nur die Komi spielen da eine Rolle. Wikipedia weiß mehr.


Hier die Verbreitung der finno-ugrischen Sprachen.
Der Übergang Asien und Europa ist nicht eindeutig, siehe Haarfarbe, es sind Chanten laut ugraland.

Mittwoch, März 05, 2008

Zwei Blogger in Estland

Wir posten im "estland"-Blog seit nunmehr drei Jahren. Dazu gehören albatros und neuerdings Dr. Axel Reetz. Der Aufwand ist hoch, aber noch mehr für "Giustino", der das Konzept Bloggen über Estland auf die Spitze treibt. Ein amerikanischer Mediendozent in Tallinn hat mir vor einem Jahr prophezeit, dass Giustino möglicherweise nicht mehr lange das Niveau halten kann, eventuell bald die Segel streichen wird. Alternative: Blog einstellen. In dem Moment, wo die Leser tägliche Posts erwarten und die Kommentare in die Dutzende gehen. Aber Giustino, Justin Petrone, macht weiter. Er betreibt den Blog, wo ich die meisten Kommentare über Estland hinterlasse. Ich konnte ihn beobachten, als nach den Aprilunruhen in Tallinn 2007 mehr als 100 Kommentare während einer Nacht als Reaktion auf ein Post aufliefen. Epp, er ist mit einer Estin verheiratet, versuchte auf die Kommentare zu reagieren, sie gingen zum Teil unter die Gürtellinie. Wir: ich, Giustino und Flasher_T waren in Tartu unterwegs. Giustino versuchte später am Morgen einzugreifen. In diesen Nächten hat er nicht viel geschlafen. Siehe Foto am Morgen:
Justin
Hier einer der berüchtigten Posts und die Reaktionen:
Let the spinning begin über 280 Kommentare, ich hoffe jeder weiß, was das bedeutet, wenn man nicht anonym postet.

Und hier der Post, zu dem das Foto gehört:
New Policy for Itching for Eestimaa

In Cirque du Tallinn beschreibt im Kommentar Scott, was er erlebt hat, als er einen der Plünderer der Altstadt Tallinns verfolgte, Kommentar 6.11 am

Giustino ist Amerikaner, und mit der englischen Sprache zu spielen, ist eines seiner Markenzeichen. Das kann auch Flasher_T. Aber er ist russischsprachiger Este und hat sich sein erstes ernsthaftes Englisch über Magazine erworben, die er im Original gelesen hat. Obwohl er ein Computerfreak ist, schreibt er Kolumnen über Estland, oder Serbien oder Israel. Denn Playtech ist seine Firma und sie schicken ihn ab und zu in den Nahen Osten. Ach ja, das Jüdische taucht auch in seiner Familie auf. Er ist politisch unkorrekt, manche Kolumnen haben das Zeug für die Meinungsspalte führender Tageszeitungen, er ist Anfang zwanzig:
Local Warming, braucht Estland die Kernenergie oder geht es mit dem Ausbeuten der umweltfeindlichen Ölschiefervorräte im Nordosten weiter? Und was hat das mit der Erderwärmung zu tun? Sein letzter Post.
Flasher_T
Flasher_T
Er hatte vor kurzem Klassenjubiläum, seine russischsprachige Abgängerklasse, ich habe ihn gefragt,was sie derzeit so machen in Estland: Das Treffen.

Anmerkung: Wer noch die anderen Talente von Giustino kennen lernen möchte, hier seine musikalischen Seiten.

Moskau Wahltag


Moscow, Election Day
Originally uploaded by Neeka
Aber auch in Estland wurde gewählt. Denn um die 80-000 bis 100 000, und jetzt ist die Bezeichnung Russen im Sinne der Staatsbürgerschaft korrekt, konnten an den Präsidentschaftswahlen in Russland teilnehmen.
Über die genauen Minderheitenzahlen in Estland, überwiegend russischsprachige Bürger, lässt sich hervorragend streiten. Denn ein Teil ist und war schon lange Estnisch, ein Teil ist (noch) staatenlos und ein dritter besitzt die russische Staatsbürgerschaft. Noch habe ich die Wahlergebnisse aus Estland nicht vorliegen, ich hoffe ich kann sie noch nachliefern.
Foto, aufgenommen von Neeka einer ukrainischen Journalistin.


Update: Auf der Suche nach den Ergebnissen der Wahl bin ich auf dieses Online-Interview (2007) mit dem Bürgermeister (head of administration) von Narva Mikhail A. Stalnukhin gestoßen. Es gibt einen guten Überblick über die wichtigen Themen, die auf der russisch-estnischen Seite diskutiert wurden.

Samstag, März 01, 2008

Suur Tõll



стрела
hat diesen alten Animationsfilm aus Tallinn auf dem Videoportal Load Up zugänglich gemacht. Bis jetzt waren nur Fragmente bei Youtube vorhanden.
Und Teil 2

Via Vice, mit einer Kurzbeschreibung.
Bevor CGI daherkam und alles versaute, produzierte Estland furchteinflößende Stop Motion Animationsfilme, die Millionen von Kommunistenkindern Alpträume bescherten. Einer der besten Filme war Suur Töll.
...

Einen ausführlichen Hintergrund liefert animatsiya community

Wikipedia über Suur Tõll:
Da verlässliche Zeugnisse über die estnische Mythologie fehlen, beruht die Geschichte vom Riesen Suur Tõll auf der Volksüberliefung. Danach lebte er mit seiner Frau Piret im Dorf Tõlluste (heute Gemeinde Pihtla) auf der Insel Saaremaa. Mit großen Steinen warf er nach seinem Gegner, dem Vanatühi oder Vanapagan, der das Diabolische repräsentierte. Oft besuchte er zu Fuß seinen Bruder Leiger von der benachbarten Insel Hiiumaa.

Der Suur Tõll ist eine positive Gestalt der Mythologie. Er galt als hilfsbereit, wenn auch mit aufbrausendem Temperament. Er aß gerne Kohl, trank Bier und besuchte regelmäßig die traditionelle Sauna.

In der Volksüberlieferung wurde er am Ende von seinen Feinden geköpft. Der Suur Tõll steckte daraufhin seinen Kopf auf sein Schwert und ging selbst zu seinem Grab, das sich in der Nähe von Tõlluste befinden soll. Bei seinem Tod versprach er, bei Krieg wiederzukommen und den Bewohnern der Insel zu helfen.