Freitag, November 05, 2021

Trolley ohne

Trolleybusse, also Busse die ihre Energie aus Oberleitungen beziehen (manche nennen sie auch O-Busse), fahren in der estnischen Hauptstadt Tallinn seit 1965 - erst kürzlich wurde das 55.Jubiläum des Tallinner Trolleybusverkehrs gefeiert (tlt.ee). Das Betreiberunternehmen "Tallinna Linnatranspordi" betont aus diesem Anlass, Trolleybusse seien heute besonders wichtig für die Bewohner/innen der Stadtteile Mustamäe, Väike-Õismäe, Kristiine, Põhja-Tallinn and Kesklinn. 

Nun gibt es aber Pläne, bis 2025 keine Diesel-Busse und bis zum Jahr 2035 in Tallinn nur noch Busse mit Elektroantrieb einzusetzen (err). Um das zu erreichen, sollen nach und nach 650 Elektrobusse neu gekauft werden (err). Das Aus für die traditionellen Trolleybusse? "Trolleybusse werden stufenweise aus dem Stadtbild von Tallinn verschwinden", hieß es schon öfter in estnischen Presseberichten - ohne allerdings konkrete Daten zu nennen. (err / Baltic Times) Noch gibt es 50 Trolleybusse, eingesetzt auf nur noch vier von ehemals neun Linien.

Seit wenigen Wochen werden nun neue Fahrzeuge für die Tallinner Trolleybusflotte getestet. Die Fahrzeuge mit der Bezeichnung Solaris Trollino 24 MetroStyle sollen vor allem in der Lage sein, eine kurze Zeit auch ohne Stromabnehmer, also ohne Kontakt zu den Oberleitungen fahren zu können. Ein Fahrzeug, das auch bereits einen Designpreis abräumte (omnibusrevue) Auch in der slowakischen Hauptstadt Bratislava wurden bereits Probefahrten absolviert (busstreff).

den ganzen Bus auf ein Foto bekommen?
Schwierig ...

Das Gefährt aus Polen kann einige Kilometer mit bordeigenen Batterien bestreiten, die durch die Oberleitung aufgeladen werden. Das bringt die Tallinner Stadtplaner/innen auf neue Ideen. Zum einen wird über Express-Linien nachgedacht, "Metro-Busse" genannt, bei denen diese Fahrzeuge auf Hauptstraßen in Verkehrsspitzenzeiten eingesetzt werden und Kreuzungen schneller passieren können sollen. (Postimees) Außerdem ist statt Seitenspiegeln ein spezielles Kamerasystem eingebaut, das den "toten Winkel" eliminieren soll und den Fahrer vor anderen Verkehrsteilnehmer/innen wie Fahrradfahrer/innen oder Fußgänger/innen warnt.

Setzen offenbar eher auf die
Variante "selbstfahrend":
Uschi von der Leyen, Ministerpräsidentin
Kallas

Andererseits sind diese "Doppelgelenkbusse" auch 24 Meter lang, und damit doppelt so lang wie ein regulärer Bus, drinnen sollen 200 Passagiere Platz haben. Kaufpreis: 800.000 Euro. "So können wir vielleicht mit der zusätzlichen Energie aus den Batterien auch Stadtteile erreichen, die bisher unerreichtbar schienen", sagt Deniss Boroditš, Vorstandsmitglied bei "Tallinna Linnatranspordi AS". Immerhin koste so ein Metrobus dreimal weniger als eine Straßenbahn (err). "Der Elektrobus, das wird wie ein Trolleybus ganz neuer Art sein", versucht Boroditš die Nostalgiker zu trösten (err)

Bis Dezember werden nun zunächst die Trollino-24-MetroStyle-Busse in Tallinn getestet. Vorteil für Fahrgäste: einfach zusteigen und abfahren - Ticketkontrollen gibt es in den Testbussen nicht. Und wer die Fahrt mit Trolleybussen so richtig genießen kann, dem/der wird vielleicht auch das Lied von Viktor Tsoi vom "Троллейбус –Trolleybus” durch den Kopf gehen (ein Tipp des estnischen Bloggers "Flatfish") "We look out the window, with some hope at least, on the trolley-bus that goes to the east ..."

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