Nicht nur die Verkehrsplaner in Deutschland erwarten gegenwärtig den großen Boom der E-Scooter - auch in Estland sind die Verleiher startbereit. Schon zur angelaufenen Touristensaison werden die Gäste in Tallinn E-Scooter ausleihen können.
"Bzzzz is coming", wirbt eine der neuen Scooter-Verleiher, die Firma CITYBEE, ein Start-up aus Litauen, der auch in Estland bisher mit Carsharing-Angeboten bekannt wurde. Doch wird die "Bzzz-Freude" wirklich so groß sein? Der Domberg ist steil und führt über Pflasterstein-Straßen, der Weg zum Museum wie das "Kumu" oder zum Flughafen wird von Gästegruppen meist mit dem Bus zurückgelegt. Vom Hafen ins Stadtzentrum - eine zu kurze Strecke. Wo also sollen E-Scooter überhaupt fahren? Quer durch Kalamaja, oder rund um die Altstadt? Bisher ist es wohl nur der Reiz des Neuen.
So ist es vielleicht auch typisch,dass es E-Scooter in Tallinn nur als ergänzendes Angebot zum Autoverleih / Carsharing geben wird. Oder vielleicht werden wir auch Leihwagen-Fahrer/innen sehen, die am See Peipsi wieder aussteigen und dort dann ihren E-Scooter auspacken, als Anreiz für die ganze Familie? Allerdings wird in Estland die E-Scooternutzung auf Personen ab 18 Jahren beschränkt werden.
Mit etwa 15 Euro pro Tag liegt die Ausleihgebühr leicht über der für ein Fahrrad. Die Nutzer/innen sollen allerdings verpflichtet werden, die Scooter nur an festgelegten Orten wieder zurückzulassen, so der zweite Tallinner Anbieter "Bolt" (bisher "Taxify"). "Tallinn ist die Heimatstadt von Bolt", so wirbt das Unternehmen für seine Dienste. Grundlage ist immer die Nutzung per Smartphone und App. "Bolt" sei in Estland auch der große Konkurrent des Verkehrsdienstleisters "Uber", so berichtete bereits die "New York Times". Es ist vor allem eine schöne Story über Markus Villig, der mit 19 Jahren "Bolt" gründete, auf Saaremaa aufwuchs und die Skype-Gründer seine Vorbilder nennt. Wie die deutsche AHK weiß, wird diese Firma auch von der deutschen Daimler unterstützt.
Sind E-Scooter also nur scheinbar eine umweltfreundliche, weil abgasfreie Alternative im Verkehr? Auch bei massenhaftem Einsatz von E-Autos - sofern das so kommen wird - ist ja noch nicht bewiesen, dass so die Umwelt tatsächlich besser wegkommt. Erste Richtlinie scheint vor allem zu sein: "alles easy"! Easy nutzen, easy bezahlen. Vielleicht sollten wir also die E-Scooter vorerst als das nehmen, was sie sind: ein weiteres Spielzeug für die Spaßgesellschaft. Und natürlich eine Option für diejenigen, die sich in Estland sowieso an den digitalen Angeboten orientieren.
Oder, weitere Option: die Angebote werden genutzt, weil sie von anderswo her bereits bekannt sind. "Bolt" zum Beispiel ist auch in Helsinki, London, Paris, Riga und Vilnius aktiv, ja sogar in Melbourne und Moskau. Da dürfte doch der Ausflug nach Estland für den Kunden/ die Kundin eine der leichteren Übungen sein - und andere Firmen ziehen sicherlich nach.
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