E-Wahl-Rekord
Ein erstes interessantes Ergebnis war schon vor Schließung der Wahllokale bei den heutigen Kommunalwahlen in Estland bekannt: es gibt einen neuen "E-Rekord" - 27,6% der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme online ab; das war während einer zehntägigen Zeitspanne vor der Wahl möglich. Zusammengezählt wählten 306.508 Estinnen und Esten vorab, 186.034 davon digital.
Stabiles Zentrum, weniger Vaterland, viel unabhängig
Der locker Jogger: aus einem Wahlspot der "Zentrumspartei" |
Tartu und Tallinn konstant
Estlands größte Städte bleiben poltisch da, wo sie schon bisher waren: in Tallinn gewann die Zentrumspartei 40 der 79 Mandate und damit die absolute Mehrheit (44,4% der Stimmen); eine Besonderheit war dabei allerdings, dass Ex-Taekwondo-Sportler Mihhail Kõlvart mit 24.712 Personenstimmen weit mehr Zustimmng auf sich vereinen konnte als der eigentliche Bürgermeisterkandidat des Zentrums, Taavi Aas. Kõlvart trat im Stadtteil Lasnamäe an, dort wo Ex-Parteichef Savisaar immer gute Resultate eingefahren hatte. Savisaar selbst war nicht mehr als Spitzenkandidat nominiert worden, trat aber auf einer eigenen Liste an und gewann so ein Direktmandat im Stadtrat. Allerdings steht er noch wegen einer Korruptionsanklage vor Gericht - der Ausgang wird darüber entscheiden, ob er sein Mandat antreten darf.
Beobachter schließen aber nicht aus, dass wegen der knappen Mehrheit im Stadtrat Tallinn die Zentrumspartei dennoch einen Koalitionspartner einladen könnte.
In Tartu blieb die Reformpartei mit 37,4% an der Spitze der Beliebtheit - das reicht für 20 von 50 Stadtratssitzen. Bürgermeister bleibt also wahrscheinlich Urmas Klaas. Die Sozialdemokraten folgen mit 8, das Zentrum mit 7 Sitzen. Die EKRE bekommt noch 6, die IRL 3 Mandate. Die konservative IRL verlor auch hier am stärksten: ein Absturz von 21,08% auf 7,4%.
Estnische Kommentatoren weisen vor allem darauf hin, dass es die Zentrumspartei von Regierungschef Jüri Ratas geschafft hat, auch ohne Edgar Savisaar in Tallinn wieder die absolute Mehrheit zu holen. Die teilweise problematische Vergangenheit von Savisaar sei nun Geschichte und habe für die Zentrumspartei keine Bedeutung mehr, heißt es.
Außerdem sei es ein klares Zeichen, dass wiederum über 180.000 Wählerinnen und Wähler dem "E-Vote" vertrauten, trotz kürzlich offenbarten theoretisch möglichen Manipulationsmöglichkeiten. Estinnen und Esten vertrauen eben E-Estonia. Allerdings zeigte die vergleichsweise niedrige Wahlbeteiligung von 53,4% (2013 = 57,97%) nur lauwarme Begeisterung für die wichtigen politischen Fragen an.
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