Schlagworte wie "Talsinki" kursieren schon seit den 90er Jahren, angesichts der immer engeren Verbindungen zwischen der estnischen und der finnischen Hauptstadt. So war die finnische Tourismusindustrie damals auch sehr schnell mit der Werbung einer "neuen Route nach Finnland" - gemeint war die sogenannte "Via Baltica", also die Autoroute von Berlin über das nördliche Polen, Litauen, Riga, Tallinn bis nach Helsinki. Nur aufgrund der neuen Billigflugrouten laufen die Verkehrsströme heute anders, und eine Weile verschwand auch die Idee von einem Tunnel unter der Ostsee wieder.
Nun lebt sie offenbar wieder auf. Pressemeldungen (Construction-Index / ERR / YLE) zufolge soll nun eine Machbarkeitsstudie zum Bau einer Brücke oder eines Tunnels in Auftrag gegeben werden. TALSINKIFIX heißt das neue Zauberwort. Etwa 50km Entfernung zwischen den beiden Ufern müssen "überbrückt" oder "untertunnelt" werden. Ob der Zusatz "-fix" eher für Schnelligkeit oder für Problemlösung stehen soll bleibt vorerst offen - es freut sich sicherlich das beauftragte Institut (über die für die Studie veranschlagten 100.000 Euro Kosten). 85% dieser Kosten werden vom EU-Programm der Ostseestrategie (EUSBSR) getragen.
Bis Anfang 2015 soll die Studie fertig sein und auch die Einwirkungen auf die Wirtschaft erfassen, die nach Fertigstellung einer solchen neuen Verkehrsverbindung zu erwarten seien. Auch der Landkreis Harju und die Landgemeinde Viimsi haben angekündigt sich an der Erstellung der Studie beteiligen zu wollen. Das Projekt ist Teil der estnischen Zukunftsstrategie "Estonia 2030+." Die Gesamtkosten des Bauprojekts sollen sich dann auf rund 10 Milliarden Euro belaufen. Momentan ist die estnische Regierung in diesem Punkt etwas euphorischer als die Kolleginnen und Kolleginnen im finno-ugrischen Norden: Finnland hat über eine mögliche Beteiligung noch nicht entschieden.
Es gibt auch Spekulationen, dass dieses Projekt noch Teil des Bahnprojekts RAIL BALTICA werden soll - dort, wo gelegentlich estnische Politiker behaupten wesentlich bessere und sachlichere Entscheidungen treffen zu können wie die Kolleg/innen in Litauen. Würde der Talsink-Tunnel aber den Eisenbahnplanungen angehängt, hätte wohl jeder der drei baltischen Staaten dann nationale Sonderwünsche: Litauen möchte kurzfristig noch einen Umweg über Vilnius anbauen, Lettland möchte am liebsten auch Richtung Moskau gleichzeitig bauen. Und Estland? Wird es nun ein Wettlauf zwischen Tunnelbuddlern und Brückenbauern? Noch im vergangenen Jahr hatte der bisherige EU-Kommissar für Verkehr, der kürzlich als "Premier im fliegenden Wechsel" gescheiterte Siim Kallas, ein Tunnelprojekt noch für wirtschaftlich nicht lohnend erklärt. Fürsprecher hatte das Projekt bis dahin in den Reihen finnischer Unternehmer gefunden (ERR). In der schwedischen Presse ist zu den Plänen für eine neue Machbarkeitsstudie zu lesen, ein negatives Ergebnis der anstehenden Studie könnte auch das endgültige Aus für dieses Projekt bedeuten.
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