Mittwoch, Dezember 27, 2023

zu neuen Ufern

Bisher schweift der Blick von Tallinns Altstadt
ziemlich frei Richtung Ostsee: war da noch was?
Wie nahe die estnische Hauptstadt Tallinn am Wasser gelegen ist, erleben zum Beispiel die Kreuzfahrttouristen jedes Mal bei Einfahrt in den Hafen: eigentlich können auch schon vom Schiff aus gute Erinnerungsfotos gemacht werden. Nur wenig mehr als 10 Minuten Spaziergang, die Altstadt Tallinns in fußläufiger Reichweite. Aber: Tallinn kann mehr, so denken offenbar die örtlichen Stadtplaner, und veröffentlichten jetzt Ideen einer völligen Umgestaltung des Ostseeufers nahe des Stadtzentrums. 

Vor allem geht es um "das Meeresufer rund um die "Linnahall", also das, was heute schlicht "Stadthalle" genannt wird. Erbaut 1980 als "Wladimir-Iljitsch.-Lenin-Palast für Kultur und Sport", pünktlich zu den Olympischen Sommerspielen 1980 in Moskau (die Segelwettbewerbe fanden in Tallinn statt). Bis zur Einweihung der "Saku Suurhall" im November 2001 war die Linnahall die größte Mehrzweckhalle Estlands, entworfen von Riina Altmae und Raine Karp (architektuul)

Seit 2010 steht sie leer, die Türen sind geschlossen. Investoren wurden gesucht, ein Einblick ins Innere der leer stehenden "Linnahall" wurde vorübergehend als "einzigartiges Erlebnis für Architekturliebhaber" verkauft (visittallinn). Auch Christopher Nolans Film „Tenet“ wurde hier gedreht,

Vor einigen Wochen wurden nun die Pläne vorgestellt, wie dieser ganze Bereich in Zukunft aussehen könnte. Eine neu gestaltete Linnahall, daneben eine Bibliothek, Parks, Wasserspiele und Springbrunnen. Aber offenbar sind noch nicht alle wichtigen Entscheidungen getroffen worden. Zwar heißt es, die bisherige "Linnahall" solle "Konzertsaal und Konferenzzentrum" werden. Aber die Entscheidung über "Abriss oder Neukonstruierung" ist wohl noch nicht gefallen. (err)

 Die Zielsetzung bestehe in der "Nutzung neuer städtischer Räume, Grünflächen und öffentlicher Verkehrsmittel", so wird Tallinns Bürgermeister Mihhail Kõlvart zitiert. (err) Ein Radiobeitrag aus Österreich bezeichnete die "Linnahall" mal als "heißen Sowjet-Dinosaurier" und bilanzierte demzufolge: "Für Immobilieninvestoren ist der Bau potthässlich, gehört abgerissen, weil in Prime-Lage am Meer, und durch schicke Appartmentkondos ersetzt." (FM4/ORF) Aber die Autorin zitiert, wie so viele andere auch, Architekturhistoriker Andres Kurg. Er hat die Linnahall wohl am intensivsten untersucht, auch in Form von mehreren Veröffentlichungen. Kurg erzählt zum Beispiel, dass an der "Linnahall" auch Studierende und Rentner mitbauen mussten, weil sie sonst nicht rechtzeitig zu den Olympischen Spieln 1980 fertig gerworden wäre. Und er weiß auch, dass der heutige kathastrophale Zustand mitverursacht wurde durch schlechte Baumaterialien zu Sowjetzeiten. 

Die aktuellen Entwicklungspläne der Stadt Tallinn sehen 10 Jahre bis zur Realisierung vor. Ob das machbar ist? 330 Millionen Euro soll es kosten. Da ist zu vermuten, dass es nicht die letzte, und schon gar keine endgültige Aussage zu diesem Thema ist. 

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