Samstag, April 08, 2017

Süßes Estland

Der "Öö-Club Sugar" ist eine der heißesten Adressen der estnischen Hafenstadt Pärnu - ob demnächst ein Strategiewechsel anstehen wird? Die estnische Regierung jedenfalls plant mit einer neuen, mehrstufigen Steuer den Trend zu immer mehr Zucker umzudrehen. Falls das Gesetz wie geplant in Kraft tritt, sollen Getränke mit 5-8g Zucker pro Liter etwa 35% im Verkaufspreis teurer werden, bei über 8g Zuckergehalt sogar bis zu 50%. Allerdings soll die Umsetzung über zwei Jahren gestreckt werden; ab 2018 soll der Steuersatz bei Getränken über 10g Zucker pro Liter 36 Cent betragen, ab 2019sinkt diese Grenze auf 9g, um ab 2020 dann ab 8g Zuckergehalt schon zu gelten. Berechnungen des estnischen Finanzministeriums zufolge soll dies, falls auch Säfte mit Zuckerzusatz einbezogen werden, eine jährliche zusätzliche Steuereinnahme von bis zu 25 Millionen Euro ergeben (Baltic Course).

Natürlich denken viele angesichts solcher Pläne vor allem an die US-amerikanischen Großkonzerne mit ihrem stark zuckerhaltigen Getränkeangebot. Der estnische Gesundheitsminister Jevgeni Ossinovski (Sozialdemokrat, SDE) äußerte sich jedenfalls zuversichtlich, das neue Gesetz könne die Hersteller dazu bewegen, den Zuckergehalt in ihren "Softdrinks" zu senken (ERR). Alles was nur 5% Zucker und weniger enthalte, sei von der neuen Steuer nicht betroffen. Obwohl es auf den ersten Blick fragwürdig erscheine, Firmen wie Coca-Cola durch ein Gesetz im kleinen Estland zu irgend welchen Änderungen zu bewegen, dann zeige sich doch, so Ossinovski, dass auch bei diesen Konzernen der Zuckergehalt der Getränke von Land zu Land sehr unterschiedlich sei. Ähnliche Pläne wie Estland gibt es auch in den EU-Ländern Portugal, Irland, Spanien und Frankreich. Pressemeldungen zufolge gibt es tatsächlich bei einigen Herstellern Pläne zur Reduzierung des Zuckergehalts (FoodNavigator). Begründet wird das allerdings mit geänderter Verbrauchernachfrage.

Kritische Stimmen kommen u.a. von der estnischen Lebensmittelverarbeitenden Industrie (Eesti Toiduainetööstuse Liit - ETL). Der Verband weist darauf hin, dass innerhalb der Europäischen Union (EU) keine bestimmte Warengruppen "diskriminierenden" Gesetze zulässig seien - so sei auch schon eine finnische Steuer auf Süßwaren und Eis und ein dänische Besteuerung der Verwendung von gesättigten Fettsäuren inzwischen wieder aufgehoben worden. In Finnland wurde die Regelung allerdings wegen ungleicher Besteuerung von Warengruppen aufgehoben (Steuer auf Süßwaren, nicht aber auf Plätzchen). Das finnische Zuckerbesteuerungsgesetz von Softdrinks, bereits seit 1940 in Kraft, bleibt allerdings bestehen.
Auch EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis hatte sich kürzlich positiv über die Einführung einer Steuer auf Zucker geäußert.

1 Kommentar:

  1. Ganz schön schlau vom Herrn Ossinovski. Die ganzen Cola-saufenden NATO-Soldaten bezahlen also ihren eigenen Aufenthalt über die Zucker-Steuer.

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