Ab 2025 soll es in Estland eine neue Besteuerung von PKWs geben. Diese neue Steuerberechnung wird CO2 als Grundlage haben, kündigte Finanzminister Mart Võrklaev (Reformpartei) an (err). "Je mehr die Umwelt verschmutzt wird, desto höher wird die Rechnung ausfallen", stimmt ihm auch Toomas Uibo, Parteichef bei "Eesti200", zu. (err) Je mehr CO2 ein Auto emittiert, und je schwerer ist ist, desto höher soll in Zukunft die Steuer berechnet werden. "Der CO2-Ausstoß estnischer Autos ist mit am höchsten in ganz Europa", meint Võrklae, "daher müssen wir unsere Gesetzgebung entsprechend anpassen. Dies soll die Estinnen und Esten dazu bewegen, in Zukunft beim Autokauf nachhaltigere Entscheidungen zu treffen." Und eine weitere wesentliche Änderung sei es, wenn nur noch für die Erstzulassung eines Fahrzeuges in Estland eine Registrierungsgebühr fällig werde, bei einem Eigentümerwechsel innerhalb Estlands aber nicht. (fin.ee)
"Die neue Steuer wird vor allem ärmere Leute, Bewohner ländlicher Gebiete und kinderreiche Familien am härtesten treffen," kritisiert Jüri Ratas vom oppositionellen "Zentrum". Seiner Meinung nach sei überhaupt fraglich, ob angesichts von Erhöhungen bei Verbrauchssteuern und Mehrwertsteuer die Einführung einer weiteren Steuer angebracht sei. (err) "Die Leute sollen offenbar dazu bewegt werden, ihr eigenes Auto aufzugeben," meint Urmas Reinsalu, Chef der ebenfalls oppositionellen "Isamaa".Da scheint es logisch, dass auch vom estnischen Verband der Fahrzeughändler Kritik kommt. Leino Luik, Vertriebsleiter bei "United Motors" meint, gerade die geplante Registrierungsgebühr falle unerwartet hoch aus. Sein Kollege Janek Eskor ("Topauto") meint, wer es sich leisten könne, werde wohl im kommenden Jahr versuchen das Auto durch ein anderes Modell zu ersetzen. Dies könne zu einem Überangebot und Preisverfall bei Gebrauchtwagen führen. Aber andere Autobesitzer würden wohl versuchen, meint er, ihr altes Auto noch so lange wie irgend möglich (und bezahlbar) zu fahren. "Und das Ministerium sagt, die Leute sollten zum Kauf umweltfreundlicherer Fahrzeuge bewogen werden," fügt Leino Luik hinzu, "aber gemäß der Berechnungstabelle ist es günstig, Autos zu kaufen die fünf, sechs Jahre alt sind - also nicht so umweltfreundlich sein können wie neue Autos". (err)
Das estnische Fernsehen ETV machte Interviews unter Menschen, die auf dem Lande wohnen. Empfehlungen, lieber öffentliche Verkehrsmittel zu bevorzugen, wirken im ländlichen Estland einfach nur naiv - so hier die Erkenntnis (err). Und Arno Sillat vom Verband der estnischen Autoverkaufs- und Servicefirmen (AMTEL) meint: "Das Ministerium will Steuereinnahmen generieren - und da ist dann ein grünes Etikett lediglich nachträglich draufgeklebt." Statistisch werde die neue Steuer aber die Anzahl der Fahrzeuge in Estland schnell verringern - einerseits seien da geschätzte 50.000 Fahrzeuge, die zwar noch registiert seien, aber gar nicht mehr vorhanden (sogenannte "Phantomautos"). Und schließlich kämen noch geschätzte 100.000 Fahrzeuge dazu, die es zwar noch gäbe, die aber nicht mehr gefahren würden. Sillat kritisiert: tatsächlich würde ja selbst in Ländern wie Dänemark oder den Niederlanden, zwei ausgesprochene Fahrradländer, die Anzahl der Autos nicht nennenswert sinken. (err)
230 Millionen Euro an Einnahmen pro Jahr kalkuliert das Finanzministerium offenbar als Folge der neuen Steuer. Wie viel es für jede/n einzelne/n Autobesitzer/in kosten wird, dazu versucht sich das estnische Finanzministerium in Beispielrechnungen. Die estnischen Autofirmen ziehen nach, und so finden sich jetzt auf vielen Infoportalen eigene Berechnungen (avasta / err) und sogar speziell für eine Berechnung oder Vorabschätzung eingerichtete Webseiten und Apps (codelab / toehaal / mobire / lobusoit)
Was übrigens die Umfragen angeht: seit die oppositionelle "Isamaa" (Vaterlandspartei) das Thema für sich entdeckt hat, und nun fordert die neue Autosteuer komplett zu streichen, hat dies die Partei momentan auf Platz 2 in den Umfragen katapultiert und damit sogar die populistische EKRE-Partei überflügelt (err). Parteichef Urmas Reinsalu zitiert in seinen aktuellen Stellungsnahmen zur politischen Lage in Estland sogar den deutschen Bundeskanzler Scholz als (gutes) Beispiel (eestiuudised). Die neue Kfz-Steuer jedenfalls verschärfe die Lebensverhältnisse in Estland, beeinträchtige die Mobilität und verletzt das Eigentumsrecht, so die Oppositionspartei (eestiuudised).
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