Merkel im (digitalen) Wunderland ... |
Vorbei sind die Zeiten, als Estinnen und Esten froh waren, wenn ihnen nur kein Gazprom-Vertreter oder Putin-Verehrer als hoher Vertreter Deutschlands angeboten wurde (Schröder). Nun ist Estland offenbar schon so weit, tief in die Psyche der deutschen Bundeskanzlerin vorzudringen: gleich zwei Stellungsnahmen lassen sich in der estnischen Presse finden, die persönliche Hintergründe der Person Merkel aufdecken wollen (beide sind bei ERR nachzulesen).
Katrin Laur, estnisch-deutsche Regisseurin und Drehbuchautorin, emigrierte schon 1982 nach Deutschland, lebte in München und Berlin, hatte zeitweise eine Professur an der "Tallinn University, Baltic Film and Media School" und an der Kunsthochschule für Medien in Köln, arbeitet derzeit auch als freie Autorin. In einem Beitrag für "Eesti Päevaleht" schreibt Laur, Merkel sei immer noch beeinflußt von ihrer DDR-Persektive einer sozialistischen gegen eine westliche Gesellschaft. Diese "Westler" habe sie nie richtig verstanden, nie dort in die Schule gegangen, nie ihren Alltag geteilt - daher seien ihre Entscheidungen immer noch von Populismus und Opportunismus beeinflusst. Merkel könne nicht wirklich nachvollziehen wie es sei, wenn man einen Job verliert oder den Arbeitsplatz wechseln muss. Politische Ambitionen habe Merkel eigentlich nie gehabt - zumindest nicht bis zu dem Moment als sie die Chance bekam (durch Helmut Kohl), welche zu entwickeln. Seit 1990 habe sich Merkel mehr bemüht, den Wünschen der Deutschen zu entsprechen, als wirklich ein eigenes politisches Selbstverständnis zu entwickeln; vieles was sie initiiert und realisiert habe, passe mehr zur Politik der Grünen und der SPD als zu ihrer eigenen Partei CDU.
Angela Merkels Gesicht in der estnischen Presse: Überaltert, müde, orientierungslos? (Eesti Express) |
Ethische Prinzipien seien das, die bei Merkel eben stärker seien als Loyalität zu Parteien. Aus Ehrenhaftigkeit, aus Respekt vor anderen habe sie es abgelehnt, Panik und Aufgeregtheit das Wort zu reden. Eine Pastorentochter eben. Und die Entscheidung, die Grenzen nicht vor dem Flüchtlingselend zu verschließen sei eben eine christlich begründete Entscheidung gewesen.
Estland denkt über Deutschland's Spitzenpersonal nach, letztendlich auch über Europa. Was wiedermal zeigt, dass sich Estinnen und Esten, obwohl wortkarg, doch oft in Perspektiven anderer (oder andere Perspektiven) hineinzuversetzen vermögen. Ob Deutschland genauso intensiv über Estland nachdenkt?
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