Freitag, Februar 22, 2008

Und noch ein neuer Staat in Europa


Wer außerhalb Europas lebt, dem sind, nicht unwahrscheinlich, die vielen Länder auf den geografischen Karten im Schulunterricht ein Albtraum. Und dann verlangt der Lehrer auch noch die Hauptstädte zu nennen.
Jetzt ist das Kosovo an der Reihe. Und was viele schon vergessen oder nie richtig wahrgenommen haben, das Ende von Jugoslawien und der Sowjetunion hat hier einen frühen Vorläufer. Denn der Anfang vom Ende war genau das Gegenteil des Auseinderbrechens. Es war die Aufhebung des Autonomiestatuts des Kosovo 1989. Also ein Schritt zu mehr Zentralisierung. Es hat nichts geholfen. Nun ist das Gegenteil eingetreten. Egal ob man für oder gegen die Abspaltung ist. Ein Wort mag ich nicht mehr hören: Die Warnung vor dem "Präzedensfall".
Wie kann man nur die letzten zwanzig Jahre ignorieren. Der Präzedensfall ist fast der Regelfall geworden. Ich werde das Gefühl nicht los, dass nicht wenige in Westeuropa einfach ihre "Ruhe" haben wollen. Bitte keine neuen Ländernamen, keine neuen Hauptstädte.
Das amerikanische Magazin NEWSWEEK versuchte 1990 eine neue Europakarte für 2000 zu erstellen. Manches traf ein. Manches nicht. Tschechien und Slowakei sollten dann noch beisammen sein, sie waren es frühzeitig nicht mehr. Eine Aufspaltung der Ukraine in West und Ost hat es nicht gegeben. Und ein Großalbanien ist auch nicht entstanden.
Jetzt hat Estland als 13. Staat das Kosovo anerkannt, gefolgt von Italien und Dänemark.

Update: Ein Blog aus Belgrad beschreibt die letzten Tage, die Angriffe auf die Botschaften, die Kommentare sind zum Teil Augenzeugenberichte aus der Hauptstadt Serbiens. Es geht um Europa. Belgrad 2.0

2 Kommentare:

  1. Gerade laeuft in russischen Blogs Diskussion, wie es denn waere, wenn Nord-Osten Estlands sich auf der Grundlage von Kosovo unabhaengig erklaeren wuerde. Selbst der Politik-Clown Zhirinowski, der eigentlich (man soll's nicht glauben) als recht estland-freundlich gilt, hat sich schon dazu geaeussert. Wenn man ein bisschen zu spinnen anfaengt, stellt man fest, dass die Voraussetzungen recht aehnlich mit Kosovo sind. Nord-Osten ist recht homogen von der Bevoelkerungsstruktur her, hat viel Industrie und mit der Politik der Regierung unzufriedene Bevoelkerung. Sollte die Unzufriedenheit wachsen und Russland Interesse daran haben, Estland und der EU eins auszuwischen, waere eine Situation vergleichbar mit Transnistrien, Suedossetien und Abchasien denkbar.

    Ich verstehe ehrlich gesagt nicht ganz den Sinn von Staatenaufspaltung in Europa. Am ehesten sieht man das am Beispiel von Tschechien und Slowakien. Ein paar Jahre spaeter sind sie beide in der EU, haben Grenzen wieder offen, bald gemeinsame Waehrung, setzen die gleichen EU-Vorschriften um, was war eigentlich der Sinn der Aufspaltung? Dasselbe ist mit Ex-Jugoslawien. Frueher oder spaeter sind die Balkan-Laender in der EU.

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  2. Für Jugoslawien gibt es viele Gründe, warum es so gekommen ist. Ein wichtiger ist wohl die Ungleichzeitigkeit der Vorstellungen innerhalb Jugoslawiens über eine zukünftige Gestaltung des Landes. Es gab bereits unter Tito Verfassungsveränderungen. Und am Staatsaufbau wurde oft herumgebastelt. Irgendwann war kein Kompromiss mehr zu finden. Versuche Jugoslawien zu retten hat es gegeben. Aber der Konsens fehlte.

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