Montag, Oktober 21, 2013

Zentrum landesweit vorn

Den vorläufigen amtlichen Endergebnissen der Kommunalwahlen in Estland zufolge gibt es kaum einschneidende Veränderungen: wer bisher vorn war, bleibt vorn. Die estnische Zentrumspartei erreichte landesweit im Durchschnitt 31,9% (199.888 Stimmen) und entsprach damit ziemlich exakt den Vorhersagen.
Die konservative "ProPatria/Respublica" (Erakond Isamaa ja Res Publica Liit) erreichte mit landesweit 17,2% eine Steigerung (2009=13,9%) auch gegenüber den Prognosen, dagegen schnitt die Reformpartei von Regierungschef Andrus Ansip mit 13,75% (gegenüber 16,7%) diesmal deutlich schwächer ab.
Die Sozialdemokraten, die einige Vorhersagen bei 15-16% sahen, liegen mit 12% klar darunter, aber dennoch um 5% besser als bei den vorangegangenen Wahlen 2009.

Kann sich jetzt wieder intensivem Hundestreicheln
widmen: der unterlegene Bürgermeisterkandidat
Niils Eerik Kross
Keine Zweifel gab es in Estlands beiden großen Städten: in Tallinn gewann Bürgermeister Edgar Savisaar mit 52,5% klar, während in Tartu die beiden konservativen Parteien zusammen die stärksten Parteien sind. Voraussichtlich wird die Zentrumspartei im Stadtrat Tallinns über 46 von 79 Sitze verfügen können.

In der englischsprachigen Wochenzeitung "Baltic Times" war Kritik daran nachzulesen, dass die estnischen Parteien fast keine Mühe darauf verwandten, ihre Wahlprogramme den Wählerinnen und Wählern klar zu machen - vieles hing von den Werbekampagnen rund um die Spitzenkandidaten ab.

Der Anteil der Wähler, die ihre Stimme per Internet abgaben, ging verglichen mit den letzten Parlamentswahlen leicht zurück (133.661), stieg aber um 30% im Vergleich zu den Kommunalwahlen 2009. Die Zahl der Wähler, die vorab bereits ihre Stimme abgaben (E-Voting + Briefwahl) stieg auf einen Rekordwert von 42,3% aller abgegebenen Stimmen an.
Die Wahlbeteiligung lag diesmal nur bei 57,68% gegenüber 60,6% zuvor.

Estnisches Wahlamt

Samstag, Oktober 19, 2013

Aussenminister Urmas Paet in Seoul auf der International Conference on Cyberspace

Ich glaube, da haben sich Koreaner und Esten einiges zu sagen, wenn es um Sicherheit im Internet geht. Mal schauen, ob über die Konferenz berichtet wird.

Update. Hm, es ist wie immer. Steuerzahler geben am Ende das Geld für diese Konferenzen aus, die in den Anfangsansprachen auch ihre Wichtigkeit erhalten. Aber dann ist Sendepause. Keine Infos, keine Diskussionen oder Skripte im Internet. Das nervt sowas, und ist so von gestern. Ich habe reichlich gegoogelt und nur zwei englischsprachige Freaks gefunden, die in Seoul wohnen. Die haben dazu was Substantielles geleistet. Als Vorleistung zur Konferenz. Acht Videos, selbstgestrickt: Super Bassette Brothers Estland, Korea. Ich dachte wir sind im Internetzeitalter.

Samstag, Oktober 05, 2013

Wer geht noch zur Wahl?

Die nächsten Termine für Wahlberechtige in Estland kommen in schöner Regelmäßigkeit: 2014 die Europawahlen, 2015 die Parlamentswahlen, 2016 die Präsidentschaftswahlen. Was ist also 2013 noch abzuarbeiten? Richtig, die Kommunalwahlen, mit Bürgermeisterwahlen auch in der Hauptstadt Tallinn. Am 20.Oktober ist Wahltag in den Städten und Gemeinden, aber das Wahlamt verkündet überraschend: nur noch 5 Tage bis zur Wahl!

Das zielt auf die sogenannten "E-Wähler". Mit 60,6% war zwar die Wahlbeteiligung insgesamt durchaus nicht überragend, aber der Anteil derjenigen Wählerinnen und Wähler, die mit Hilfe ihrer ID-Karte und einem Lesegerät per Internet ihre Stimme abgaben, ist erheblich angewachsen. Als diese Möglichkeit bei den Kommunalwahlen 2005 erstmals angeboten wurde, nutzeten das lediglich 0,9% der Wahlberechtigten (= 1,9% derjenigen, die an der Wahl teilnahmen). Damals waren die Schlagzeilen von Estland als einem der ersten Staaten in Europa mit Stimmabgabemöglichkeit per Internet weitaus größer als der tatsächliche Teilnahmeeffekt. Seitdem ist aber viel Zeit vergangen: bei den Parlamentswahlen 2007 wurden schon 5,5% der Stimmen elektronisch gezählt, bei den Europawahlen 2009 waren es 14,7%, bei den Kommunalwahlen im selben Jahr 15,8%. Und bei den Parlamentswahlen 2011 nutzten dann schon 24,3% die virtuellen Möglichkeiten. Also: für mindestens 1/4 der Wahlberechtigten könnte also auch diesmal gelten: schon in 5 Tagen beginnt die Wahl!

Der Spruch "Geh zur Wahl!" trifft in Estland also nicht mehr so ganz das beabsichtigte Anliegen. Allerdings hat die Internet-Euphorie auch nicht zu einer erheblich höheren Wahlbeteiligung beigetragen: 60% wären schon zufriedenstellend, für estnische (Kommunalwahl-)Verhältnisse. Die fürs E-Voting vorgesehene Periode läuft vom 10. bis zum 16 Oktober.

Etwas weniger vorhersehbar sind da natürlich die Ergebnisse der Wahlen. In Tallinn kann laut Umfragen Amtsinhaber Savisaar auf die Stimmen von etwa 44% der Hauptstädter hoffen, seine Gegenkandidaten Eerik-Niiles Kross (Pro Patria and Res Publica Union IRL) kommen nur auf 15%, Andres Anvelt (Sozialdemokrat SDE) auf 9%, und Valdo Randpere (Reformpartei) auf 7%.
Auch eine Art "Wahlomat" wurde in Estland kürzlich gestartet und heißt hier "Parlamendikompass". Ausserhalb der Hauptstadt machen die Kommunalwahlen derzeit noch wenig Schlagzeilen. Mal sehen, ob das Wahlergebnis daran etwas ändern wird.

Statistik zum Internet-Voting in Estland  / Details zur Wahl per Internet / Estnisches Kommunalwahlgesetz (engl. Übersetzung)