Samstag, März 29, 2014

Also, ich weiß nicht.

Über 20 Jahre hatten wir jetzt die Minderheitendiskussion in/über Estland. Das schien nun in ruhigeren Wassern zu verlaufen. Seit der Krim-Krise sind wir wohl bei Punkt Null wieder angekommen. Wenn man den Internetkommentaren folgt. Siehe ARD: Baltische Staaten: Neuer Blick auf NATO-Mitgliedschaft

Freitag, März 28, 2014

Rochade in der politischen Spitze?

Die Unzufriedenheit der Wähler mit ihrem seit bald zehn Jahren regierenden Ministerpräsidenten Andrus Ansip von der Reformpartei war spätestens seit den Demonstrationen vor dem Parlament im Herbst 2012 bekannt. Ansip hielt durch. Doch seine Amtsmüdigkeit zeigte sich dann im Vorfeld der anstehenden Europawahlen. Jetzt kündigte er seinen Rücktritt an und schlug gleichzeitig Europakommissar Siim Kallas als seinen Nachfolger vor. Der frühere Ministerpräsident und Gründer der Reformpartei war nun zehn Jahre lang für Estland in der EU-Kommission und kann sich eine Rückkehr in die Heimat vorstellen. Darum schickte er kürzlich einen Brief an seine Parteifreunde mit dem Vorschlag, er sei bereit das Amt des Regierungschefs erneut zu übernehmen, um die estnische Präsidentschaft der EU im Jahre 2018 vorzubereiten. Andrus Ansip wiederum könnte nach Brüssel wechseln. Diese Idee wiederum stammt möglicherweise von Kallas, weil es hinter den Kulissen heißt, Ansip wolle sich nicht selbst vorschlagen. Ansip aber hatte Kallas schon früher als seinen Nachfolger vorgeschlagen, da Estland bis zur EU-Präsidentschaft einen erfahrenen Regierungschef brauche, ohne damals gleich einen Termin für seinen eigenen Rücktritt zu nennen. Hindernisse auf dem Weg zu einer solchen Rochade bestanden dennoch Dank Widerstände in der eigenen Partei und potenten Alternativen wie der an Jahren jüngere Außenminister Urmas Paet. Darüber hinaus befindet sich die Reformpartei derzeit in einer Koalition mit der Konservativen Vaterlandsunion, die gerne selber den Europakommissar stellen würde und bei einer eventuellen neuen Regierungsbildung unter einem anderen Regierungschef das Nachsehen haben könnte, wenn sich die Reformpartei einen anderen Partner sucht, der im Parlament umgekehrt für die Konservativen nicht in Sicht ist. Nachdem diese Idee einer Rochade publik geworden war – Ansip geht nach Brüssel und Kallas kommt im Gegenzug zurück – regten sich Proteste und Kallas verzichtete schließlich auf eine Kandidatur. Gleichzeitig mit der Frage der Spitzenkandidatur ergab sich die Frage der Koalitionsbildung. In einem Parlament mit nur vier Fraktion sind theoretisch mehrere Kombination denkbar, die auch politisch nicht abwegig sind in einem Land, in dem bald jede Partei mit jeder schon einmal gemeinsam regiert hat. Die liberale Reformpartei fand schließlich programmatische Übereinstimmungen mit den oppositionellen Sozialdemokraten, die ihrerseits in den 90er Jahren mit dem bisherigen Koalitionspartner, der Konservativen IRL koaliert hatte. Gegen manche Widerstände wurden Verhandlungen aufgenommen, bevor die Reformpartei schließlich den erst 1979 geborenen Sozialminister Taavi Rõivas als neuen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vorschlug. Estland bekommt so die erste liberalsoziale Koalition. Am 26. März wurde die neue Regierung vereidigt. Von der Reformpartei behalten ihre Ämter Finanzminister Jürgen Ligi und Außenminister Urmas Paet, während der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Sven Mikser, als Verteidigungsminister dieses Amt nicht zum ersten Mal führt. Doch der Regierung bleibt nicht viel Zeit zur Einarbeitung. Bereits im März des kommenden Jahres sind Parlamentswahlen. Diese mit dem fast zehn Jahre amtierenden Andrus Ansip zu gewinnen, galt nicht als sicher – ein wesentlicher Grund für seinen Rücktritt. Mit Blick auf die Koalitionsgeschichte Estlands seit 1992 werden mit großer Wahrscheinlichkeit die Karten dann wieder neu verteilt.

Freitag, März 21, 2014

Kleiderwechsel in Estland

Nach neun Jahren Amtszeit (2005-2014) kam der Rücktritt von Ministerpräsident Ansip am 4.März für die meisten überraschend. Allerdings hatte es anhaltende Kritik an der Regierungspolitik gegeben und Analysen, die ein Absinken des Wählerzuspruchs für die Reformpartei Ansip's vorausgesagt hatten. Also musste eine Gegenstrategie her, auch angesichts der Europawahlen im Mai. Doch kann es wirklich so einfach gehen? Mit Siim Kallas Re-Import eines bekannten estnischen Polit-Veteranen und gegenwärtigen EU-Kommissars für Verkehr, dafür Ansip nach Brüssel? Wenn das der Plan war, dann ist er wohl inzwischen nicht ganz aufgegangen.

Befürchtungen, Estland zeige sich ausgerechnet während der unsicheren Situation in der Ukraine "führerlos" versuchte auch Präsident Ilves zu besänftigen: die alte Regierung werde noch solange weiter im Amt bleiben bis der neue Regierungschef gefunden sei. Siim Kallas erklärte sich bereit, für den Parteivorsitz ebenso wie zur Regierungschefsache. 14 Tage hat der Präsident Estlands nach dem Rücktritt eines Regierungschefs Zeit, einen neuen Kandidaten zur Übernahme der Regierung zu finden.

Weiter sehr junge Gesichter in der estnischen
Politik: das hier ist nicht etwa die Rückgabe der
Klassenarbeit an den Lieblingsschüler - es handelt
sich um die Unterzeichnung des Koalitionsvertrags
Der Reformpartei bescheinigen gegenwärtig alle Umfragen sinkende Popularität, aber im Parlament hält sie immer noch die meisten Sitze (33 von 101). Der bisherige Koalitionspartner, die Vereinigung Respublica und Vaterlandspartei (estn. abgekürzt IRL - Isamaa ja Res Publica Liit) musste dann mit ansehen, wie sich Gespräche zwischen der Reformpartei und den Sozialdemokraten entwickelten -und Taavi Rõivas, mit 34 Jahren bisher Sozialminister im Kabinett Ansip, als Kandidat für den Chefposten in die erste Reihe stellten. Kandidat Kallas dagegen fühlte sich durch die Veröffentlichung von diskreditierenden Unterlagen, die aus früheren Zeiten stammen sollen, mit einer "Schmutzkampagne" überzogen. Aber nicht Außenminister Urmas Paet, der als einer der populärsten Figuren der Reformpartei gilt, wurde statt seiner aufs Kandidatenschild gehoben, sondern der zumindest international ziemlich unbekannte Sozialminister Rõivas.Nun grübeln einige politische Analysten über der Frage, ob diese Auswahl der Hast zugeschrieben werden muss, als die "Rochade" zwischen Ansip und Kallas zu scheitern drohte. "Jedenfalls wird Rõivas sich noch als Regierungschef beweisen müssen," ist in Zeitungskommentaren zu lesen.

Wie es bisher aussieht, werden die Sozialdemokraten im Kabinett der neuen Regierung Rõivas die Ressorts Verteidigung, Bildung und Wissenschaft, Landwirtschaft, Wirtschaft, Soziales und Justiz einnehmen können. 11 Monate Amtszeit bleibt der neuen Regierung bis zu den nächsten regulären Parlamentswahlen 2015.

Ansip hatte bei seinem Rücktritt drei Dinge genannt, auf die er besonders stolz sei: stabile Finanzen, erhöhte Sicherheit für Estland, und die Schritte auf dem Weg in eine digital organisierte Gesellschaft. Im Austausch für den Schritt der Reformpartei, auf die Sozialdemokraten zuzugehen scheinen diese nun eine Kandidatur Ansips als Estlands nächster EU-Kommissar mitzutragen.

Über Taavi Rõivas sind Kommentare zu lesen, er sei vielleicht der erste estnische Ministerpräsident, der dieses Amt quasi über Nacht zugeschoben bekam, vielleicht sogar ohne dass er es selbst ahnte. Er ist zwar nicht der jüngste Ministerpräsident den Estland je hatte (Mart Laar war noch jünger, als er dieses Amt übernahm), aber dennoch scheint es zumindest eine Art Generationswechsel zu sein (und natürlich der jüngste Regierungschef in der EU, wie "der Standard" zurecht bemerkt). Es wird interessant werden zu sehen, ob auch die estnischen Wählerinnen und Wähler es positiv sehen.

Dienstag, März 04, 2014

Ämtertausch?

Wer war Andrus Ansip ?

Estnische Rochaden, auch fürs deutsche Fernsehen verwirrend. Wer war noch dieser Herr?