Montag, Januar 28, 2008

Estnisches

Nicht mehr nur als Land des E-Voting und der verbreiteten Internetnutzung findet Estland in der deutschen Presse Erwähnung. Hier einige Beispiele der vergangenen Woche.

"Anna-Lena kommt von Estland nicht mehr los", schrieb das "Wiesbadener Tagblatt" am vergangenen Samstag. 11 Monate lang leistete eine 21-jährige Chemiestudentin aus dem Rheingau in einer estnischen Einrichtung für geistig Behinderte Freiwilligendienst, und die heimische Presse berichtet darüber. "Wie herzlich die Menschen zu mir waren, auch wenn ich mich nicht verständigen konnte, wie selbstverständlich ich in ihre Gemeinschaft aufgenommen wurde, das werde ich nie vergessen," so zitiert sie die Presse. Jedenfalls wurden in den vergangenen Monaten über Erfahrungen in Estland viele Berichte geschrieben - von den Printmedien bis zu persönlichen Blogs.

In Estland verdienen Frauen wenig - eine erstaunliche Feststellung? Mehrere Medien berichteten über entsprechende Studien und einen Bericht der EU-Kommission. Danach soll der Arbeitslohn in Estland für Frauen um 25% niedriger ausfallen als für Männer. Der EU-weite Schnitt liegt bei 15%, für Deutschland werden 22% ausgewiesen. Ebenfalls interessant: EU-weit sind 32,6% aller Managerstellen mit Frauen besetzt, in Deutschland sind es 27,4%. Hier liegen Estlands südliche Nachbarn Lettland und Litauen vorn: 40% weibliche Manager!

Allergieresistenz ist der Gegenstand von Forschungen schwedischer Wissenschaftler. Menschen in Estland haben sie, bei Menschen in Schweden steigen die Allergien jedoch immer weiter. Warum? Über entsprechenden Fragestellungen berichtet der "Technology Review" bei HEISE.DE. Vorläufige Hypothese: Allergien steigen bei einem weitgehend sterilen Lebensstil an. Um eines braucht man sich also offenbar in Estland keine Sorgen zu machen: um ein funktionierendes Immunsystem.

Was sonst noch? Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen. Estland hat eine Botschaft in der virtuellen Welt "Second Life" eröffnet. Das entspricht dann doch wieder dem Klischee - oder dem virtuellen Wunschbild, wo doch auch schon manches andere garstige Filmchen im Internet zu bewundern ist, wo Estland nicht so gut wegkommt. Das können die amtlichen estnischen Stellen nicht so stehen lassen. Und nicht nur das: der reale Botschafter Margus Laidre hielt in der virtuellen Botschaft eine reale Vorlesung. Und teilte sie danach per Presseerklärung der realen Jounalistenwelt mit - falls jemand im "zweiten Leben" keine Aktien drin hat. Thema des Vortrags: "Erinnerung an die Zukunft". An Erich von Däniken und seine landenden Marsmännchen dachte er dabei wohl nicht - aber vielleicht fühlen sich die Esten außerhalb Estland schon manchmal ein wenig zu (virtuell) abgedreht. Ein Satz aus Laidres Vortrag:
"For small countries it is crucial to be visible in the everchanging world." Nur virtuell nicht mit real sichtbar verwechseln, das könnte vielleicht helfen - so "everchangable" die Welt in diesem klimagewärmten Januar 2008 auch ist.

Infos:
Bericht zu berufstätigen Frauen bei AFP

Bericht zu berufstätigen Frauen bei FOCUS-online

Bericht Wiesbadener Tagblatt

Bericht über Allergieforschung in Schweden

Margus Laidres Vortrag bei "Second Life" (offizieller Text)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen